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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse.
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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berichtet, Sie würden wieder hier arbeiten.»
    Ich nickte. Larry sah aus, als habe er in Busbahnhöfen geschlafen und sich auf der Herrentoilette gewaschen.
    «Darf ich mich setzen?» fragte er.
    Ich nickte in Richtung des Klientenstuhls. Er setzte sich und strich sich dabei über die Hose, als könne er mit den Händen wieder eine Bügelfalte hineinbringen. Er machte es sich bequem und klopfte sich auf die Brusttaschen.
    «Verdammt, ich hab vergessen, mir welche zu besorgen. Haben Sie was zum Rauchen?»
    Ich schob die Packung über den Schreibtisch, zusammen mit einem Streichholzheftchen, das zwischen die Packung und das Zellophan geschoben war. Er nahm sich eine heraus, zündete sie an und atmete den Rauch ein, als sei es Sauerstoff. Er trug eine beigefarbene, weite Gabardinehose, ein gelbgemustertes, bis zum Hals zugeknöpftes Hemd und ein cremefarbenes, seidenes Tweed- Sakko mit einem Taschentuch in der Farbe eines Tequila Sunrise. Oder zumindest hatte alles ursprünglich so ausgesehen. Jetzt waren die Sachen zerknittert, und auf dem Hemd waren Flecken. Das schicke Taschentüchlein hatte er als Handtuch benutzt und in die Anzugtasche gestopft, so dass nur ein verdrehtes Ende heraushing. Er hatte sich seit mehreren Tagen nicht rasiert, und der Bart, der entstanden war, war unregelmäßig und voller grauer Tupfer. Sein schütter werdendes Haar wirkte fleckig und konnte einen Haarschnitt gebrauchen.
    Er sah, dass ich ihn betrachtete.
    «War ständig auf Achse», sagte er. «Hatte heute noch keine Möglichkeit, mich gründlich zu waschen.»
    Ich nickte. Die Büroflasche stand noch immer da. Er sah sie an, wie eine Kuh die Weide betrachtet.
    «Einen Drink?» fragte ich.

    «Könnte bestimmt einen gebrauchen. Die Sonne hat ihren Zenit schon überschritten, stimmt’s?»
    Ich stand auf und holte das andere Glas aus dem Waschbecken, brachte es ihm und goss uns beiden einen ordentlichen Drink ein. Er griff nach seinem und schlürfte annähernd ein Drittel davon weg, bevor er das Glas auf den Rand meines Schreibtischs stellte. Er ließ es nicht los, saß einfach mit dem auf der Schreibtischplatte stehenden Glas in der Hand da. Ich holte meine Pfeife heraus und begann sie zu stopfen. Er trank ein weiteres Drittel seines Drinks, und als er ihn abstellte, nahm ich die Flasche und schenkte ihm nach. Er sah aus, als wollte er vor Dankbarkeit gleich anfangen zu weinen. Ich hatte meine Pfeife gestopft und angezündet und nahm einen kleinen Schluck Bourbon.
    «Nette Einrichtung haben Sie hier», sagte er.
    «Für Ratten vielleicht. Gibt es irgendetwas, weshalb Sie mich sprechen wollten?»
    «Sie gehen zu hart mit sich ins Gericht. Ist doch ein nettes Büro. Nicht protzig, mag sein, aber das ist ohnehin alles nur Fassade. Sie kennen doch mein Büro. Reicht vollkommen. Schreibtisch, Aktenschrank, was zum Teufel braucht man sonst noch?»
    Er trank noch etwas Bourbon und lehnte sich zurück, während der Alkohol ihn entspannte.
    «Mann, ich kann Ihnen sagen, der kommt aus dem richtigen Fass.»
    Ich wartete. Ich wusste, dass er ein Weilchen herumkaspern würde, aber ich wusste auch, dass er verzweifelt war. Er brauchte mich so nötig, dass er sogar Linda angerufen hatte. Jetzt beugte er sich vor und griff nach meiner Zigarettenschachtel.
    «Stört’s Sie?» fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. Er zündete sich eine an, atmete etwas Rauch ein, nahm einen Schluck Bourbon und stieß dann den Rauch langsam aus.
    «Die Bullen suchen mich immer noch, schätze ich.»
    «Ja, schätze ich auch.»
    «Ich hab diese Kuh nicht umgebracht. Himmel, Sie glauben mir doch, Sie haben mir doch geholfen.»
    «Das lag größtenteils an Angel.»
    «Angel?»
    «Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie zusammen glücklich aussahen. Ich bin völlig vernarrt in glückliche Beziehungen.» «Ja-ah, sieht so aus, als sei bei Ihnen auch nicht alles so richtig gut gelaufen. Ihr Umzug zurück in die Stadt und das alles.»
    Ich paffte meine Pfeife.
    «Sie glauben nicht, dass ich sie getötet habe, oder?»
    «Ich weiß es nicht mehr», sagte ich. «Wie sieht’s mit Lippy aus?»
    «Lippy?»
    «Ja, haben Sie ihn getötet?»
    «Lippy? Lippy ist tot?»
    «Das wussten Sie nicht?» fragte ich.
    «Woher sollte ich das wissen? Ich war seit ungefähr einer Woche nicht mehr in Springs.»
    «Woher wussten Sie, dass er letzte Woche getötet wurde?» fragte ich.
    «Herrgott, wusste ich nicht. Hab’s gerade erst von Ihnen gehört.»
    «Mh mmh», machte ich.
    «Ich habe niemanden
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