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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge
Autoren: Erich Kästner
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Schlüssel steckte. Gustav schob das Rad in den Pavillon, schloß die Tür, zog den Schlüssel ab und steckte ihn in die Tasche.
    Die andern Jungen gingen zum Haus zurück. Sie hatten Hunger.
    Pony Hütchen wollte ihnen folgen.
    Gustav fragte: „Wie gefällt dir eigentlich meine Maschine?“ Sie trat noch einmal zum Pavillon, blickte durch die Glaswand und musterte das Rad.
    „Na“, fragte der Junge, „wie gefällt sie dir?“
    „Untermittelprächtig“, erklärte sie. Hierauf schritt sie wie eine Königinmutter von dannen.
    Gustav schaute ihr verdutzt nach. Dann nickte er seinem kleinen Motorrad freudestrahlend zu, sah beleidigt hinter Pony her und sagte zu sich selber: „Is ja alles halb so wichtig.“ Nach dem Abendessen saßen sie noch eine Weile in der Veranda und blickten in den bunt blühenden Garten hinaus.
    „Hat’s geschmeckt?“ fragte Klotilde schließlich neugierig.
    Es herrschte selbstredend nur eine Meinung. Und als Emils Großmutter behauptete, seit ihrer Silbernen Hochzeit kein gelungeneres Beefsteak gegessen zu haben, war Fräulein Seelenbinder geradezu glücklich.

    Während sie, von Pony unterstützt, abräumte, schrieb Emil eine Karte an seine Mutter. Gustav entschloß sich ebenfalls dazu, einen Gruß nach Hause zu schicken und seine glückliche Ankunft zu vermelden. Sie gaben ihre Karten dem kleinen Dienstag, der in der Pension ,Sonnenblick‘ längst von seinen Eltern erwartet wurde. Er versprach, an der Post vorbeizugehen.
    „Aber nicht nur vorbeigehen“, bat Emil. „Steck die Karten lieber in den Kasten!“
    Dienstag verabschiedete sich allerseits und sagte: „Morgen nicht zu spät!“ Dann verschwand er eilig.
    Der Justizrat trat in die Verandatür und betrachtete den Himmel. „Die Sonne ist zwar schon untergegangen“, meinte er.
    „Aber wir müssen dem Meer noch guten Abend sagen, ehe wir in die Klappe gehen.“
    Sie wanderten also durch den dämmrigen Erlenbruch. Nur Klotilde blieb zurück. Sie wollte das Geschirr abwaschen.
    Als der Erlenbruch zu Ende war und die Steigung begann, die zur Düne hinaufführt, von der aus das Meer zu sehen ist, sagte Justizrat Haberland: „Wer die See noch nicht kennt, der trete vor!“
    Emil, Pony und die Großmutter meldeten sich.
    „Wir kommen nach“, erklärte der Justizrat.
    Da hängte sich die Großmutter bei ihren beiden Enkelkindern ein und ging mit ihnen voran. Nach kurzer Zeit standen sie auf dem höchsten Punkt der Düne. Rechts lag das Strandhotel. Vor ihnen erstreckte sich zu beiden Seiten der Strand. Mit all seinen Strandkörben und Wimpeln und Sandburgen.
    Und dort, wo der Strand aufhörte, begann das Meer! Es nahm, wohin man auch blickte, kein Ende. Es lag da, als sei es aus flüssigem Quecksilber. Am Horizont, ganz hinten, fuhr ein Schiff in den Abend hinein. Ein paar Lichter blinkten. Und am Himmel, der von der Sonne, die längst untergegangen war, noch immer rosig widerstrahlte, hing die Mondsichel. 
     

    Die Großmutter und die beiden Kinder standen überwältigt.

    Sie sah noch ganz blaß aus. Als ob sie lange krank gewesen wäre. Und über das pastellfarbene Himmelsgewölbe glitten die ersten Lichtstreifen entfernter Leuchttürme. Weit draußen heulte ein Dampfer. Die Großmutter und die beiden Kinder standen überwältigt. Sie schwiegen und hatten das Empfinden, als ob sie nie im Leben wieder würden reden können.
    Da knirschten hinter ihnen Schritte. Haberlands und Gustav näherten sich behutsam.
    Gustav trat neben Emil. „Das ist ein dolles Ding, was?“ meinte er.
    Emil nickte nur.
    Sie standen stumm nebeneinander und blickten unentwegt aufs Meer.
    Da sagte die Großmutter leise: „Endlich weiß ich, wozu ich so ‘ne alte Schachtel geworden bin.“

FÜNFTES KAPITEL - EIN WIEDERSEHEN IN DER OSTSEE
    Als Klotilde am nächsten Morgen an die Tür klopfen wollte, hinter der die Jungen schliefen, hörte sie Gekicher. „Ihr seid schon wach?“ fragte sie und legte ein Ohr an die Tür.
    „Wach ist gar kein Ausdruck“, rief der Professor und lachte.
    „Wer spricht?“ fragte Gustav streng. „Wer redet mit uns, ohne sich vorzustellen?“
    Das Dienstmädchen rief: „Ich bin’s! Die Klotilde!“
    „Aha“, sagte Emil, „das Fräulein Selbstbinder.“
    „Seelenbinder“, verbesserte Klotilde ärgerlich.
    „Nein, nein“, meinte Gustav. „Selbstbinder gefällt uns besser.
    Wir werden Sie von jetzt ab Selbstbinder nennen. Und wenn Ihnen das nicht paßt, nennen wir Sie Schlips! Verstanden, Fräulein Klotilde
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