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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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Liebe erfahren; und überdies entehrt die Liebe eines Monarchen nicht, wie die eines gemeinen Mannes – Reichthum und Ehre sind in ihrem Gefolge. Ich werde dich zu Rang und Ehren erbeben und dich über die stolzesten Frauen meines Hofes stellen. Auch dein Vater soll mit Würden und Gnadenbezeigungen mehr als irgend ein Edler meines Königreichs bedacht werden.«
    Florinda’s sanftes Auge funkelte bei diesen Worten.
    »Señor,« sagte sie, »der Familie, welcher ich entstamme, kann durch so erniedrigende Mittel keine Würde erwachsen; mein Vater würde eher sterben, als er durch die Schande seines Kindes Rang und Macht erkaufte. Aber ich sehe wohl,« fuhr sie fort, »daß Eure Majestät nur in dieser Weise spricht, um mich auf die Probe zu stellen. Ihr habt mich wohl für leicht und einfältig und für unwürdig gehalten, der Königin zu dienen. Ich bitte Eure Majestät, mir zu vergeben, daß ich Euern Scherz für Ernst genommen habe.«
    Auf diese Weise suchte das beunruhigte Kind den Werbungen des Monarchen zu entgehen; aber ihre Wange war noch weiß und ihre Lippe zitterte, während sie redete.
    Der König drückte ihre Hand mit Inbrunst an seine Lippen.
    »Ich will verderben,« sagte er, »wenn meine Worte beabsichtigen, dich auf die Probe zu stellen. Mein Herz, mein Königreich stehen dir zu Befehl. Sei nur mein, und du sollst als unbeschränkte Gebieterin über mich und mein Reich herrschen.«
    Das Fräulein erhob sich vom Boden, wo sie bisher gekniet hatte, und ihr ganzes Antlitz flammte von tugendhaftem Unwillen.
    »Mein Gebieter,« sagte sie, »ich bin Euch unterthan und in Eurer Gewalt; nehmt mein Leben, wenn es Euch so gefällt; nichts aber wird mich verleiten, ein Verbrechen zu begehen, das ein Verrath gegen die Königin, eine Schande für meinen Vater, der Tod meiner Mutter und mein Verderben wäre.«
    Nach diesen Worten verließ sie den Garten, und dem König flößte ihre erzürnte Tugend für einen Augenblick zu viel Achtung ein, als daß er sich ihrem Weggehen widersetzt hätte.
    Wir gehen kurz über die folgenden Begebenheiten in der Geschichte Florinda’s weg, da die Chronikenschreiber und Dichter viel davon gesagt und gesungen haben; die nüchternen Blätter der Geschichte sollten sich überhaupt von Scenen rein halten, welche eine üppige Phantasie zu entflammen im Stande sind, und sie Gedichten und Romanen und ähnlichen stark gewürzten Werken der Phantasie und Erholung überlassen.
    Wir sagen daher nur, daß Don Roderich seine Bewerbungen bei der schönen Florinda fortsetzte, indem der Widerstand des tugendhaften Fräuleins seine Leidenschaft mehr und mehr entflammte. Er kam endlich so weit, daß er vergaß, was er der hülflosen Schönheit, was er seiner eignen Ritterehre und seinem königlichen Versprechen schuldig war, und er triumphirte durch niedrige und unmännliche Gewalt über ihre Schwäche.
    Manche wollen freilich behaupten, die unglückliche Florinda habe den Anträgen des Monarchen ein williges Ohr geliehen, und in vielen alten Chroniken und geschichtlichen Balladen, welche die unglücklichen Begebenheiten Spaniens von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten, ist ihr Name mit übler Nachrede behandelt worden. Sie scheint aber in Wahrheit ein schuldloses Opfer gewesen zu sein, die, so weit ein schwaches Weib dieses vermag, den Lüsten und Ränken des Monarchen, dessen Willensverfügung höchstes Gesetz war, zu widerstehen suchte und ihre Schande mit einem Schmerz beweinte, der gewahren ließ, wie theuer sie ihre Ehre hielt.
    In dem ersten Sturme ihres Schmerzes schrieb sie ihrem Vater einen Brief, welcher mit ihren Thränen getränkt und in ihrer tiefen Erregung fast ohne allen Zusammenhang war.
    »Wollte Gott, mein Vater,« sagte sie, »die Erde hätte sich geöffnet und mich verschlungen, ehe ich gezwungen worden, diese Zeilen zuschreiben. Ich erröthe, dir zu sagen, was dir nicht passend verschwiegen werden kann. Ach, mein Vater, du hast dein Lamm der Hut der Löwen anvertraut. Deine Tochter wurde entehrt, die königliche Wiege der Gothen befleckt und unser Geschlecht geschändet und beschimpft. Eile, mein Vater, dein Kind aus der Gewalt des Schänders zu retten und die Ehre deines Hauses zu rächen.«
    Als Florinda diese Zeilen geschrieben hatte, berief sie einen jungen Knappen, welcher als Page in den Diensten ihres Vaters gestanden hatte, zu sich.
    »Sattle dein Roß,« sagte sie zu dem Knappen, »und wenn du nach der Ehre eines Ritters strebst oder die Gunst einer edeln Frau
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