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Enders

Enders

Titel: Enders
Autoren: Lissa Price
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einen durchdringenden Schrei aus und wälzte sich in Krämpfen.
    »Stopp!«, befahl ich.
    Brockman schaltete den Taser aus. Die Waffe hatte ihren Zweck erfüllt. Hyden lag von Schmerzen geschüttelt am Boden. Und dann erschlaffte sein Körper. Er rührte sich nicht mehr.
    Ich kniete neben ihm nieder. Gedankenlos presste ich eine Hand auf seine Brust. »Hyden?«
    Er nickte und …
    … berührte meine Hand.
    Er berührte meine Hand.
    Seine Augen reflektierten immer noch den Schmerz, aber um seine Lippen spielte ein kraftloses Lächeln.
    Ich sah zu Brockman auf. Er zeigte nicht die Spur von Reue. Im Gegenteil, er schien das Drama zu genießen.
    »Mein Sohn trifft die falschen Entscheidungen. Ein Grund dafür, dass es an mir hängen bleibt, den Verkauf der neuen Technologie zu übernehmen.«
    Der Wachtposten zerrte Hyden hoch und packte ihn fest am Arm. Ich stand auf.
    »Du hast Reece umgebracht«, sagte Hyden. »Und Helena.«
    »Ich habe es für mein Land getan. Sie hatte die Absicht, einen Senator zu töten«, entgegnete Brockman. Er wandte sich an die Wachtposten. »Sperrt sie in Raum 14, bis die Vorführung beginnt.«
    Sie brachten uns in eine kleine fensterlose Zelle, deren Boden und Wände aus Edelstahl bestanden. Die schwere Metalltür wirkte ebenfalls ausbruchsicher. Hoch oben in der Decke waren Neonröhren eingebettet, die ein flackerndes Licht verbreiteten.
    »Sie haben sich nicht mal die Mühe gemacht, uns Handschellen anzulegen«, begann ich.
    »Weil von hier kein Weg nach draußen führt.«
    »Hat er uns deshalb zusammen eingesperrt?«
    »Wir sind seine wertvollste Handelsware. Deshalb müssen wir uns die Hochsicherheitszelle teilen.«
    Wir setzten uns mit dem Rücken zur Wand auf den Boden.
    »Keiner der Metallos hat meinen Vater gesehen«, sagte ich.
    Hyden senkte die Stimme. »Erwähne sie nicht, falls er …«
    »Du glaubst, dass er unsere Gespräche abhört?«, wisperte ich.
    Er zuckte die Achseln. »Wenn er nicht zu sehr damit beschäftigt ist, die Versteigerung vorzubereiten.«
    »Im Grunde spielt es keine Rolle mehr, was wir sagen. Man wird uns von hier wegbringen. Wahrscheinlich sehr weit weg. In ein fremdes Land mit einer fremden Sprache.«
    Er wirkte so düster, so niedergeschlagen.
    »Du sagst ›wir‹ und ›uns‹, aber es steht nicht fest, dass wir zusammenbleiben.«
    Ich sah ihn prüfend an. »Wolltest du das Geld, das du mit Prime verdient hast, wirklich dazu verwenden, die Waisenhäuser abzuschaffen?«
    »Von Lobby-Arbeit bis zu Senatoren – ich hatte alles bis ins Detail ausgearbeitet. Es gab bereits Pläne, die Anstalten in Schulen umzuwandeln und diese mit den modernsten Airscreens und Lehrfilmen auszustatten.«
    Einen Moment lang leuchteten seine Augen, erfüllt von einer Begeisterung, die längst vergangen war. »Wenn es nur geklappt hätte! Wenn ich nur nicht …«
    »Tut mir leid, dass ich dir in die Quere kam«, sagte ich.
    »Nein. Nein, sag das nie wieder! Ich habe eine Menge neuer Erkenntnisse aus deinem geänderten Chip gewonnen, und ich habe Blake benutzt, um immer auf dem Laufenden zu bleiben, aber darum ging es im Grunde gar nicht. Es ging um dich. Ich fühlte mich für dich verantwortlich. Dein ganzes Leben wäre anders verlaufen, wenn ich nicht Prime gegründet hätte.«
    »Dann … hast du Mitleid für mich empfunden?«
    »Nein. Ich habe mich … verliebt.«
    Ich horchte auf.
    »Stell dir das mal vor«, fuhr er fort. »Ein Typ, der nichts und niemanden berühren kann, verliebt sich. Ich hatte bis dahin geglaubt, der Tod meiner Mutter, der mich völlig meinem Vater auslieferte, sei der grausamste Scherz gewesen, den sich das Universum mit mir leisten konnte …« Er wandte sich ab. »Aber das ist schon okay. Auch wenn ich dich nicht berühren konnte, wollte ich in deiner Nähe sein.«
    Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. Die Entdeckung, dass Hyden in Wahrheit der Old Man war, erklärte so viele Dinge. Ich wusste jetzt, warum ich mich ihm so eng verbunden fühlte. Wir hatten so viele besondere Stunden zusammen verbracht, als er in Blakes Körper steckte. Deshalb hatte mich der Old Man magisch angezogen, obwohl er eigentlich mein ärgster Feind war, und ich hasste mich dafür. Es war mir nie vergönnt gewesen, einen Blick hinter die Maske zu werfen, hinter seine Verkleidung, auf sein wahres Ich. Das hatte er mit allen Mitteln verhindert.
    Ich bemerkte einen Brandfleck auf Hydens Handgelenk. Er hatte die Form eines Diamanten.
    »Der Taser?«, fragte ich.
    Er warf
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