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El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

Titel: El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
Autoren: Malcolm Beith
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auch für die Region, ihre Geschichte und die Bürden des Drogenhandels interessierte, taute er auf. Mitsamt seiner Familie – seiner Mutter, seiner Frau und seinen Kindern, seinem Bruder und einigen Cousins – setzten wir uns zu einem improvisierten Taco-Lunch an seinen schweren Kiefernschreibtisch, wo er mir erläuterte, wie die Stadt funktioniert. Badiraguato geht im Wesentlichen seinen eigenen Geschäften nach, während die Narcos das Gebirge kontrollieren. Obwohl sie rechtlich für die Sicherheit des gesamten, 9000 Quadratkilometer großen Gebietes zuständig sind, verlassen die dreißig aus dem Etat von Badiraguato bezahlten Polizisten nie die Stadt. Niemals.
    Genauso wenig wie die Politiker. Im Speisesaal gegenüber des Bürgermeisterbüros hängen die Porträts seiner Amtsvorgänger, und beim Betrachten kann man den Eindruck gewinnen, dass einige von ihnen tatsächlich wie die nützlichen Idioten aussehen, die eine Parteizentrale einsetzt, um in einer Region Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, in der beides schon längst nicht mehr existiert. Meza Ortiz selbst ist ein sympathischer Mensch, der mit seinen Untergebenen ebenso wie mit seiner Familie eine klare Sprache spricht und keine Unbotmäßigkeiten duldet. Dennoch besteht nicht der geringste Zweifel, dass er entweder mitspielen oder aus dem Amt gejagt werden würde, falls die Narcos andere Saiten aufziehen sollten. Zuletzt hatte Meza Ortiz sich während seines Wahlkampfs in die Berge gewagt. Allem Anschein nach wird es das letzte Mal gewesen sein. Seine Verwaltung müht sich, die Region ein wenig zu fördern und in den entlegenen Winkeln der Sierra wenigstens die grundlegenden Bedürfnisse zu
stillen. Bildung, erklärte er mir, würde die Menschen davon abhalten, sich auf das Drogengeschäft einzulassen. Beschäftigung sei dann der zweite Schritt.
    Außerdem versucht der Bürgermeister, das Bild von Badiraguato, das gern von manchen »Marijuanato« genannt wird, in der Öffentlichkeit zu verändern.
    »Die Realität kann man nicht leugnen, auch nicht unsere Wurzeln … Aber ich habe mein Land und meine Leute stets leidenschaftlich verteidigt. Badiraguato ist nicht so schlecht, wie alle sagen. Hier leben viele Menschen, die voller Hoffnung sind, die jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen. Wer sich dem Drogenhandel verschreibt, tut dies aus schierer Notwendigkeit. Man sollte niemanden dafür verurteilen, wo er geboren wurde.« 19
    Meza Ortiz selbst streitet alle Verbindungen zum Drogengeschäft ab. Einige Bürger Badiraguatos lamentieren aber insgeheim über die Tatsache, dass ihr Bürgermeister, der 650 000 Peso (46 000 US-Dollar) verdient, einen BMW fährt und in einer bewachten und gesicherten zweigeschossigen Villa residiert, die jedem Narco gut zu Gesicht stünde. Und das, obwohl Badiraguato zu den zweihundert ärmsten Gemeinden Mexikos zählt. 20
    Tatsächlich aber ist dafür das Bild, das Badiraguato beim Besucher hinterlässt, einigermaßen surreal. Anstelle der ungepflasterten Wege, der Häuser ohne Fußböden und der verfallenden öffentlichen Gebäude, die in gewisser Weise typisch für die ländlichen mexikanischen Dörfer sind, findet man hier saubere, gut beleuchtete und frisch asphaltierte Straßen, in denen SUVs und andere Luxusfahrzeuge verkehren. Die Mehrzahl der Bürger ist stilvoll und modisch gekleidet, viel zu gut eigentlich für ein verarmtes mexikanisches Bergdorf.
    Im Unterschied zu anderen Dörfern, wo die Einwohner sich zu fast jeder Tages- und Nachtzeit auf den Straßen einfinden, um ein Schwätzchen zu halten oder einfach nur die Zeit totzuschlagen,
sind die Straßen von Badiraguato immer so gut wie ausgestorben. Auf einen Außenstehenden scheint dieser Eindruck einer Geisterstadt eine Folge der Allgegenwart der Narcos zu sein. Meza Ortiz hingegen beharrt darauf, dass die Bürger von Badiraguato lediglich Wert auf ihre Privatsphäre legen und deshalb die meiste Zeit zu Hause verbringen.
    In der gesamten Stadt und ihrer Umgebung gibt es, was die Herkunft des Geldes angeht, wenig Vorbehalte. Chapo und seinesgleichen mögen in den Augen der mexikanischen und der US-amerikanischen Regierung Kriminelle sein, die Einheimischen sind jedoch stolz auf ihre Drogenbosse und folgen einem ungeschriebenen Gesetz der Verschwiegenheit, das häufig mit der Omertà der sizilianischen Cosa Nostra verglichen wird.
    Man lässt es sich sogar nicht nehmen, die Gesetzlosen zu schützen und zu verehren, wie etwa in dem Schrein erkennbar wird, der in
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