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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel
Autoren: Mischa Martini
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leuchteten über die Brandstelle hinaus. In Richtung des Wassers war das niedrige Unkraut platt und angesengt.
    »Ich leite den Einsatz.« Der kleine Mann hielt kurz inne, als wolle er seine Worte auf sie wirken lassen. »Ich hab’ alles an die Leitstelle weitergegeben. Die schicken Taucher und so.«
    Sie verkniff es sich, sein ‚und so’ zu kommentieren. »Halter, Fahrer, Zeugen, sonstige Personen?«
    Er schüttelte den Kopf, wobei er kurz die Lippen zusammenpresste und dann den Mund wieder offen stehen ließ. Von der Seite fiel ihr sein starker Überbiss auf.
    »Was haben Sie damit vor?« Sie wies auf den hellen Sack, den einer der Feuerwehrleute herbeischleppte.
    »Stoffe binden.« Er hielt den Lichtstrahl auf eine nass glänzende Stelle neben dem dunklen Rechteck.
    »Ich weiß nicht, ob wir später die Brandstelle untersuchen lassen müssen.«
    »Wir müssen das Öl binden, bevor es ins Wasser gelangen kann.«
    »Das scheint mir keine Bedrohung für die Mosel darzustellen.«
    »Ein Tropfen genügt, um tausend Liter Trinkwasser zu verschmutzen«, schnarrte der Mann, als befände er sich in einer mündlichen Prüfung. Eine kleine Faust mit einem abgewinkelten Zeigefinger schnellte aus dem dunklen Jackenärmel in die Höhe.
    »Aha.« Sie wusste selbst nicht, ob diese Bemerkung das Vorhandensein einer Hand oder seine fachliche Ausführung kommentierte.
    Eine Autotür schlug zu. Ihr Kollege war ausgestiegen und kam nun gemächlichen Schrittes auf sie zu.
    »Der Wagen ist in …«
    »Hat man mir schon gesagt«, unterbrach er sie. »Können wir wieder los?«
    »Wir sollten mal gucken, ob hier noch jemand ist.«
    »Meinst du?«
    »Das Auto ist doch nicht von selbst hierher gekommen.«
    Der nah am Wasser entlang führende Pfad war aufgeweicht. Während ihr Kollege flussabwärts unterwegs war, tastete sich Caroline in der entgegengesetzten Richtung am Gebüsch entlang ins Dunkle. Über ihr brummte ein beschleunigender Lastwagen über die Moselbrücke in Richtung Luxemburg. Die glänzenden Äste der Büsche schienen im Licht ihrer Taschenlampe, als seien sie von einem winzigen Geflecht überzogen. Dazwischen hingen Fetzen, die ein Hochwasser zurückgelassen hatte. Caroline leuchtete vor sich auf den Weg und spürte einen Hauch im Nacken. Als sie stehen blieb und sich umschaute, war da nichts. Obwohl ihr kalt war, öffnete sie die Jacke und legte eine Hand auf das Pistolenhalfter, um es notfalls blitzschnell aufreißen zu können. Als ihr rechter Fuß an einer Erhebung hängen blieb, griff die freie Hand reflexartig ins Gebüsch. Den Schmerz spürte sie erst einige Sekunden später, als sich die hart von vorn wehende Windbö gelegt hatte. Im Licht der Lampe sah sie in der Innenfläche ihrer rechten Hand kleine Stacheln aus der braunen Schmiere aufragen. Der Pfad führte aus dem Gebüsch hinaus zum Wasser bis auf einen kleinen Damm, der auf der Insel endete. Caroline passierte ein Schild, das irgendetwas verbot. Von der Oberfläche des Wassers stiegen Dampfwölkchen, als wäre es kurz vor dem Sieden. Durch den Bewuchs der Insel blitzten Lichter des dahinter liegenden Hafens. Rauschen von Wasser war zu hören. Nach ein paar Schritten erreichte sie einen wenige Meter breiten Durchstich im Damm, durch den sich das Wasser hindurchdrängte. Sie bückte sich und zog die rechte Hand durchs Wasser. Im Lampenschein waren nur noch die Stacheln und winzige Blutrinnsale zu sehen. Die Lampe zwischen Kinn und Schulter geklemmt, pickte Caroline mit den Fingernägeln die Stacheln aus der Haut. Sie wischte die Hand an der Uniformhose ab und schaute noch einmal auf den Durchstich im Damm. Hier konnte niemand hinüberwaten. Dafür war die Strömung selbst in diesem ruhigeren Seitenarm des Flusses zu stark.
    Als sie an den Brandort unter der Brücke zurückkehrte, war der Tauchtrupp der Trierer Berufsfeuerwehr bereits dabei, ein Boot von einem Anhänger zu laden.
    »Und, gibt’s was?«, fragte sie ihren Kollegen, der rauchend neben dem Streifenwagen stand.
    »Derjenige, der den Wagen abgefackelt hat, ist wohl längst über alle Berge. Ich bin gespannt, was die da unten finden.« Er deutete auf die in Neoprenanzüge gekleideten Männer, die sich gegenseitig Geschirre anlegten, an denen Seile befestigt waren.
    »Wo sind die Feuerwehrleute?«
    »Wenn ich nicht da gewesen wäre, hätte einer von denen den Brandschutt weggekehrt«, berichtete er.
    »Ich fand den Vortrag des Wehrführers etwas schräg.«
    »Vielleicht wollte er, wenn schon keine
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