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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Autoren: Anna Carey
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hatte, dass die Wände um mich herum immer näher kamen. »Wie lange dauert es, bis das Gift Wirkung zeigt?«
    Moss warf einen Blick auf die verschlossene Tür. Der Salon war still. Sonnenlicht strömte durchs Fenster und ließ die winzigen Staubpartikel in der Luft erstrahlen. »Mindestens sechsunddreißig Stunden, höchstens zweiundsiebzig. Das hängt davon ab, wie viele Kapseln er einnimmt und wie viel von dem Extrakt du vorher darin unterbringen konntest. Es wird mit Übelkeit und Erbrechen beginnen, außerdem Bauchschmerzen. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden folgen Dehydrierung, Halluzinationen, Krampfanfälle –« Er hielt inne und sah mir prüfend ins Gesicht. »Was ist? Du siehst nicht gut aus.«
    Ich stand auf und wich vom Tisch zurück. Der Boden unter meinen Füßen fühlte sich an, als würde er gleich nachgeben. Selbst der langsamste, tiefste Atemzug konnte meinen aufgewühlten Magen nicht beruhigen. Eine seltsame, alles verschlingende Übelkeit saß irgendwo hinter meinen Augen und meiner Nase und sandte ein flaues Gefühl durch meinen ganzen Körper. »Irgendwas stimmt nicht«, brachte ich hervor.
    Moss erhob sich. Seine Augen suchten den Raum ab, die zur Hälfte leer gegessenen Teller, den Tee, das Wasserglas. »Was fühlst du?« Er ging zu dem Silbertablett, das Alina beladen hatte, und untersuchte das Essen, wobei er das Scone in seinen Händen drehte und wendete. »Hast du das gegessen? Wer hat es dir gebracht?«
    Ich konnte nicht antworten. Meine Haut war heiß und feucht. Die Lüftung blies kochend heiße Luft auf mich herunter. Ich zog das Tuch von meinen Schultern, aber es half nichts; ich konnte dem flauen, schwindelerregenden Gefühl nicht entkommen. Ich rannte zur Tür und fummelte an der Klinke herum, bis sie nachgab. Ich kam keine zwei Schritte weit, bevor ich mich zusammenkrümmte. Die bittere Galle schoss aus meinem Mund und bedeckte den Boden mit wässrigen braunen Sprenkeln. Mein Magen verkrampfte sich erneut.
    »Eve?« Claras Stimme drang von irgendwo im Flur an mein Ohr. Dann rannte sie auf mich zu. »Hilfe! Wir brauchen einen Arzt!«

VIER
    Als ich erwachte, saß Clara auf der Liege in der Ecke, die Stadtzeitung auf dem Schoß. Sie schlief an die Kissen gelehnt, die Charles immer benutzte, und ihr Kopf war zur Seite gerollt. Ich sah auf meinen Arm hinunter. In meiner Ellenbeuge klebte ein Wattebausch, in dessen Mitte ein kleiner roter Punkt erblühte. Es konnten nicht mehr als ein, zwei Stunden verstrichen sein, seit der Arzt mir Blut abgenommen, meinen Puls gemessen und meinen Hals und meine Augen mit dem gleichen konischen Licht untersucht hatte, das sie in der Schule gehabt hatten. Ich hatte ihm nachdrücklich versichert, dass es mir gut ginge, und das stimmte auch. Die Übelkeit war vergangen. Ich konnte meine Hände wieder spüren. Die einzig verbliebenen Symptome waren die Magenkrämpfe und der leicht bittere Geschmack in meinem Mund.
    Ich hörte, wie draußen jemand einen Servierwagen durch den Flur schob, dessen Räder unter dem Gewicht quietschten. Ich stand auf. Meine Beine fühlten sich schwächer an, als ich erwartet hatte, als ich zu den hölzernen Bücherregalen hinüberging. Alle drei Bücher standen sicher im untersten Fach, genau da, wo Moss sie Stunden zuvor verstaut hatte. Sollte das, was er vermutete, wahr sein, sollte tatsächlich jemand versucht haben, mich zu vergiften, würde ich sie schneller benötigen als gedacht.
    »Du bist aufgestanden …« Clara rieb sich die Augen, dann fiel ihr Blick auf meine Hand, deren Finger immer noch auf einem der Buchrücken lagen. »Was siehst du dir an?«
    »Nichts«, antwortete ich, während ich mich auf dem Polster neben ihr niederließ. »Ich hab versucht, mich abzulenken.«
    Clara legte eine Hand auf meinen Rücken. »So hab ich dich noch nie gesehen«, sagte sie. »Du hast mir wirklich Angst eingejagt.«
    »Mir geht es schon besser«, beschwichtigte ich. »Das Schlimmste ist überstanden.«
    Sie fuhr mit dem Finger über den Rand des Kissens, der schmalen weißen Bordüre folgend. »Da bin ich froh. Sie konnten Charles nicht erreichen.«
    »Das überrascht mich nicht«, erwiderte ich. »Er ist auf einer Baustelle in den Außenbezirken. Er kommt nicht vor Sonnenuntergang zurück.«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. Schlagartig hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen dem, was ich gesagt hatte – der dezente Hinweis, dass ich seinen Zeitplan besser kannte als sie. Clara und Charles waren die einzigen beiden
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