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Equilibrium

Equilibrium

Titel: Equilibrium
Autoren: Imogen Rose
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dass Kellan nicht zu meiner Princeton-Realität gehörte, in der ich jetzt war. Er existierte hier nicht.
    Ich richtete mich auf und packte das nächstbeste Kleidungstück, das sich als schmutzige Socke entpuppte. Ich wischte mir damit die Tränen ab, bis mir ihr Gestank in die Nase stieg und ich die Socke in die gegenüberliegende Ecke pfefferte. Ich beobachtete ihren Flug durchs Zimmer, über einen Haufen Klamotten, die auf dem Fußboden verteilt waren, bis sie das NJ-Devils- Poster an der Wand traf und auf den Boden fiel. Sie landete auf einem Berg Klamotten, die vielleicht, vielleicht aber auch nicht, sauber waren; vom Bett aus war das schwer zu sagen. Ich sah mich in meinem unordentlichen Zimmer um, das ich einmal gemütlich gefunden hatte, das mich jetzt aber anwiderte. Wie sollte ich in diesem Chaos ein Aspirin finden? Ich stand auf und ging ins Bad, wobei ich den verschiedenen Dingen auf dem Boden auswich.
    In dem Moment, als ich die Badezimmertür öffnete, traf mich der Gestank und ließ mich angeekelt nach Luft schnappen. Seit die Putzfrau gekündigt hatte – das Haus war anscheinend zu unordentlich, um es zu putzen – war das Haus immer weiter verranzt. Ich hielt die Luft an, während ich den Wasserhahn aufdrehte und nach der Tür vom Spiegelschrank griff, wo wir normalerweise das Aspirin aufbewahrten. Mittendrin stoppte ich und starrte mein Spiegelbild an.
    Barbie-Arizona .
    Ich öffnete die Tür, damit ich mir das unpassende Barbie-Bild nicht mehr ansehen musste und schnappte mir die Aspirindose. Dann öffnete ich den Deckel und spülte zwei Tabletten mit Wasser aus meiner hohlen Hand herunter. Ich ließ den Spiegelschrank offenstehen, ging wieder ins Schlafzimmer, setzte mich aufs Bett, stützte mein Kinn in die Hände und starrte leer die Wand an. Zur Schule würde ich zu spät kommen, aber so wie ich aussah, konnte ich nicht zur Schule gehen. Ich war erleichtert, dass ich unter der Decke gewesen war, als mein Dad hereingekommen war. Wenigstens hatte ich ihm nicht ohne Vorwarnung meine Frisur erklären müssen.
    Jetzt war ich also Barbie-Arizona im Stevens-Land. Ich schloss die Augen, um klar denken zu können und versuchte zu verstehen, was zur Hölle hier los war. Kellan schoss mir immer wieder durchs Gedächtnis. Kellan, der versucht hatte mich festzuhalten, als ich zum Licht gezerrt wurde. Dann plötzliche Dunkelheit.
    Eine Höhle? Nein, keine Höhle, es war irgendeine Art Vorratsraum, vielleicht ein Vorratskeller. Wir hatten keine Zeit gehabt, es herauszufinden, bevor ich das Bewusstsein verlor. Ich erinnerte mich daran, im Dunkeln aufgewacht zu sein, gelähmt und voller Angst. Die Erinnerungen fluteten in Form von Bildern voll Dunkelheit, muffigen Gerüchen und Angst zurück. Während Kellan und ich nach einem Fluchtweg aus der Dunkelheit suchten, öffnete sich eine Tür und ich spürte ein Ziehen und dann nichts mehr, nur Dunkel und Stille.
    Der dröhnende Lärm von meinem iPhone ließ mich zusammenzucken. Ich tastete danach.
    » A , wo bist du?«
    Es dauerte einen Moment, bevor ich die Stimme zuordnen konnte. Ich hatte nicht auf die Rufnummer geschaut, bevor ich drangegangen war. Es war Monica, eine meiner allerbesten Freundinnen und mein regelmäßiges Taxi zur Schule.
    »Arizona, was ist? Red mit mir! Warum hast du nicht auf meine SMS und Anrufe reagiert? Du wirst vermisst, seit wir im Kino waren. Ich war da, um dich abzuholen, aber es war niemand zu Hause. Wo warst du? Bist du doch noch zum Eishockey-Minicamp gefahren? Ich dachte, du hast dich dagegen entschieden.«
    »Hey, M . Mir geht’s gut. Na ja, nicht so ganz, mein Kopf dröhnt. Ich mache blau. Deckst du mich?« Das war Code für: Ruf im Sekretariat an, tu so, als wärst du meine Mom und sag ihnen, ich wäre krank .
    »Klar. Und nach der Schule komm ich bei dir vorbei. Du hast ganz schön was zu erklären.«
    Ohne Witz, dachte ich. »Super, bis später.«
    Tja, damit war eine Sache erledigt. Ich fühlte mich überfordert, fast gelähmt, so sehr, dass ich mich nur dazu zwingen konnte, alles total mechanisch zu tun – oder auch nicht. Wenn ich versuchte, das Problem zu lösen – wenn das überhaupt möglich war – drehte ich vielleicht durch. Wahrscheinlich würde ich anfangen, Sachen rumzuschmeißen und Löcher in die Wände zu schlagen. Das hätte einen Aufenthalt in der Klapse zur Folge, aber vielleicht brauchte ich den. Den Gedanken konnte ich nicht ertragen, also biss ich mir auf die Unterlippe und kämpfte um Beherrschung.
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