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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Ka­ta­stro­phen­sehn­sucht der
schwer­blü­tig-me­ta­phy­sisch träu­men­den, der kom­pro­miß- und all­tags­un­wil­li­gen, der
im­mer so grund­sätz­lich und kaum je prag­ma­ti­schen, sich für groß hal­ten­den
Deut­schen.
    In
dem ein­gangs ge­nann­ten XI. Ka­pi­tel ge­ra­ten die Brü­der Ge­org Kroll, der le­bens­freu­di­ge
Rea­list und Li­be­ra­le, und Hein­rich Kroll, der ver­bis­se­ne Na­tio­na­list und
gläu­bi­ge Re­van­chist – ge­mein­sam In­ha­ber der »Grab­denk­mal­fir­ma Hein­rich Kroll
& Söh­ne« – über den Tot­schlag des Ar­bei­ters bei der Ein­wei­hung des
Krie­ger­denk­mals in Wüstrin­gen in den hef­tigs­ten Streitüber die
All­ge­mein­gül­tig­keit der Hu­ma­ni­tät ei­ner­seits und die na­tio­na­le Fra­ge
an­de­rer­seits. 13 Ge­org be­klagt, daß in Wüstrin­gen »ein Le­ben un­ter­ge­gan­gen«,
»ei­ne Welt für je­mand zer­stört wor­den« ist. Und er fährt fort:
    Je­der
Mord, je­der Tot­schlag ist der ers­te Tot­schlag der Welt. Kain und Abel, im­mer
wie­der! Wenn du und dei­ne Ge­nos­sen das ein­mal be­grei­fen wür­den, gä­be es nicht
so viel Kriegs­ge­schrei auf die­ser an sich ge­seg­ne­ten Er­de!
    Dar­auf
Hein­richs wut­ver­zerr­te Ant­wort:
    Skla­ven
und Knech­te gä­be es dann! Krie­cher vor dem un­mensch­li­chen Ver­trag von
Ver­sail­les!
    Das
gibt Ge­org Ge­le­gen­heit, Hein­rich die ag­gres­si­ven Kriegs­zie­le des Deut­schen
Reichs vor­zu­hal­ten:
    Hät­ten
wir den Krieg ge­won­nen, dann hät­ten wir un­se­re Geg­ner na­tür­lich mit Lie­be und
Ge­schen­ken über­häuft, was? Hast du ver­ges­sen, was du und dei­ne Ge­nos­sen al­les
an­nek­tie­ren woll­ten? Die Ukrai­ne, Brie, Long­wy und das ge­sam­te Erz- und
Koh­len­be­cken Frank­reichs? … Frank­reich soll­te ein Staat drit­ten Ran­ges wer­den,
rie­si­ge Stücke Ruß­lands muß­ten an­nek­tiert wer­den, und al­le Geg­ner hat­ten zu
zah­len und Sach­wer­te ab­zu­lie­fern bis zum Weiß­blu­ten!
    Ab­schlie­ßend
rich­tet sich Ge­orgs gan­ze Em­pö­rung ge­gen die Selbst­ge­rech­tig­keit, das
»Selbst­mit­leid« und das »Ra­che­ge­schrei« der na­tio­na­len »Pha­ri­sä­er«, die nicht
be­reit sind, ein­zu­ste­hen für das, was sie an­ge­rich­tet ha­ben.
    Die­se
an­schei­nend un­be­irr­ba­re Selbst­ge­wiß­heit, die Lud­wig Bod­mer auch im
un­er­schüt­ter­li­chen Glau­ben des Pas­tors Bo­den­diek sieht und die er bei dem kühl
kal­ku­lie­ren­den Wis­sen­schaft­ler und Arzt Wer­ni­cke er­fährt, die­se Art, »recht zu
ha­ben, ist je­des­mal ein Schritt dem To­de nä­her«, wie er sagt. Bod­mer fährt
fort:
    Wer
im­mer recht hat, ist ein schwar­zer Obe­lisk ge­wor­den. 14

II.
    Der »ver­damm­te
Obe­lisk« 15 wur­de »vor 60 Jah­ren bei der Grün­dung des Ge­schäfts« vom
Fir­men­grün­der Hein­rich Kroll ein­ge­kauft, »der Über­lie­fe­rung zu­fol­ge«.14 Da der
Ro­man 1923 spielt, wä­re dies im Jah­re 1863 ge­we­sen. Bis­marck war 1862
preu­ßi­scher Mi­nis­ter­prä­si­dent und et­was spä­ter Au­ßen­mi­nis­ter ge­wor­den. Die ›Blut-
und Ei­sen‹-Pha­se der Grün­dungs­po­li­tik des Deut­schen Reichs be­gann um die­se
Zeit: 1864 – der Dä­ni­sche Krieg, 1866  – der Preu­ßisch-Ös­ter­rei­chi­sche Krieg,
1870-71 – der Deutsch-Fran­zö­si­sche Krieg, und dann die Reichs­grün­dung mit dem
ers­ten deut­schen Reichs­kanz­ler Fürst Ot­to von Bis­marck.
    Die
Grab­denk­mä­ler ste­hen im Hof der Fir­ma Kroll»wie ei­ne Kom­pa­nie«, die an­ge­führt
wird »von dem Obe­lis­ken Ot­to«! 16 Ein Zu­fall der Na­mens­gleich­heit? Wohl kaum.
    Die
al­te Frau Kroll wirft »ab und zu einen weh­mü­ti­gen Blick auf den Obe­lis­ken« –
»das ein­zi­ge,was von den Ein­käu­fen ih­res to­ten Ge­mahls üb­rig­ge­blie­ben ist.« 17
    Was
war, so scheint die Fra­ge des Au­tors zu lau­ten, im In­fla­ti­ons­jahr 1923, im
Elend der Kriegs­fol­gen – auf­ge­zeigt von Re­mar­que ins­be­son­de­re an den Kriegs­krüp­peln
und den bis zum Ver­hun­gern ehr­li­chen ein­fa­chen Leu­ten – üb­rig­ge­blie­ben von
ei­ner Reichs­idee, die dem deut­schen Volk ei­ne Füh­rungs­stel­lung un­ter den
Völ­kern der Welt
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