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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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der Ermüdung und dem Schrecken ihrer stürmischen Seefahrt erholt hatte, ließ er sie mit ihrem ganzen Gefolge in stattlichem Geleite an den Hof zu Don Roderich ziehen.
    Die schöne Elyata [Fußnote: Von Manchen wird sie auch Zara genannt. – Der Verf. ] betrat Toledo eher wie eine siegreiche Herrscherin, denn wie eine Gefangene. Eine ausgesuchte Schaar christlicher Ritter, in glänzendem Waffenschmuck, kam ihr entgegen und schien zu ihrer Ehrenwache bestimmt zu sein. Sie war von den maurischen Fräulein ihres Gefolges umgeben und von ihren eignen moslemitischen Wachen gefolgt, und alle hatten sich in die Pracht gekleidet, durch welche ihre Ankunft an dem Hofe von Tunis hatte verherrlicht werden sollen. Die Prinzessin war in bräutliche Gewänder gekleidet, welche aus den kostbarsten Geweben des Morgenlandes bestanden; ihr Diadem glänzte von Diamanten und war mit den seltensten Federn des Paradiesvogels geziert; und selbst die seidenen Decken ihres Zelters, welche bis auf die Erde niederhingen, waren mit Perlen und kostbaren Steinen bedeckt. Als dieser glänzende Reiterzug über die Brücke des Tajo kam, strömte ganz Toledo heraus, ihn zu schauen, und in der ganzen Stadt hörte man nichts, als das Lob der wunderbaren Schönheit der Prinzessin von Algier. Von der Ritterschaft seines Hofes begleitet, kam König Roderich zum Empfange der edeln Gefangenen heraus. Sein neueres üppiges Leben hatte ihn für zärtliche und verliebte Regungen empfänglich gemacht, und bei dem ersten Anblick der schönen Elyata war er von ihren Reizen hingerissen. Da er ihr Antlitz von Kummer und Besorgniß umhüllt sah, tröstete und beruhigte er sie durch freundliche und artige Worte, führte sie in einen königlichen Palast und sagte: »Sieh’ hier deine Wohnung, wo Niemand dich belästigen soll; denke, du sei’st daheim in dem Hause deines Vaters, und schalte über Alles und Jedes nach deinem Willen.«
    Hier brachte die Prinzessin mit dem weiblichen Gefolge, welches sie von Algier mitgebracht hatte, ihre Zeit hin, und Niemanden war es gestattet, sie zu besuchen, den König ausgenommen, der sich täglich mehr und mehr in seine holde Gefangene verliebte und durch zärtliche Aufmerksamkeit ihre Neigung zu gewinnen suchte. Diese freundliche Behandlung verscheuchte allmählich den Schmerz der Prinzessin über ihre Gefangenschaft. Sie war in einem Alter, wo der Kummer keine lange Herrschaft über das Herz haben kann. Von ihren jungen Gespielinnen begleitet, durchstreifte sie die geräumigen Hallen des Palastes und spielte in den Lustwäldchen und Alleen seiner Gärten. Tag um Tag wurde ihr die Erinnerung an die väterliche Heimath weniger schmerzlich, und der König gewann Tag um Tag mehr an Liebenswürdigkeit in ihren Augen; und als er ihr endlich anbot, Herz und Thron mit ihr zu theilen, hörte sie mit gesenkten Blicken und glühendem Erröthen, aber mit der Miene der Ergebung in ihr Schicksal, auf seine Worte.
    Ein Hinderniß stand noch der gänzlichen Erfüllung der Wünsche des Monarchen entgegen, und dieses war der Glaube der Prinzessin. Roderich bestimmte ungesäumt den Erzbischof von Toledo, die schöne Elyata in die Geheimnisse der christlichen Lehre einzuführen. Der weibliche Verstand faßt ungemein schnell das Verdienstliche neuer Lehren; es gelang daher dem Erzbischof in kurzer Zeit, nicht nur die Prinzessin, sondern auch die Mehrzahl ihres Geleites zu bekehren, und der Tag wurde festgesetzt, an welchem sie öffentlich getauft werden sollten. Die Ceremonie wurde in Gegenwart des ganzen Adels und der ganzen Ritterschaft des Hofes mit großer Pracht und Feierlichkeit begangen. Die Prinzessin und ihre Fräulein gingen, weiß gekleidet, zu Fuß in die Hauptkirche, während eine Menge schöner Kinder, als Engel gekleidet, ihren Pfad mit Blumen bestreuten. Der Erzbischof empfing sie an dem großen Thor des Domes und nahm sie, wie man zu sagen pflegt, in den Schoos der Kirche auf. Die Prinzessin gab ihren maurischen Namen Elyata auf und erhielt in der Taufe den Namen Exilona, bei welchem sie hinfort genannt wurde und auch in der Geschichte allgemein bekannt ist.
    Die Vermählung Roderich’s und der schönen Bekehrten fand kurz darauf statt und wurde mit großer Pracht gefeiert. Kampfspiele und Turniere und Bankette und andere Belustigungen wurden veranstaltet und währten zwanzig Tage; die ersten Edeln aus allen Theilen Spaniens hatten sich dazu eingefunden. Als diese Feste vorüber waren, wurden die aus dem Gefolge der jungen
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