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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT
Autoren: Brian Lumley
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Helm ab und warf ihn klappernd zur Seite. Er hatte einen Stiernacken und ein wildes Gesicht, das von einem Vollbart verdeckt wurde. Aber es war ein graues Gesicht und zeigte, wie der Rest seines Fleisches, die Spuren unaussprechlicher Qualen. Seine hagere, gepeinigte Miene zeugte besser als alle Worte davon, was Janos ihm und den seinen angetan hatte.
    »Ich habe gehört, wie du mit den Toten geredet hast«, sagte Bodrogk. »Du sollst wissen, dass nicht alle von Janos’ Sklaven Feiglinge sind.«
    »Ich weiß, dass die Thraker in seinen Gewölben zu Staub zerfallen sind und mir nicht helfen können. Sie haben mir gesagt, dass sie das tun würden, es aber nicht können, weil nur Janos selbst sie wiederauferstehen lassen kann, da nur er die Worte kennt. Aber du und deine sechs Männer, ihr besteht nicht aus Staub.«
    »Nennst du uns Feiglinge?« Bodrogks schwielige Hand legte sich schwer auf Harrys Schulter, nah am Nacken, und er hob das Bronzeschwert in der anderen ein wenig.
    »Ich weiß nur eines: Während einige es zulassen, dass Janos weiterlebt, bin ich gekommen, um ihn zu töten und seine Macht für immer zu brechen.«
    »Bist du ein Krieger, Harry?«
    Harry hob den Kopf und fletschte die Zähne. Er hatte sich noch nie vor den Toten gefürchtet, und würde jetzt nicht damit anfangen. »Ja.«
    Bodrogk lächelte auf eine seltsam traurige Art, aber das Lächeln verschwand sofort, als er hinter Harry blickte. »Und die anderen, die bei dir sind? Die haben dich gefangen genommen und hierher gebracht, nicht wahr? Wie ein Lamm zur Schlachtbank.«
    »Es sind Leute des Ferenczy«, nickte Harry.
    Der andere sah ihn an, und seine Augen senkten sich tief in Harrys Seele. »Ein Krieger ohne ein Schwert, was? Hier, nimm meines.«
    Er drückte Harry sein Schwert in die Hand. Dann warf er einen finsteren Blick auf die Szgany und nickte seinen Männern zu. Die sechs Thraker stürzten sich mit ihren Schwertern auf die Zigeuner und fegten sie wie Spreu von der Klippe. Es geschah so schnell und unerwartet, dass sie nicht einmal mehr Zeit hatten, einen Schrei auszustoßen. Ihre Körper polterten in die tiefe Schlucht hinunter.
    »Schließlich doch noch ein Freund«, nickte Harry. »Ich habe gehofft, ich würde ein paar finden.«
    »Ich hatte die Wahl zwischen dir und ihnen«, sagte Bodrogk. »Entweder einen guten Mann töten, oder eine Hand voll Schweine abschlachten. Ewige Unterwerfung unter den Ferenczy – oder die Freiheit, wie lange sie auch dauern mag. Das ist keine schwere Wahl. Ich habe die einzige Entscheidung getroffen, die ein Mann treffen kann. Aber wenn ich einen Augenblick länger gewartet hätte, um nachzudenken – vielleicht wäre es dann anders ausgegangen. Meiner Frau wegen.« Er erklärte Harry seine Lage.
    »Du bist ein sehr großes Risiko eingegangen«, sagte Harry und gab das Schwert zurück.
    »Die Toten haben mich überzeugt«, erklärte Bodrogk. »Zu Tausenden haben sie sich an mich gewandt und alle um dein Leben gefleht. Vor allem eine, deren Zunge so scharf ist wie keine andere! Sie erinnerte mich an meine Mutter. Aber es war die deine.«
    Harry seufzte und dachte: Was habe ich doch ein Glück mit dir, Mutter!
    »Ja, deine Mutter«, bekräftigte Bodrogk. »Sie hatte mich schon halb umgestimmt, und Sofia hat dann den Rest besorgt.«
    »Deine Frau?«
    »Genau die.« Bodrogk nickte und führte ihn auf dem Weg zurück zu den Schlossruinen in der Bergwand. »Sie hat mir gesagt: ›Wo ist deine Ehre geblieben, der du doch einst groß und mächtig warst? Die Zustimmung und der Beifall der zahllosen Toten ist selbst bei ewiger Versklavung durch Janos immer noch besser als eine weitere Urne mit schreiender Asche in Janos’ Gewölben!‹«
    Harry sagte: »Da stimmen wir vollkommen überein, deine Frau und ich.« Und spontan fügte er noch hinzu: »Bodrogk, ich habe meine eigenen Gründe zu kämpfen, aber sie sollte dein Grund sein. Du musst immer an Sofia denken, wenn du gegen Janos antrittst, und du kannst nicht verlieren.« Tief in seinem Inneren, ungesehen und ungehört, hoffte er, dass das auch wahr sei. Die Sache hatte nur einen Haken. »Ich habe keinen Plan«, musste er zugeben.
    Bodrogk lachte, wenn auch bitter. »Ein Krieger ohne ein Schwert, und er hat noch nicht einmal einen Schlachtplan!« Aber er ergriff die Schulter des Necroscope und sagte: »Ich bin schon seit langer Zeit tot, Harry Keogh, aber zu meiner Zeit war ich der König eines Kriegervolkes, der Befehlshaber von Armeen. Ich war der große
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