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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Autoren: Thor Heyerdahl
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tonnenschweres, überschwappendes Meerwasser in dem langen tiefen Graben zwischen den beiden Papyrusrollen als unnützer Ballast aufstaute, teils, weil das von oben eingesaugte Wasser nun in die obere Hälfte der Schilfrollen eindrang, die sich bis jetzt trocken und leicht gehalten hatten. Der ganze Papyrus saugte sich allmählich von oben und von unten voll. Wir sanken mit unheimlicher Geschwindigkeit, das war allen klar. Niemand schien wirklich Angst zu haben, alle waren verbissen darauf versessen, es zu schaffen. Jeder von uns kam mit einem Vorschlag, der zuerst durchdacht und später einstimmig verworfen wurde. Madani, der das Meer nicht auf der Ra I erlebt hatte, nahm mich zur Seite und fragte vorsichtig, ob es jetzt gefährlich wäre. Als er erfuhr, dies wäre vorläufig nicht der Fall, lachte er wieder über das ganze Gesicht. Kei schüttelte das Meerwasser aus seinem blanken schwarzen Haar und sagte mit breitem Lächeln, er hätte nicht gewußt, daß es solche Wellen gäbe.
    Durch den Treibanker war das Heck wenigstens schräg gegen die Wellenreihen gestellt. Wenn wir ihn einholten, würden wir erneut die Breitseite darbieten, und das Meer würde über unsere volle Breite hereinbrechen. Aber mit ausgeworfenem Treibanker lagen wir dafür auf der Stelle und kamen nicht vom Fleck. Wir lagen mitten im Atlantik fest und sanken, 1.900 Seemeilen vom Start und 1.300 Seemeilen vom Ziel entfernt.
    Zwei Tage lang konnten wir kämpfen, um uns selbst und die Ladung zu bergen. Aus mehreren Gründen erwies es sich als unmöglich, das Steuerruder zu laschen. Die Seen waren immer noch 6-7 Meter hoch, zwischendurch einzelne 10-Meter-Riesen. In der Hütte zerschnitt ich den Rücken eines Schreibblocks und machte ein Modell des losen Ruderblattes, der beiden gebrochenen Teile des Schaftes und der Brücke mit dem eingezeichneten Abstand zwischen den beiden Holzbäumen, die den schräggestellten Ruderschaft oben und unten auf dem Platz hielten. Das Modell zeigte, daß das Ende des Schaftes gerade bis zum Boden der Brücke reichte, wenn wir das längere obere Bruchstück des Schaftes an der oberen Hälfte des Blattes festbinden würden. So banden wir es fest, indem wir mit vereinten Anstrengungen ein System ausklügelten, bei dem die Ruderwache auf der entgegengesetzten Seite der Brücke stehen und das Steuerbordruder mit der rechten Hand drehen konnte, während sie den abgebrochenen Schaft auf Backbord mit Hilfe eines Taues um den Fuß in eine Richtung drehte und mit Hilfe einer langen Bambusstange in der linken Hand in die andere. Dies war fast Akrobatik, und das Manövrieren wurde noch schlimmer, weil die Ruderwache ständig auch an den Schoten des Segels ziehen mußte, die an der Brückenreling festgebunden waren. Denn jetzt lag das Schilfboot so tief, daß die gesamte Wirkung von zwei Steuerrudern nicht immer ausreichte. "Wenn das Boot den beiden Rudern nicht gehorchte, mußte man auch mit dem Segel zu steuern versuchen, damit uns Wind und Wellen nicht seitwärts drehten.
    Die Ra II lag unheimlich tief im Wasser, als wir am späten Abend des nächsten Tages soweit waren, das neue System erproben zu können. Alle waren sich darüber im klaren, daß uns ein hartes Stück Arbeit bevorstand, wenn wir die zweite Hälfte der Reise schaffen wollten. Als wir das angeschlagene Ruder befestigt hatten, ging es plötzlich etwas besser. Wir schafften es, das Heck gegen die Wellen zu drehen, holten den Treibanker ein und steuerten mit gerefftem Segel westwärts. Am nächsten Tag wagten wir es, das ganze Großsegel auszureffen, voll zu setzen. Das große Segel schien uns erneut höher aus dem Wasser zu heben, indem es uns mit einer Fahrt von fast drei Knoten, über 100 Kilometer in 24 Stunden, davonbrausen ließ. Aber jetzt lag nur noch das Deck über Wasser. Achtern spülten die Wellen weiterhin zur einen Seite herein und zur anderen hinaus, und vorn warfen sich die Sturzseen in regelmäßigen Abständen über uns, wenn wir uns wie früher um den Hühnertisch niederlassen wollten; deswegen mußten wir zusammenrücken und wie die Vögel auf einem Ast unten auf der Mastleiter essen.
    »Wir müssen die schlimmsten Brecher dämmen. Das Wasser braucht Zeit, um über Bord zu laufen, sonst sinken wir«, sagte Juri und machte sich daran, etwas Segeltuch aufzuhängen, das er von den Pardunen auf Steuerbord nach vorn zog und oben und unten mit einer dicken Leine festband.
    »Gib es auf, Juri.« Alle lachten. Die erste Welle würde das Tuch
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