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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht
Autoren: Lauren Kate
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trennte sich widerwillig von einer Farbspraydose und einem Cuttermesser. Sogar der unglückliche Todd ließ mehrere Streichholzschachteln und einen kleinen Behälter mit Feuerzeugbenzin in den Karton fallen. Luce schämte sich fast schon, dass sie selbst keine Waffe bei sich trug - aber als sie dann sah, dass die anderen auch noch ihre Handys hervorholten und in die Schachtel legten, musste sie schwer schlucken.
    Sie beugte sich vor, um auf dem Schild mit der Aufschrift VERBOTENE GEGENSTÄNDE auch das Kleingedruckte zu lesen, und stellte fest, dass Handys, Pager sowie Funkgeräte aller Art streng verboten waren. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass sie kein Auto haben durfte! Luce umklammerte mit schwitzender Hand das Handy in ihrer Hosentasche, ihre einzige Verbindung zur Außenwelt. Als die Frau ihren Gesichtsausdruck bemerkte, gab sie ihr schnell ein paar Klapse auf die Wangen. »Werd mir nicht ohnmächtig, Mädchen. Sie zahlen mir hier nicht genug, als dass Wiederbelebungsversuche auch drin wären. Außerdem darfst du dich einmal in der Woche auf dem Apparat in der Eingangshalle anrufen lassen.«
    Ein … ein Mal in der Woche? Aber -

    Sie blickte ein letztes Mal auf ihr Handy und bemerkte, dass sie zwei neue Nachrichten erhalten hatte. Unmöglich konnten das ihre letzten beiden SMS sein! Die erste kam von Callie.
    Ruf mich sofort an! Werde die ganze Nacht für dich aufbleiben, also bereite dich schon mal auf einen langen Tratsch vor. Und denk immer an das Mantra, das ich für dich ausgesucht habe. Du wirst überleben! Ach ja, hier haben übrigens fast alle schon ganz vergessen, was du …
    Typisch Callie! Sie hatte wieder mal so viel geschrieben, dass Luces bescheuertes Handy die Nachricht nach vier Zeilen einfach abgeschnitten hatte. Aber Luce fühlte sich auch erleichtert. Sie wollte gar nicht lesen, was fast alle an ihrer Schule inzwischen vergessen hatten … was ihr zugestoßen war … was sie getan hatte, um an diesen schlimmen Ort verbannt zu werden.
    Sie seufzte und öffnete die zweite Nachricht. Sie war von ihrer Mutter, die erst vor ein paar Wochen ihre Leidenschaft fürs SMS-Schreiben entdeckt und bestimmt nicht geahnt hatte, dass hier nur ein Mal in der Woche ein Anruf erlaubt war. Denn sonst hätte sie ihre Tochter doch niemals hier zurückgelassen. Oder?
    Meine liebe Kleine, wir denken an dich. Sei brav und iss immer genug Proteine. Wir telefonieren, sobald wir können. Viele liebe Grüße, M&P
    Mit einem Seufzer gestand Luce sich ein, dass ihre Eltern es gewusst haben mussten. Wie sonst waren ihre traurigen, müden Gesichter zu erklären, als sie ihnen zum Abschied
am Schultor zuwinkte, in der anderen Hand die Reisetasche. Beim Frühstück hatte sie noch versucht, Witze darüber zu machen, dass sie nun bestimmt ihren unerträglichen New-England-Akzent verlieren würde, den sie sich in Dover angewöhnt hatte. Aber sie hatte damit ihren Eltern nicht mal ein Lächeln entlocken können. Sie hatte geglaubt, sie seien ihr immer noch böse. Ihre Eltern gehörten nicht zu den Leuten, die andere anbrüllten, was bedeutete, dass sie, immer wenn Luce etwas wirklich Schlimmes tat, die alte Schweigenummer abzogen. Doch jetzt verstand sie das seltsame Verhalten ihrer Eltern am Frühstückstisch: Sie betrauerten bereits, dass sie von nun an fast allen Kontakt zu ihrer einzigen Tochter verlieren würden.
    »Wir warten noch auf eine Person«, sagte die Frau. »Wer das wohl sein mag?« Luce wurde aus ihren Gedanken herausgerissen und blickte erschrocken zur Pappschachtel, die inzwischen vor verbotenen »Waffen« überquoll, von denen sie nicht einmal die Namen kannte. Sie spürte, wie der schwarzhaarige Junge mit den grünen Augen sie anstarrte. Als sie hoch sah, bemerkte sie, dass alle sie anstarrten. Sie war jetzt dran. Sie schloss die Augen, öffnete dann langsam einen Finger nach dem anderen und ließ ihr Handy los. Das Geräusch, mit dem es auf dem Haufen aufschlug, klang traurig. So hörte sich die Einsamkeit an.
    Todd und die geklonte Blondine Gabbe stürzten zur Tür, ohne noch einmal zu Luce zu blicken, aber der dritte Junge wandte sich an die Frau.
    »Ich kann ihr alles zeigen«, sagte er.
    »Das gehört nicht zu unserer Abmachung«, antwortete die Frau sofort, als hätte sie diesen Wortwechsel schon erwartet. »Du bist jetzt wieder neu hier - mit all den Einschränkungen, die für neue Schüler gelten. Zurück zum
Start. Das passt dir nicht? - Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Bevor
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