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Elke im Seewind

Elke im Seewind

Titel: Elke im Seewind
Autoren: Emma Gündel
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Sandfläche, den Kniepsand, gehen.
    „Wie heißt der?“ fragen Lotti und Kat je gleichzeitig. „Kniepsand!“ gibt Elke die Antwort und kneift Katje dabei in den Arm. „Leicht zu behalten!“
    In dem sonnenbeschienenen Kiefernwäldchen duftet es wunderbar warm und würzig nach Harz. Ein Eichhörnchen turnt in dem geduckten Astwerk der vom ständigen Winde niedrig gehaltenen Bäume herum, und ein paar Schritte weiter sitzt ein großer grüner Specht an einem Baumstamm und beklopft ihn nach Insekten. Mit erschrecktem Schrei fliegt er fort, als Ruth vorsichtig ein paar Schritte auf ihn zugeht. Es sieht aus, als wenn ein großer grüner Papagei wegflöge.
    In einer mit Thymian und Katzenpfötchen bewachsenen Sandmulde balgen sich zwei reizende kleine Wildkaninchen. Die Mädel sind ganz begeistert von den possierlichen Geschöpfen, müssen aber hören, daß die Inselbewohner ihnen nachstellen, wo sie können. Es gibt hier sehr viele Kaninchen, sie richten großen Flurschaden an. Schade, meint Elke bedauernd und denkt zurück an ihre Maus Minimax, die kleine niedliche Feldmaus. Die war auch nur ein „Schädling“ und doch so allerliebst. Als sie im Frühling wieder aus der Wohnung weggegangen war, hatte sie richtig Sehnsucht nach ihr gehabt.
    Wenige Minuten später hat der Heideweg, auf dem unsere fünf die ganze Zeit gegangen sind, eine mit scharfkantigen, blaugrünen Gräsern bewachsene kleine Anhöhe erreicht — und das offene Meer wird sichtbar.
    Tiefdunkelblau dehnt es sich hin zum fernen, blaß-blauen Horizont, und vorne, am Strand, überschlagen sich die strahlend weißen Brandungswellen zu schneeigem Schaum. Ganz links in den Dünen, etwa eine halbe Stunde weit weg, steht ein hoher, schwarzer Leuchtturm. Zu diesem Leuchtturm wollen sie später auch noch einmal gehen. Der Leuchtturmwärter und seine Frau sind nette Leute. Sie haben viele Kanarienvögel, es sollen mehr als hundert sein.
    Der Kniepsand sieht von der Anhöhe her ziemlich schmal aus. Die Mädel sind überzeugt, daß sie nie im Leben eine Viertelstunde brauchen werden, um über ihn hinwegzulaufen. Fünf Minuten sind das höchste! Sie ziehen sich Schuhe und Strümpfe aus, und Frau Brunkhorst ist überzeugt, daß es zu einem Wettlauf kommen wird.
    Aber aus dem Wettlauf wird heute nichts. Aus dem einfachen Grunde, weil es auf dem weiten Kniepsand, der an sich ein bißdien langweilig aussieht, so viel zu entdecken gibt. Dort liegt eine lange, wunderhübsche, schwarz-weiße Feder, dort ein großer Haufen von herrlichen Muscheln, großen, kleinen, rosa, weißen, gelblichen und gestreiften, offenen und geschlossenen. Ein Möwenflügel liegt an einer anderen Stelle, Holzbretter gibt es, ganze Kisten, Korkstücke, Haifischeier, Strohumhüllungen von Flaschen, Bambusstöcke und sogar einen ganz wunderbaren, heilen, holländischen Holzpantoffel. Den nimmt Elke sich mit.

    Frau Brunkhorst führt mit Absicht die Kinder an diesem etwas abgelegenen Teil über den Kniepsand. Sie weiß, daß da, wo wenig Menschen hinkommen, immer allerlei zu finden ist, was man schön bei der Einrichtung seiner Strandburg brauchen kann. Elke würde am liebsten auch gleich ein paar Kisten mitschleppen, aber da die anderen finden, man könnte sie sich auch später noch holen, begnügt sie sich mit ihrem Holzpantoffel. Wie mögen all die schönen Sachen aber überhaupt hierhergekommen sein auf die weite Fläche des Kniepsandes? Vom Meer her natürlich, das bei hohen Fluten seine Wogen gelegentlich auch über den Kniepsand hin treibt.
    Lotti läuft hin zu etwas, was sie in einiger Entfernung liegen sieht und was ziemlich groß und weißlich grau aussieht. Da bleibt sie auch schon stehen und winkt und schreit durch die Hand: „Was ganz Entsetzliches!“ Es ist ein Tiergerippe, das sie gefunden hat, ein vollständiges Tiergerippe. Die Knochen sind ganz sauber und ausgebleicht.
    „Ob das ein Hund gewesen ist?“ fragt Ruth mit leisem Schauder.
    „Ausgeschlossen, daß das ein Hund war“, sagt Elke, «Hunde haben keine Füße mit Hufen.’
    „Und die Zähne?’ fragt Frau Brunkhorst. „Ist das ein Hundegebiß?“
    „Auch nicht“, sagt Katje, die jetzt daran denkt, daß voriges Jahr im Sonnenhof ein kleines Schaf gern an dem Ärmel ihres Regenmantels lutschte. Sie beobachtete dabei, daß Schafe vorn im Oberkiefer keine Zähne haben.
    „Es ist ein Schafgerippe!“ sagen Elke und Katje fast gleichzeitig.
    „Ja, das war einmal ein Schaf’, erklärt Frau Brunkhorst. „Wahrscheinlich
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