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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün
Autoren: Ward Moore
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von mir zu erwarten, ich würde dies hier mähen, als wäre es gewöhnliches Gras. Sie wissen selbst, daß es nicht fair ist.“
    „Ich gebe Ihnen zehn Dollar, und das ist mein letztes Wort.“
    „Hören Sie, Gnädigste, wenn ich mit diesem Auftrag fertig bin, werde ich meinen Mäher auseinandernehmen und schärfen lassen müssen. Glauben Sie, das kann ich mir bei einem Zehn-Dollar-Auftrag leisten?“
    „Zehn Dollar“, wiederholte Mrs. Dinkman fest.
    Der Gärtner wandte sich an das Publikum. „Hört mal, Leute: jetzt frage ich euch – ist das fair? Ich will ja anständig sein. Mir ist klar, die Dame hier hat Ärger, und ich bin bereit, ihr zu helfen, aber ich kann doch einen Fünfundzwanzig-Dollar-Auftrag nicht für einen Zehner erledigen, oder?“
    Ich bezweifle, daß die Zuschauer ein sonderliches Interesse an Gerechtigkeit hatten; sie wollten etwas sehen, schnell und durchgreifend. Ihre gemurmelten Bemerkungen belegten ihre Verärgerung darüber, daß sie um ihr Vergnügen gebracht werden sollten: „Na los, mach schon!“ „Was ist los mit dir?“ „Sei nicht blöd, mach es gratis, das bringt dir ’ne Menge Aufträge ein.“ Sie appellierten an den edleren Teil seines Charakters, aber er blieb unnachgiebig.
    Um sich durch seine Knausrigkeit nicht um ihren Spaß bringen zu lassen, reichten sie einen Hut herum und sammelten 8,67 Dollar, was ich für ein bemerkenswert großzügiges Eintrittsgeld hielt. Als diese Summe zu Mrs. Dinkmans zehn Dollar hinzugefügt wurde, willigte der Gärtner, noch immer protestierend, widerstrebend in die Vorführung ein.
    Während Mrs. Dinkman die Gesamtsumme argwöhnisch behielt, lud er den Motormäher umständlich ab und machte ein regelrechtes Ritual daraus, die Rolle zu ölen und zu justieren und die Blätter zu richten; er bückte sich, um das Benzin in dem kleinen Tank zu kontrollieren und rollte das Monstrum schließlich mit Schwung in Position. Der Motor startete mit einem mürrischen Putt und wechselte zu einer Serie ergebener Explosionen, als er den Mäher quer zu der Bahn seines Vorgängers über den Rasen führte. Miss Francis folgte jeder Bewegung mit verzückter Hingabe.
    „Haben Sie das erwartet?“ fragte ich.
    „Hä? Sie meinen das außergewöhnlich angeregte Wachstum?“
    „Ja.“
    „Ja und nein. Im Labor gab es keinen Hinweis darauf. Ich habe mir nicht klargemacht, daß die Freisetzung von soviel Stickstoff ein so schnelles Ergebnis zeigte. Aber gestern abend …“
    „Ja?“
    „Jetzt nicht. Später.“
    Der Motormäher fuhr glatt, fast möchte ich sagen sanft über den bereits gemähten Teil und schnurrte glücklich vor sich hin, als er den unentrinnbar eingeschirrten keuchenden Gärtner in seinem Kielwasser hinter sich her zog. Aber der abgemähte Teil war klein, die Maschine ruckte schnell hindurch und fuhr ihre letzte leichte Tour an der Mauer des unberührten Teufelsgrases entlang.
    Ohne Zögern lenkte der Gärtner seine Maschine auf das Grasdickicht. Sie heulte auf, wurde langsamer, hustete, spuckte, quälte sich vorwärts und kam schließlich bockend zum Stillstand.
    „Aha“, sagte Miss Francis.
    „Oh“’, sagten die Zuschauer.
    „Miststück!“ sagte der Gärtner.
    Wütend zerrte er den murrenden Mäher zurück, beäugte seinen Mechanismus wie eine Mutter ihren widerspenstigen Sohn und fing wieder an. In seinen Schultern stand verzweifelte Entschlossenheit geschrieben, als er seinen Vorwärtsschub dem protestierenden Rhythmus der Maschine hinzufügte. Die Maschine ging das Gras an wie eine Bulldogge, die einen Barsoi attackiert: Sie biß, mahlte, verbiß sich. Bereitwillig schnitt sie weitere zwanzig Zentimeter – und gab dann rüttelnd und mit Fehlzündungen unter den Verwünschungen des Gärtners auf.
    „Sie wissen nicht“, urteilte Mrs. Dinkman, „wie man Gras mäht.“
    Der Gärtner wischte seine verschwitzte Stirn mit der Innenseite seines Handgelenks ab. „Man … man sollte ein Gesetz gegen Sie erlassen“, antwortete er erbittert und völlig unangebracht.
    Aber die Menge stimmte offensichtlich mit Mrs. Dinkmans Urteilsspruch überein, denn aus ihr kamen Bemerkungen wie „Da muß ein Bauer ran.“ „Holt jemanden mit ’ner Sense!“ „Genau – holt ’ne Sense!“ „Man braucht ’ne Sense, um so ein Gewächs zu schneiden.“ Diese Anmerkungen, die laut genug waren, um zu seinen Ohren zu dringen, entmutigten den Gärtner so sehr, daß er nach drei weiteren vergeblichen Versuchen seine Ausrüstung wieder auflud und, ohne
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