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Ewige Versuchung - 5

Ewige Versuchung - 5

Titel: Ewige Versuchung - 5
Autoren: Kathryn Smith
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nicht eindämmen. Temple schüttelte sich Staub und Putz aus dem Haar und vom Rücken, als er hörte, wie die erste Tür aufflog und sich eilige Schritte näherten.
    Er verschwendete keine Sekunde damit, die ruinierte Eleganz um sich herum zu betrachten, sondern sah nur, dass er in einer großen Diele stand, von der zu drei Seiten hohe schmale Fenster abgingen. Kurz entschlossen rannte er durch die Scheibe, die ihm am nächsten war, worauf Glassplitter wie scharfkantiger Eisregen in alle Richtungen prasselten. Zwar hätte er auch die Tür nehmen können – was die zivilisiertere Variante gewesen wäre, aber das Fenster wies von der Straße weg, wo es zu hell war, als dass sein Fluchtweg verborgen bliebe. Außerdem gefiel ihm der Gedanke, Villiers eine Menge Chaos zu hinterlassen.
    Die Nachtluft umfing ihn wie die warme Umarmung einer frisch gebadeten Frau. Die schiere Süße, so frisch und rein, bescherte ihm beinahe weiche Knie. Tausend wundervolle Düfte und Geräusche attackierten seine Sinne, wollten einander übertrumpfen und tauchten die Welt in ein silbrig-blaues Feuer.
    Temples Instinkt führte ihn hinter das Haus, wo der Blumen- und Grasduft am ausgeprägtesten war. Der Garten grenzte an ein kleines Waldstück. Dort war es dunkel genug, dass sie ihn nicht ohne weiteres aufspürten – vorausgesetzt, sie hatten keine Hunde. Und war er erst sicher zwischen den Bäumen, konnte er fliegen, doch dazu musste er erst einmal außer Schussweite sein.
    Während er rannte, verschwamm der Boden unter seinen Füßen. Wind peitschte ihm durchs Haar und brannte in seinen Augen, als er über eine Hecke setzte, die ihm bis zu den Hüften reichte. Die Freiheit war so nahe, dass er sie beinahe schmeckte. Im nächsten Augenblick bemerkte er einen roten Blitz, und seine Fersen gruben sich so plötzlich in die Erde, dass er fast der Länge nach hingeschlagen wäre.
    Vivian stand an einem Brunnen, der mit umhertollenden Steinnymphen verziert war. Sie war ebenso erschrocken, ihn zu sehen, wie umgekehrt. Außerdem wirkte sie verängstigt, was sie jedoch nicht davon abhielt, nach der Pistole an ihrer Hüfte zu greifen.
    Warum hatte sie in seiner Zelle nicht nach der Waffe gegriffen?
    Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er ihr die Hände auf den Rücken gezogen und beugte ihren Oberkörper, so dass ihr Busen an ihn gepresst war. Ihre Brüste waren weich, und das rasche Pochen ihres Herzens hallte Temple durch den Kopf.
    Seine Amazone rührte sich nicht, wehrte sich nicht. Dennoch glaubte Temple keine Sekunde, dass sie keine Bedrohung darstellte.
    Eine Bedrohung indessen, die er zugegebenermaßen ungern zurückließ.
    »Falls du mich töten willst«, hauchte sie, »tu es einfach!«
    »Dich töten?«, wiederholte er verwundert. »Es wäre ein Affront gegen die Kunstfertigkeit von Mutter Natur, ein Geschöpf wie dich zu zerstören.«
    Vivian blinzelte. Sie öffnete den Mund, gerade weit genug, dass er einen Blick auf ihre blinkenden, scharfen weißen Zähne erhaschen konnte. Dann kräuselte sie die Stirn, als begriffe sie nicht recht, was er meinte. Er nahm es ihr nicht übel, denn gänzlich verstand er es auch nicht.
    »Ich tue dir nicht weh«, versicherte er und fügte hinzu: »Ausgenommen, du zwingst mich dazu.«
    Ihre Stirn blieb gekräuselt, aber ihr Blick wanderte von seinem Mund über seinen Hals hin zu dem Teil seiner Brust, den das ruinierte Hemd entblößte. Ihr Herz wummerte fester gegen ihre Rippen, und sie erschauderte kaum merklich.
    Gott, wie phantastisch sie duftete! Rein und süß. Er wollte sie wieder kosten. Der Duft ihrer Haut, ihres Blutes, lockte ihn und rief Erinnerungen an das Haus seiner Großmutter wach, wo es nach frischem, gebuttertem, Brot gerochen hatte, an Herbstabende und rauhreifbedecktes Heu. Vivian sprach einen Teil von ihm an, der sich nach einem Heim und kindlicher unbeschwerter Einfachheit sehnte.
    Dafür hätte er sie umbringen können: dass sie ihm etwas versprach, das er nie haben konnte.
    Als sie ihn jedoch ansah, die Augen weit aufgerissen, die Wangen gerötet, der Puls an ihrem Hals flatternd, entschied Temple, dass er sie stattdessen lieber küsste. Offensichtlich war sie von ihm genauso fasziniert wie er von ihr.
    Hinter ihnen war das ganze Haus in Aufruhr, und bald wäre auch dieses winzige Stück Paradies von Wachen überrannt, doch für diesen einen Moment gab es nur sie beide unter dem Mond, umgeben von warmer, sanfter Dunkelheit.
    »Ich möchte dich wieder schmecken, meine
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