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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer
Autoren: Jógvan Isaksen
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Ausstattung waren viel besser. Trotzdem kam es nicht gerade selten vor, dass die Passagiere in einem Hotel in Kopenhagen übernachten mussten.
    Davor hatte ich am wenigsten Angst. Auch wenn ich mir nichts hatte anmerken lassen, waren mir doch eine ganze Menge wohl vertrauter Gesichter aufgefallen. Ich kannte diese Spezis – die meisten anständigen Menschen hatten mich sicher bereits mit ihnen in einen Topf geworfen –, die dort zwischen den Tischen und Stühlen umherwanderten in der Hoffnung, jemanden zu finden, bei dem sie sich niederlassen konnten. Bei so vielen Menschen war es möglich, ihnen aus dem Weg zu gehen, aber wenn wir ins Hotel mussten, war ich verloren. Die Nacht würde an der Bar und später auf einem der Zimmer zugebracht werden. Unmengen von Bier und Whisky und kein Schlaf. Lustig, nicht wahr …
     
    Bisher waren wir erst eine Stunde verspätet, es konnte also noch alles Mögliche geschehen. Aber sie waren immer sehr geizig mit Informationen, deshalb wussten die Passagiere nie, warum sie nicht planmäßig abfliegen konnten.
    Ansonsten hatte es auf allen Gebieten große Fortschritte gegeben. Die Fluggesellschaft, die diese Strecke bediente, seit sie den Isländern weggenommen worden war, hatte nicht länger das Monopol. Sie waren geflogen, wie es ihnen gerade gefiel, und hatten sich nicht darum gekümmert, ob es den Färöern passte. Wenn die etwas auszusetzen hatten, war es ihr Problem. Es gab nur diese eine Flugroute.
    Inzwischen gab es Konkurrenz und die Fluggesellschaft flog nunmehr sogar sonntags – das hatten sie früher nie getan. Vielleicht würde es ihr bald ergehen wie dem Milchboot der Meierei in Tórshavn. Als es als Einziges die Fahrt in den Skálfjørður machte, fuhr es manchmal zweimal am Tag und manchmal nur einmal. Vor allem an Tagen, an denen es viele Passagiere gab, am Ostersamstag oder an Weihnachten, legte es nur einmal ab, und zwar um sieben Uhr morgens. Anders ließ es sich nicht machen. Als eine weitere Fähre nach Sundalagið hinzukam, konnte das Milchboot plötzlich drei- oder viermal täglich fahren. Später, als Brücke und Tunnel gebaut wurden und man von Tórshavn bis nach Eysturoy fahren konnte, pendelte es im Zweistundentakt.
    Es schien, als würde es im Flugverkehr die gleiche Entwicklung nehmen. Jetzt gab es eine Morgenmaschine, eine Nachmittagsmaschine und eine Abendmaschine. Ich muss zugeben, dass Konkurrenz nicht immer schlecht ist. So merkwürdig das auch klingen mag, so sind es sicher die Geschäftsmänner, die nicht meiner Meinung sein werden. Jetzt müssen sie ins traute Heim eilen, anstatt wie früher in den Kormoran und anschließend in die Kakadu Bar gehen zu können.
    Ich musste aufpassen, dass ich nicht den Zeitpunkt verpasste, an dem der Flughafen ›beruhigt‹ wurde und nur noch Charterreisende durch den Lautsprecher aufgerufen wurden. Es ist schon früher passiert, dass Leute, die vom Vorabend einen schweren Kopf hatten, das neue System vergaßen und fluchend zurück in die Stadt fahren mussten, um sich ein Zimmer für eine Nacht zu suchen, während sich das Flugzeug mit leeren Plätzen auf seinen sonnenbeschienenen Weg über den Wolken machte.
    Solange wir hier warten und den Spezis aus dem Weg gehen, kann ich erzählen, wer ich bin. Mein Name ist Hannis Martinsson und das sagt sicher niemandem etwas. Vielleicht dämmert es einigen, ohne dass sie genau sagen können, weshalb.
    Ich schreibe für verschiedene Zeitungen, alle möglichen Zeitungen, an die ich herankomme und bei denen es etwas Kleingeld zu verdienen gibt. Vor allem in ausländischen Blättern schreibe ich über die Färöer und die färöischen Verhältnisse. Wohl in jedem zweiten dieser Hochglanzmagazine, die auf den nordischen Fluglinien verteilt werden, steht ein Artikel von mir. Ein guter Grund, für die Fluggesellschaften zu schreiben, besteht darin, dass man neben dem Honorar noch Gratisflüge einstreicht. Natürlich in angemessenem Rahmen, aber wenn die Zusammenarbeit schon länger besteht und es freie Plätze gibt, kommt man immer mit. Ich bin viel auf diese Art und Weise gereist, und auch wenn seriöse Journalisten diese Form des Reisens ›Hurentouren‹ nennen, weil die Rechnung mit Freundschaft bezahlt werden muss, so kommt mir diese Möglichkeit gerade recht.
    Ich bin also ein Freelance-Schreiber. Ich habe schon an verschiedenen Orten dieser Welt gelebt und augenblicklich wohne ich mitten in Kopenhagen. Der Gedanke, wieder nach Hause zu ziehen, ist mir mehr als einmal
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