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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie
Autoren: Constantin Gillies
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es geht. Mit seinem Gehumpel holt er uns niemals ein. Dagegen spricht: Falls er wirklich in Deutschland einen Agenten auf Sabina angesetzt hat, braucht er nur sein Telefon rauszuholen und ihm das »Go« zu geben. Nicks Leben wäre zerstört. Bleibt nur Möglichkeit zwei: Ich schalte das Telefon ein, die guten Jungs von der Firma - falls es die noch gibt - orten uns und rufen die Bullen. Und die Cops greifen so schnell zu, dass John keine Zeit mehr bleibt, zu telefonieren. Klare Entscheidung, Option zwei: Wenn wir ein Notsignal absetzen wollen, dann ist der Moment gekommen; John braucht mindestens eine Minute bis zum Schlagbaum, für den Rückweg nochmal so lange. Ich ziehe mein Telefon halb aus der Tasche, sodass der Beifahrer es gerade sehen kann.
    »Alter?«
    Nicks Pupillen gleiten kurz drüber, er scheint überhaupt nicht überrascht zu sein. Klar, Mister Spock hat nicht nur auf die Papiere gestarrt, sondern wie immer im Interrupt alle Fluchtmöglichkeiten durchgespielt.
    »Okay.«
    Seine Stimme klingt weder resigniert noch euphorisch. Das »Okay« scheint für ihn eher eine Feststellung zu sein, eine logische Schlussfolgerung. Ich drücke auf den Power-Knopf, PIN rein, Eingabe. Noch ein paar Sekunden, und die Datacorp weiß wieder, wo wir sind. Höchste Zeit, den Beifahrer aufzuklären.
    »Ach ja, John hat vorne eine Glock im Handschuhfach; habe ich gesehen.«
    Nick sieht kein bisschen überrascht aus.
    »War doch klar.«
    Er schaut auf mein Telefon.
    »Isses an?«
    Ich nicke. Er lehnt sich zurück.

#50 T-1: 16:52
    Meine Augen brauchen ein paar Sekunden, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Ohne seine Füße zu heben, torkelt Nick auf die nächstgelegene Wand zu. Seine Schritte wirbeln Schwärme von Staubmäusen auf und lassen sie über den ölverschmierten Betonboden tanzen. Nachdem er die Wellblechwand erreicht hat, lehnt er sich dagegen und geht in die Hocke. Dann fischt er ein zerknülltes Stück Papier aus seiner Tasche und fängt an, es von einer Hand in die andere zu werfen, immer wieder. Dabei stiert er zur Ausgangstür, die vor zehn Sekunden ins Schloss gefallen ist. Unsere Dienstreise war leider doch nicht so schnell vorbei, wie wir dachten. Genau!
    »Gesprengte Ketten«, so hieß der Film, in dem Steve McQueen ständig aus einem Gefangenenlager ausbricht, wieder von den Nazis eingefangen wird und sich dann in seine Zelle setzt und einen Baseball gegen die Wand wirft, ganz seelenruhig, weil er weiß, dass es nur eine Frage der Zeit in, bis ihm endgültig die Flucht gelingt. Klar, der Beifahrer spielt gerade McQueen nach. Nur dass er nicht so verschmitzt zuversichtlich guckt. Die Übergabe des Satellitenprogramms bei der Bodenstation lief völlig geräuschlos ab, zumindest das, was wir aus dem Van heraus erkennen konnten. Ein echtes Zaun-Abenteuer, wie wir selbst es nicht unspektakulärer hingekriegt hätten. John humpelte mit den Ausdrucken einfach zum Wachhäuschen hin. Es gab einen kurzen Wortwechsel mit dem G.I., dann machte er kehrt und stapfte mit so einem verkrampft höflichen Lächeln im Gesicht zu uns zurück. Wahrscheinlich haben sie ihn für einen irren Penner gehalten oder so, mit dem ganzen Blut an seiner Stirn. Kaum war John wieder im Wagen, ging die Hektik weiter. Er prügelte den Lieferwagen zurück auf die Schnellstraße, pflaumte dabei nonstop irgendwen am Telefon an. Klar: Er musste auf die Tube drücken, denn hinter uns würde in dieser Sekunde eine Kettenreaktion losgehen: Der Wachmann würde die Papiere seinem Vorgesetzten in der Bodenstation übergeben. Der wiederum wüsste nicht weiter und würde beim NRO Hauptquartier anfragen, was es damit auf sich hat. Dort würde man aus allen Wolken fallen und sofort Großalarm geben schließlich geht es darum, eine verheerende Kollision in der Umlaufbahn abzuwenden. Die Wachleute von der Bodenstation würden ausschwärmen, um den Erpresser in dem Lieferwagen noch zu fassen. John musste also zusehen, da möglichst schnell wegzukommen. Ich folge Nicks Fußstapfen durch die Halle und sinke neben ihm auf den Boden, links natürlich, auf der Fahrerseite. Nachdem John ausreichend Meilen zwischen uns und die Bodenstation gebracht hatte, war die Sache leider noch nicht ausgestanden - aber was anderes haben wir auch nicht erwartet. Zwei Stunden lang jagte er den Van noch über die Highways. Wir hatten beide keine Kraft mehr, um zu verfolgen, wohin. Selbst der Beifahrer begnügte sich damit, mit glasigen Augen vor sich hinzubrüten. Angehalten
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