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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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vorübergehenden Reichthums, welcher durch den Ruin des Landes erworben wurde und die Provinzen verarmte, ergab sich ein regelmäßiges, dauerndes Einkommen, das durch das wiederbelebte Gedeihen des Volkes erzeugt und ohne Gewalt eingezogen wurde. Abdalasis ließ die Abgaben durch öffentliche Beamten, welche zu diesem Zwecke in allen Provinzen angestellt wurden, redlich einsammeln und in dem Schatze niederlegen; und das Ganze wurde durch zehn Abgeordnete nach Damaskus geschickt, um dem Kalifen überbracht zu werden – nicht als die Beute aus einem besiegten Lande, sondern als die friedlichen Trophäen einer weise geleiteten Verwaltung.
    Die gemeine Schaar kriegerischer Abenteurer, die blosen Leute vom Säbel, welche sich des Raubs und der Plünderung wegen in Haufen nach Spanien gedrängt hatten, waren sehr unzufrieden, als sie sich auf diese Weise in ihrem Thun gehemmt sahen und sich überzeugten, die Herrschaft des Schreckens und der Gewalt nahe ihrem Ende.
    »Was ist dies für ein Häuptling,« sagten sie, »der uns verbietet, bei den Feinden des Islam Beute zu sammeln und uns des Landes zu erfreuen, welches wir den Ungläubigen entrissen haben?«
    Auch die Anhänger Julian’s ließen es nicht an Verläumdungen und Einflüsterungen fehlen.
    »Seht,« sprachen sie, »mit welcher Güte er die Feinde eures Glaubens behandelt! Alle die Christen, welche die Waffen gegen euch getragen und sich eurem Eintritte in das Land widersetzt haben, werden begünstigt und geschützt; es reicht aber hin, daß ein Christ sich der Sache des Islam geneigt zeigte, um ihn von Abdalasis zur Verfolgung ausgewählt und mit Hohn aus seinen Augen verbannt zu sehen.«
    Diese Einflüsterungen steigerten das Mißvergnügen jener ungestümen und räuberischen Moslemen; aber alle Freunde des Friedens und der Ordnung und guten Verwaltung zollten der Mäßigung des jungen Emirs ihren Beifall.
    Sechszehntes Kapitel.
    Abdalasis’ und Exilona’s Liebe.
    Abdalasis hatte zum Sitze der Regierung Sevilla gewählt, da die Lage dieser Stadt einen leichten und häufigen Verkehr mit den Küsten von Afrika sicherte. Sein Palast war von edler Bauart und mit reizenden Gärten geschmückt, welche sich bis zu den Ufern des Guadalquivir ausdehnten. In einem Theile dieses Palastes wohnten viele der schönsten christlichen Fräulein und Frauen, welche als Gefangene oder vielmehr als Geiseln zurückbehalten wurden, um die Ruhe des Landes zu sichern. Die, welche edeln Standes waren, lebten in Ueppigkeit und Pracht; man gab ihnen Sklavinnen, welche sie bedienen mußten, und sie kleideten sich in die reichsten Gewänder und schmückten sich mit den kostbarsten Kleinodien. Die von zartem Alter wurden in Allem, was ihr Stand forderte, unterrichtet, und selbst, wenn Arbeiten gefordert wurden, waren es Arbeiten der zierlichsten und angenehmsten Art.
    Sie stickten, sangen, tanzten und verbrachten ihre Zeit in heiterer Ergötzlichkeit. Viele wurden durch diese leichte und üppige Lebensweise eingelullt; die Schreckens-Scenen, welche sie überstanden hatten, erloschen nach und nach in ihrem Gedächtnisse, und der Wunsch erwachte oft in ihnen, die Augen ihrer Besieger auf sich zu ziehen.
    Nach Abdalasis’ Rückkehr aus seinem Feldzug in Lusitania und während der Stunden, die er keinem öffentlichen Geschäfte zu weihen hatte, erheiterte er sich in der friedlichen Stille dieses Palastes und in der Gesellschaft seiner christlichen Gefangenen. Er bemerkte eine unter ihnen, welche stets abgesondert saß und nie an den Arbeiten, noch an den Vergnügungen ihrer Gefährtinnen Theil nahm. Sie war stolzer Haltung, und die Uebrigen zollten ihr stets hohe Achtung; der Kummer hatte aber ihren Reizen eine große Milde gegeben und ihre Schönheit ergreifend für das Herz gemacht.
    Abdalasis fand sie eines Tags mit ihren Gefährtinnen in den Gärten. Sie hatten sich das Haupt mit Blumen geschmückt und sangen die Lieder ihres Landes; aber sie saß allein und weinte. Den jungen Emir rührten ihre Thränen, und er näherte sich ihr mit freundlichen Worten.
    »O schönste der Frauen!« sagte er, »warum weinst du und warum ist dein Herz betrübt?«
    »Ach,« erwiederte sie, »habe ich nicht Ursache zu weinen, wenn ich meiner traurigen Lage gedenke und der Höhe, von welcher man mich gestürzt hat? Du siehst in mir die unglückliche Exilona, vor kurzer Zeit noch die Gemahlin Don Roderich’s und die Königin Spaniens, und nun eine Gefangene und Sklavin!«
    Nachdem sie diese Worte gesagt,
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