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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein solcher brachte er keinen Ton hervor.
    Der Anblick vertiefte Skars Bestürzung noch, und er gab dem vagen Gefühl von Zweifel in seinem Inneren neue Nahrung.
Der Mann ist kein Satai,
dachte er bedrückt. Er kleidete sich wie ein Satai, er sprach wie ein Satai, und zweifellos — selbst in Gedanken dachte er diesen Satz mit einer Mischung aus Wut und abfälliger Herablassung — ganz zweifellos wußte er wie ein Satai zu kämpfen, aber er war es nicht, so wie die allermeisten, die er in den letzten Wochen getroffen hatte. Auch ein Satai hatte das Recht, erschöpft zu sein, natürlich; aber er hatte nicht das Recht, sich so gehen zu lassen.
    Dels Gedanken schienen ähnliche Wege zu gehen, denn er machte eine wütende Handbewegung und fuhr den Mann an: »Sprich endlich! Wer kommt, und was ist so wichtig daran?!« »Herr, es ist... es ist eine
Errish!«
stieß der Satai keuchend hervor.
    »Eine Errish?!« Del richtete sich kerzengerade auf. Für einen Moment sah er aus, als hätte er einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht erhalten. Aber dann — Del wäre nicht Del gewesen, hätte er anders gehandelt — sprang er auf, trat mit einem einzigen Schritt auf den Satai zu und riß ihn grob an den Schultern in die Höhe.
    »Bist du sicher?« fauchte er.
    Skar unterdrückte ein Lächeln. Del war zwanzig Jahre älter geworden, aber er hatte sich kein bißchen verändert, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Unbeschadet dessen, was er selbst Skar noch vor Augenblicken vorgeworfen hatte, benahm er sich ganz und gar nicht so, wie es der schwarze Mantel um seine Schultern verlangte. Irgendwie beruhigte Skar dieser Gedanke. »Sie reitet einen Drachen, Herr«, antwortete der Satai. »Die Kundschafter melden, daß sie verfolgt wird. Ich weiß nicht, von wem.«
    »Wo?«
    »Zehn Meilen von hier, vielleicht zwölf. Im Westen.«
    »Hast du sie gesehen?« fragte Skar scharf.
    Der Satai sah ihn einen Moment lang verwirrt an, dann schüttelte er den Kopf. »Es war eine Spiegelnachricht, Herr«, antwortete er. »Ich war draußen auf dem Vorkastell, als sie kam. Die Krie —«
    Del ließ den Mann so abrupt los, daß er mitten im Wort abbrach und sich seinen Atem lieber dafür aufsparte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ohne ihn weiter zu beachten, fuhr Del herum, eilte zur Tür und riß sie auf. Skar konnte niemanden draußen auf dem Gang erkennen, aber Del schrie plötzlich so laut, daß seine Worte vermutlich noch unten auf dem Hof zu verstehen waren. »Laßt die Garde aufsitzen!« brüllte er mit vollem Stimmaufwand. »Und sattelt mein und Skars Pferd! Du begleitest mich doch, oder?« Den letzten Satz, den er zwar nicht mehr gebrüllt, aber immer noch sehr laut gesprochen hatte, richtete er an Skar.
    Skar antwortete gar nicht. Aber weniger als fünf Minuten später verließen sie die Trutzburg bereits, begleitet von einem halben Hundert Satai und der dreifachen Anzahl Quorrl.

E s war nicht
ein
Drache; es waren vier- ein riesiges, langbeiniges, grünes Etwas, in dessen Nacken eine absurd kleine Gestalt hockte und sich mit Armen und Beinen festklammerte, und drei etwas kleinere, aber sehr viel massigere Echsenwesen, die das erste verfolgten, und in der Luft, eine halbe Meile über und zwei oder drei vor Skar und der kleinen Armee aus Satai und Quorrl, schwebten die dreieckigen Schatten zweier gewaltiger Daktylen, von denen mindestens eine einen Reiter trug. Die andere war zu hoch und bewegte sich zu schnell, als daß Skar sie deutlich erkennen konnte. Zweimal, seit sie den Felsgrat erreicht und angehalten hatten, war die Daktyle auf den flüchtenden Drachen heruntergestoßen, und jedesmal hatte die Gestalt in seinem Nak-ken die Hand gehoben, und ein fadendünner weißer Blitz hatte nach dem Drachenvogel geschlagen und ihn zurückgetrieben. »Was zum Teufel geht dort vor?« murmelte Del neben ihm.
    Sein Pferd bewegte sich unruhig. Wie das Skars und die der anderen witterte es die Drachen, und wie fast alle Warmblüter machte es die Nähe der titanischen Echsenwesen rasend. Seine Hufe scharrten nervös in der dünnen Schneedecke, die den Fels hier oben bedeckte.
    »Sie kämpfen.« Del beugte sich im Sattel vor und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, um mehr Einzelheiten erkennen zu können. Das grelle Licht der Morgensonne verwandelte sein Gesicht in eine Landschaft aus zerschrundenen Schatten und harten Linien, die Skar noch nie zuvor darin gesehen hatte. Zum allerersten Mal, seit sie sich wiedergesehen
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