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Enders Spiel

Enders Spiel

Titel: Enders Spiel
Autoren: Orson Scott Card
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eines der wenigen Male, bei denen er die Privilegien nutzte, die der Rang mit sich brachte. Also verfolgte er die Videos von den Kämpfen mit Stilson und Bonzo, sah zu, wie die Fotografien der Leichname gezeigt wurden, hörte zu, als die Psychologen und Rechtsanwälte darüber stritten, ob Mord oder eine Tötung in Notwehr vorlag. Ender hatte seine eigene Meinung dazu, aber niemand fragte ihn. Während der gesamten Verhandlung war es in Wirklichkeit Ender, der unter Beschuss stand. Die Anklage war zu schlau, ihn direkt zu attackieren, aber es gab Versuche, ihn krank, pervertiert, in verbrecherischer Weise verrückt erscheinen zu lassen.
    Â»Mach dir nichts draus«, sagte Mazer Rackham. »Die Politiker haben Angst vor dir, aber sie können deinen Ruf nicht zerstören. Das wird nicht geschehen, bis die Historiker sich in dreißig Jahren über dich hermachen.«
    Ender scherte sich nicht um seinen Ruf. Er betrachtete die Videos unbewegt, aber tatsächlich war er belustigt. In der Schlacht habe ich zehn Milliarden Krabbler umgebracht, die so lebendig und intelligent wie nur jeder Mensch waren, die noch nicht einmal einen dritten Angriff auf uns eingeleitet hatten, und niemand denkt daran, das ein Verbrechen zu nennen.
    Alle seine Verbrechen lasteten schwer auf ihm, die Tode von Stilson und Bonzo nicht schwerer und nicht leichter als die übrigen.
    Und so, mit dieser Last, wartete er all die leeren Monate ab, bis die Welt, die er gerettet hatte, entschied, er könne nach Hause kommen.
    Einer nach dem anderen verließen ihn zögernd seine Freunde, heimgerufen zu ihren Familien, um wie Helden in ihren Heimatorten empfangen zu werden.
    Ender sah sich die Videos von ihrer Heimkehr an und war gerührt, weil sie viel von ihrer Zeit darauf verwandten, Ender Wiggin zu rühmen, der, so sagten sie, ihnen alles beigebracht hätte, der sie unterwiesen und zum Sieg geführt hätte. Aber wenn sie dazu aufriefen, ihn nach Hause zu holen, wurden die Worte aus den Videos herausgeschnitten, und niemand hörte die Bitte.
    Eine Zeit lang war die einzige Arbeit auf Eros, nach dem blutigen Ligakrieg aufzuräumen und die Berichte der Sternenschiffe, vormals Kriegsschiffe, entgegenzunehmen, die jetzt die Koloniewelten der Krabbler erkundeten.
    Aber nun war auf Eros mehr los als jemals während des Krieges. Kolonisten wurden hierher gebracht, um sich auf ihre Reisen zu den leeren Krabblerwelten vorzubereiten.
    Ender nahm an der Arbeit teil, soweit er durfte, aber es kam ihnen nicht in den Sinn, dass dieser zwölfjährige Junge für den Frieden genauso begabt sein könnte wie für den Krieg. Doch er war geduldig und lernte, seine Vorschläge durch die wenigen Erwachsenen vorzubringen, die ihm zuhörten und sie als ihre eigenen vortrugen. Es ging ihm nicht darum, den Ruhm einzuheimsen, sondern dass die Arbeit getan wurde.
    Das Einzige, was er nicht ertragen konnte, war die Verehrung der Kolonisten. Er lernte, die Tunnel zu meiden, in denen sie lebten, weil sie ihn stets erkannten – die Welt hatte sich sein Gesicht eingeprägt – und dann kreischten und schrien und ihn umarmten und ihm gratulierten und ihm erzählten, wie jung er doch sei, es bräche ihnen das Herz, und sie würden ihm keine Vorwürfe für irgendeinen seiner Morde machen, weil es nicht seine Schuld sei, schließlich sei er doch nur ein Kind …
    Er versteckte sich vor ihnen, so gut er konnte.
    Einen Kolonisten aber gab es, vor dem er sich nicht verstecken konnte.
    An jenem Tag war er nicht im Inneren von Eros. Er war mit der Fähre zur neuen ISS hinaufgeflogen, wo er gerade lernte, Arbeiten an der Hülle von Sternenschiffen auszuführen; es sei ungehörig für einen Offizier, mechanische Arbeiten zu übernehmen, erklärte Chamrajnagar ihm, aber Ender antwortete, dass das Metier, das er beherrschte, jetzt nicht mehr gefragt und es an der Zeit sei, ein anderes Fach zu lernen.
    Sie teilten ihm über den Helmempfänger mit, dass jemand wartete, um ihn zu sehen, sobald er hereinkommen könne. Ender wollte partout niemand einfallen, den er sehen wollte, und darum beeilte er sich nicht. Er beendete die Installation des Schildes für den Schiffsverkürzer, hakte sich dann zur Stirnseite des Schiffes und zog sich hinauf in die Luftschleuse.
    Sie wartete vor dem Umkleideraum auf ihn. Einen Augenblick lang ärgerte er sich darüber, dass ein Kolonist hierherkam und
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