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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition)
Autoren: Hilary Mantel
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französischen Königs eintrat. Seit er gehen konnte, hatte er gekämpft. Und wenn du kämpfst, warum sollst du dann nicht dafür bezahlt werden? Aber es gab lohnendere Tätigkeiten als das Kriegshandwerk, und er fand sie. So beschloss er, nicht zu schnell zurück nach Hause zu kommen.
    Und wenn seine blaublütigen Gastgeber heute Rat wollen, was die Platzierung eines Springbrunnens betrifft oder dreier tanzender Grazien, sagt ihnen der König, Cromwell hier ist Ihr Mann. Cromwell hat gesehen, wie sie es in Italien machen, und was denen genügt, wird auch Wiltshire genügen. Manchmal verlässt der König einen Ort nur mit seinem reitenden Gefolge. Die Königin mit ihren Hofdamen und Musikern bleibt zurück, während Henry mit seinen liebsten Getreuen eine wilde Jagd über Land veranstaltet. Und so kommen sie nach Wolf Hall, wo der alte Sir John Seymour wartet, um sie in der Mitte seiner aufblühenden Familie zu begrüßen.
    »Ich weiß nicht, Cromwell«, sagt der alte Sir John. Er fasst ihn leutselig beim Arm. »All diese nach toten Frauen benannten Falken … machen die Sie nicht unglücklich?«
    »Ich bin nie unglücklich, Sir John. Die Welt ist zu gut zu mir.«
    »Sie sollten wieder heiraten und eine Familie gründen. Vielleicht finden Sie ja eine Braut, während Sie hier bei uns sind. Im Wald von Savernake gibt es viele frische junge Frauen.«
    Ich habe immer noch Gregory, sagt er und hält über die Schulter nach seinem Sohn Ausschau. Irgendwie sorgt er sich immer um Gregory. »Ah«, sagt Seymour, »Jungen sind gut, aber ein Mann braucht auch Töchter. Töchter sind ein Trost. Sehen Sie nur Jane an. Sie ist ein so gutes Mädchen.«
    Er wendet den Blick Jane Seymour zu, auf die ihr Vater deutet. Er kennt sie gut vom Hofe, war sie doch die Hofdame von Katherine, der früheren Königin, und auch von Anne, die heute Königin ist. Jane ist eine schlichte junge Frau von silbriger Blässe, gekleidet in Schweigen und mit der Fähigkeit versehen, Männer so zu betrachten, als bedeuteten sie eine unangenehme Überraschung. Sie trägt Perlen und weißen, mit steifen kleinen Nelkenzweigen bestickten Brokat. Er erkennt eine beträchtliche Ausgabe. Die Perlen beiseitegelassen, muss es an die dreißig Pfund gekostet haben, sie so auszustaffieren. Kein Wunder, dass sie sich mit leichter Sorge voranbewegt, wie ein Kind, dem gesagt wurde, dass es sich nicht bekleckern darf.
    Der König sagt: »Jane, sind Sie jetzt, da wir Sie zu Hause bei Ihrer Familie sehen, weniger schüchtern?« Er nimmt ihr Mausehändchen in seine mächtige Pranke. »Bei Hof haben wir nie ein Wort von ihr gehört.«
    Jane blickt zu ihm auf und wird vom Hals bis zum Haaransatz rot. »Haben Sie je so eine Röte gesehen?«, fragt Henry. »Höchstens bei einem kleinen Mädchen von zwölf.«
    »Ich kann nicht behaupten, zwölf zu sein«, sagt Jane.
    Beim Abendessen sitzt der König neben Lady Margery, seiner Gastgeberin. Zu ihrer Zeit war sie eine Schönheit, und die erlesene Aufmerksamkeit, die der König ihr zuteilwerden lässt, könnte glauben machen, dass sie es noch immer ist. Sie hat zehn Kinder bekommen, von denen sechs noch leben. Drei sind mit im Zimmer: Edward Seymour, der Erbe, hat einen schmalen Kopf, einen ernsten Ausdruck und ein klares, festes Profil. Er ist ein gut aussehender Mann, belesen, wenn nicht gelehrt, der sich klug jeder Aufgabe widmet, die er bekommt. Er war im Krieg, und während er darauf wartet, erneut in die Schlacht zu ziehen, tut er sich beim Jagen und auf dem Turnierplatz hervor. Der Kardinal hieß ihn zu seiner Zeit besser als den Rest der Seymours, und er selbst, Thomas Cromwell, sieht in ihm, nachdem er ihm auf den Zahn gefühlt hat, in jeder Hinsicht einen Mann für den König. Tom Seymour, Edwards jüngerer Bruder, ist laut und ungestüm und eher für die Weiblichkeit von Interesse. Wenn er hereinkommt, kichern die Jungfrauen, und die jungen Matronen senken die Köpfe und studieren ihn mit gesenkten Wimpern.
    Der alte Sir John ist ein Mann von berüchtigtem Familienverständnis. Vor zwei, drei Jahren zerriss sich alles bei Hofe das Maul darüber, dass er die Frau seines Sohnes besprungen hatte, nicht nur einmal in der Hitze der Leidenschaft, sondern wieder und wieder, seit sie Edwards Braut war. Die Königin und ihre Vertrauten haben die Geschichte verbreitet. »Wir sind auf hundertzwanzig Mal gekommen«, kicherte Anne. »Nun, Thomas Cromwell hat’s ausgerechnet, und er ist schnell mit Zahlen. Dabei gehen wir davon aus,
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