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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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hätte, wo die wichtigste Waffe des Polizisten noch das Wort sein konnte, wie es so schön hieß. Auf Hiddensee reichten eine klare Ansage, ein fester Griff und einsatzbereites Pfefferspray, wenn’s denn unbedingt sein musste.
    Ein Mann mit Fotoapparat riss Pieplow aus seinen unangebrachten Gedanken.
    Ob er vielleicht...?
    Selbstverständlich.
    Pieplow nahm den Apparat und dann das Gewünschte ins Visier. Hinten die Kirche, vorne die Friedenssäule. Seitlich ein Baumriese, vor lauter Windflucht und Sonnenverehrung stark ostwärts geneigt über Steine und Kreuze, Jahrhunderte alt.
    Der Mann und die Frau in Positur, sie lächelte, er rückte sein Käppi zurecht.
    Auf der Säule stand ›Möge Friede sein auf Erden‹, auf dem Käppi ›Air Force One‹.
    Pieplow gab die Kamera zurück und war auf einmal gereizt. Du gibst dich mit solchen Kinkerlitzchen ab, warf er sich vor, anstatt etwas Vernünftiges zu tun. Zum Beispiel die Gedanken zu sortieren, die in deinem Kopf auftauchen und wieder wegrutschen wie Aale durch nasse Finger. Dich entscheiden, was du tun willst. Die Unfallversion akzeptieren und zur Tagesordnung übergehen oder dich an den Mordgerüchten festbeißen und systematisch werden. Noch mal von vorn anfangen. Jede Minute von Wandas letztem Tag rekonstruieren. Möglichst alle ihre Patienten ausfindig machen. So lange fragen und suchen und nachbohren, bis du etwas Handfestes hast. Eine Spur, ein Indiz. Einen begründeten Verdacht.
    Auch wenn andere das für verschroben hielten.
    Kästner, der nie etwas suchte, wo es nichts zu finden gab.
    Oder Schöbel, der sich in Schweigen hüllte und vielleicht gar keine Hinweise mehr erwartete.
    Und Böhm? Der würde den Deubel tun und das Risiko eingehen, für verschroben gehalten zu werden.
    Keiner gäbe etwas auf die Hirngespinste der Leute. Auf die Rachephantasien eines verwurmten Seemanns oder die Unkereien einer Greisin, die vor dreißig Jahren mal Grund zur Eifersucht hatte.
    Niemand außer dir.
    »Ich krieg”nen Knall! Bist du’s oder bist du’s nicht?« Der Mann, der sich breitbeinig vor Pieplow aufgebaut hatte, musste den Knall bereits haben. Anders ließ sich kaum erklären, warum einer in dunklem Anzug und immer noch ziemlich blanken Budapestern in der Sommerhitze auf dem staubigen Kirchweg stand.
    »Jetzt sag bloß, du erkennst mich nicht!« Der Mann mit der lässig unter den Arm geklemmten Aktenmappe klang ehrlich enttäuscht.
    Erst als Pieplows Phantasie das Haar auf die schweißglänzende Halbglatze zurückzauberte und vierzig Kilo Gewicht entfernte, begann es ihm zu dämmern.
    »Matthias?«
    »Na, da haben wir aber ganz schön auf der Leitung gestanden, was, Herr Wachtmeister?« Matze mit der Hornhaut an den Füßen und dem viel zu großen Damenrad schlug Pieplow freundschaftlich gegen den Oberarm. »Oder bist du nicht mehr bei dem Verein?« Er zupfte fragend an Pieplows Hemdärmel.
    »Doch, ja. Natürlich. Ich bin nur nicht...«
    »Klar, klar, geht ja auch nicht, immer im Dienst.« Matze war schon immer schnell gewesen. Auf dem Rad, im Kopf und mit dem Mundwerk. Er sah hektisch auf seine Armbanduhr. »So ein Pech. Ich muss weiter. Es gibt Kunden, die lässt man besser nicht warten. Grade in diesen Zeiten, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Pieplow fiel rechtzeitig ein, dass – ausgerechnet! – Matze Banker geworden war, und versuchte ein verständnisvolles Nicken. »Ja, dann...«
    »Nee, nee, so einfach kommst du mir nicht davon. Wer weiß, wann wir uns mal wieder über den Weg laufen. Man verliert sich ja ganz aus den Augen. Es ist jetzt...«, er sah wieder zur Uhr, »kurz vor drei. Wie lange werde ich brauchen? Sagen wir eineinhalb Stunden. Maximum. Danach hab ich Zeit für ein paar gepflegte Biere mit dir. Was hältst du von der Kneipe unten am Hafen? Halb fünf?«
    »Also, ich... ja, das geht«, stimmte Pieplow schweren Herzens zu. Er wusste zwar nicht genau, wie, aber so hatte er sich den Verlauf seines Nachmittags nicht vorgestellt.
    »Also abgemacht. Halb fünf am Hafen. Ciao, Daniel!« Er buffte Pieplow noch einmal gegen den Arm und war bereits mit ausholenden Schritten losmarschiert, als er sich noch einmal umdrehte. »Kannst du mir sagen, wie ich am schnellsten zum Hügelweg komme?«
    Pieplow konnte.
    »Du machst ja interessante Bekanntschaften.« Auch Marie sah dem davoneilenden Matthias Behnsen hinterher, bevor sie sich auf Zehenspitzen zu Pieplow beugte und ihn auf die Wange küsste.
    »Du würdest dich wundern, womit ich mir sonst
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