Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenliebe

Elfenliebe

Titel: Elfenliebe
Autoren: Aprilynne Pike
Vom Netzwerk:
gaffen. Seine Umgebung im Winterpalast war sicher noch viel prächtiger als diese hier.
    Auf der dritten Etage betraten sie einen Flur mit zahlreichen dunklen Kirschholztüren. Auf jeder stand in funkelnden, verschnörkelten Buchstaben ein Name: Mara, Katya, Fawn, Sierra, Sari. Aurora hielt vor einer Tür, auf der unmissverständlich der Name Laurel stand.
    Laurel wurde mulmig, und die Zeit schien zu kriechen,
bis Aurora die Tür öffnete. Lautlos glitt sie über einen dichten cremefarbenen Teppich in einen großen Raum mit einer Wand aus Glas. Die anderen Wände waren vom Boden bis zur Decke mit blassgrünem Satin überzogen. Ein Oberlicht erhellte den halben Raum, und das Licht fiel auf ein riesiges Bett mit einer Seidendecke und hauchfeinen Vorhängen, die so leicht waren, dass sie sich beim leisesten Windhauch von der Tür her kräuselten. Schlichte, doch vollendete Möbelstücke vervollständigten das Zimmer: ein Schreibtisch, ein Stuhl, eine Kommode, ein Kleiderschrank. Laurel trat ein und sah sich um – auf der Suche nach etwas Bekanntem, Vertrautem.
    Es war eines der schönsten Zimmer, die sie je gesehen hatte, aber sie erkannte es nicht wieder. Nicht die leiseste Spur einer Erinnerung regte sich in ihr. Nichts. Eine Welle der Enttäuschung brach über sie herein. Sie versuchte, sie zu verbergen, während sie sich zu Jamison und Aurora umdrehte. »Danke«, sagte sie mit einem Lächeln, das hoffentlich nicht zu steif war. Was machte es schon, wenn sie sich nicht erinnerte? Schließlich war sie jetzt hier – und das war das Wichtigste.
    »Du kannst auspacken und dich frisch machen«, sagte Aurora. Ihr Blick huschte über Laurels Tanktop und die kurzen Jeans. »Hier in der Akademie kannst du anziehen, was du möchtest, allerdings sind die Sachen im Kleiderschrank bestimmt bequemer. Wir haben deine Größe geschätzt – aber wenn du willst, können bis morgen neue Sachen genäht werden. Deine Kniehose … der Stoff sieht aus, als würde er schrecklich scheuern.«

    Aurora versteifte sich bei Jamisons leisem Kichern. »Läute die Glocke, wenn du irgendetwas brauchst«, sagte sie. »Das Personal steht dir zur Verfügung. Du hast eine Stunde Zeit – dann kommt dein erster Lehrer, um mit dem Unterricht zu beginnen.«
    »Heute schon?«, fragte Laurel ein bisschen lauter als beabsichtigt.
    Aurora warf Jamison einen fragenden Blick zu. »Jamison und die Königin selbst haben uns angewiesen, deine Zeit bei uns aufs Beste zu nutzen – sie ist sowieso viel zu kurz.«
    Laurel nickte und war plötzlich aufgeregt. »In Ordnung«, sagte sie. »Ich werde bereit sein.«
    »Dann lasse ich dich jetzt allein«, sagte Aurora, wandte sich zur Tür und sah Jamison an, der jedoch abwinkte. »Ich bleibe noch einen Moment, bevor ich in den Palast zurückgehe.«
    »Natürlich«, erwiderte Aurora, nickte ihm zu und ließ die beiden allein.
    Jamison stand in der Tür und betrachtete das Zimmer. Als Auroras Schritte im Flur verhallten, sagte er: »Ich war nicht mehr hier, seit ich dich vor dreizehn Jahren zu deinen Eltern gebracht habe.« Dann sah er Laurel an. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, so schnell wie möglich mit der Arbeit zu beginnen. Wir haben so wenig Zeit.«
    Laurel schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht – ich habe nur … so viele Fragen.«
    »Die meisten werden noch warten müssen«, sagte Jamison, und ein Lächeln ließ seine Worte sanfter klingen.
»Deine Zeit ist zu kostbar, um sie mit den Sitten und Gebräuchen in Avalon zu verschwenden. Vor dir liegen noch viele Jahre, in denen du all das kennenlernen kannst.«
    Laurel nickte, doch sie war nicht sicher, ob sie wirklich einverstanden war.
    »Außerdem«, fuhr Jamison mit einem verschmitzten Lächeln fort, »wird dein Freund Tamani dir gerne jede Frage beantworten, vorausgesetzt du findest die Zeit dazu.« Damit wandte er sich zum Gehen.
    »Wann sehe ich Euch wieder?«, fragte Laurel.
    »Ich komme, wenn die acht Wochen vorüber sind«, antwortete er. »Und ich sorge dafür, dass wir genügend Zeit haben werden, um noch einiges zu bereden«, versprach er. Dann verabschiedete er sich und zog die Tür hinter sich zu.
    Laurel fühlte sich plötzlich schrecklich einsam. Sie stand in der Mitte des Zimmers, drehte sich im Kreis und versuchte, jedes Detail in sich aufzunehmen. Sie erinnerte sich überhaupt nicht an diesen Ort, doch sie fühlte sich sofort wohl – und nahm das als Bestätigung, dass sich auf einer bestimmten Ebene ihr Geschmack nicht geändert hatte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher