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Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Eisenherz - Förg, N: Eisenherz

Titel: Eisenherz - Förg, N: Eisenherz
Autoren: Nicola Förg
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auch gstoßen worden sein. Werden wir erfahren.«
    Gerhard nickte. »Stativ auf die Stirn? Wieso eigentlich ein Stativ?«
    Baier machte eine unwirsche Handbewegung in Richtung eines Mannes. »Herr Putzer, erzählen Sie uns doch bitte, was hier los war. Und vielleicht so, dass wir uns einen Reim darauf machen können.«
    Der Mann sah verzweifelt aus, nein, er war verzweifelt. Seine ganze Körperhaltung war Verzweiflung. Er war der Besitzer des Petersdoms, Peter Putzer, der Mann, der sich durch den Landkreis tanzte. Sein Erfolg strafte die Lügen, die geunkt hatten, dass der gepflegte Gesellschaftstanz längst ausgestorben war. Nein, das hatte Gerhard gelesen, in der Bräuwastlhalle war wieder was los. Jetzt erst recht. Hier war ein Mörder los!
    »Ach Gott!« Putzer riss die Handfläche an die Stirn. Ja, der Mann war Fleisch und Blut gewordene Bewegung und Theatralik. »Der Lutz …«
    »Lutz?«, unterbrach ihn Gerhard.
    »Lutz Lepaysan ist Gesellschaftsfotograf. Er hatte die Bar in den letzten Tage für ein Shooting benutzt. Wir haben ja vor allem am Wochenende geöffnet, und da hab ich ihm die Bar überlassen. Er fand die Location so stimmig, das Setting einfach perfekt für seine Bedürfnisse.«
    Gerhard schickte einen Blick zu Lutz Lepaysan hinüber. Er war teuer gekleidet, zu affektiert für Gerhards Geschmack, und selbst im Tod sah er mit dem gegelten Haar aus wie ein Dandy, der leider nie den Stil eines Dorian Gray erreicht hatte. Soso, für Lepaysans Bedürfnisse. Nun ja, jetzt brauchte der sich über Bedürfnisse keine Gedanken mehr zu machen.
    »Und was waren seine Bedürfnisse?«, fragte Gerhard.
    »Nun, er war ein Stilist, er hatte das Auge. Er war …«
    »Was hat er hier fotografiert?« Gerhard hätte was drum gegeben, einen Landwirt oder einen Bauhofmitarbeiter zu befragen. Menschen, die nur ja oder nein sagten und in kurzen Sätzen sprachen. Menschen, die sich von Fremdwörtern fern hielten. Letztes Jahr schon diese ganze komplizierte Schnitzer- und Passionsspielmeute da in Oberammergau und jetzt ein Stilist auf der Location.
    »Nun, ähm, Mädchen … junge Frauen …«
    »Und die waren wahrscheinlich ziemlich nackt, oder?« Gesellschaftsfotograf, ja, so konnte man es auch formulieren. Gerhard sandte einen vorsichtigen Blick zu Baier hinüber, der zu Boden sah. Gerhard kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er ein allzu deutliches Grinsen verbarg.
    »Ja, aber wie gesagt. Ein Stilist, sehr stilsicher. Kein Dreck. Warten Sie, ich hole Ihnen mal den Kalender von diesem Jahr.«
    Putzer nestelte hinter der Theke und förderte einen Kalender zutage. Ordentlich war der richtige Monat aufgeschlagen. Das Fräulein Juni war blond und sicher eine sehr gute Kundin im Solarium. Sie stemmte ihre Oberweite hoch, um die Taille hatte sie einen Schwimmreifen und stand mit weit gespreizten Beinen in einem Kinderplanschbecken, in dem Plastikfischchen schwammen. Solche für die Badewanne. Nun ja, der Pirelli-Kalender war das nicht gerade. Gerhard sah sich den Aufkleber im oberen Eck an. Aha, überreicht von einer Peißenberger Firma. Er stutzte. Das war ja ein Kalender vom Blauauge, einem Geschäftsmann aus Peißenberg, den Gerhard aus seiner Stammkneipe kannte. Den er bei sich als Blauauge bezeichnete, wegen seiner himmlischen Guckerchen.
    »Den haben Sie von einer Hydraulikfirma hier am Ort?«
    »Ja, aber das hat nichts zu sagen. Lutz hat die Kalender vollendet und vertrieben, und viele Firmen machen dann ihr Label drauf. Das kommt als Weihnachtsgeschenk sehr gut an«, beeilte sich Putzer zu sagen.
    Gerhard schaute sich die üppigen Brüste von Fräulein Juni nochmals an. Doch, das konnte er sich vorstellen.
    »Und was hat er hier nun genau fotografiert?«
    »Lutz hatte immer ein bestimmtes Thema. Jedes Jahr ein neues. Das letzte war Meer und Mehr. Das neue Thema hieß Leben auf dem Lande. Mädchen im Dirndl, in Lederhosen, na, Sie wissen schon.«
    Ja, auch das konnte sich Gerhard vorstellen. Jene Landhaus-Miniaturdirndl, die das Dekolleté hochpressten und das Schamhaar nur unzureichend bedeckten. Oktoberfest-Outfit in der Hardcore-Variante. »Und das Shooting war gestern?«
    »Ja, teilweise gestern und die Tage zuvor.«
    »Und Sie haben nicht überwacht, wann Lutz Lepaysan mit seinen Dirndln das Haus wieder verlassen hat?«, fragte Gerhard.
    »Eben nicht, das ging ja bis in die Nacht hinein. Ich musste gehen. Da habe ich ihn einfach gebeten, abzusperren und mir den Schlüssel heute zu bringen«, sagte
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