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Einfach neugierig

Titel: Einfach neugierig
Autoren: Jude Deveraux
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Anforderungen diente. Dort stand jetzt der riesige, in Weiß und Silber geschmückte Weihnachtsbaum. Alle Angestellten waren stets aufs neue gespannt auf diesen Baum, der jedes Jahr anders dekoriert wurde, aber alljährlich einfach perfekt.
    Karen gefiel der Baum in der Kindertagesstätte allerdings sehr viel besser. Der war knapp anderthalb Meter groß, so daß die Kinder gut an ihn heranreichen konnten, und mit Dingen geschmückt, die die Kinder der Angestellten gebastelt hatten, beispielsweise Buntpapiergirlanden und Maisketten.
    Als sie in Richtung der Kindertagesstätte lief, wurde sie von drei Männern aus der Buchhaltung angehalten, die alberne Papierhüte trugen und offenbar bereits einen über den Durst getrunken hatten. Einen Moment lang versuchten sie Karen zum Mitkommen zu bewegen, erkannten sie dann aber und zogen sich schnell zurück. Schon vor langer Zeit hatte Karen ihren männlichen Kollegen sehr deutlich gemacht, daß sie tabu war - sei das während der Bürozeit oder bei so informellen Anlässen wie dem heutigen.
    Die Kindertagesstätte quoll vor Kindern förmlich über, denn alle Angehörigen der Familie Taggert waren zur Feier erschienen.
    »Eines muß man den Taggerts lassen - fruchtbar sind sie«, hatte Miss Johnson einmal bemerkt und damit alle bis auf Karen zum Lachen gebracht.
    Und sie waren eine sehr nette Familie, gestand sich Karen ein. Nur weil sie McAllister Taggert nicht ausstehen konnte, mußte sie ihre Abneigung nicht auf die gesamte Familie übertragen. Stets waren sie sehr höflich zu jedermann, blieben aber unter sich. Mit so vielen Verwandten hatten sie vermutlich gar keine Zeit für Außenseiter. Als sie sich jetzt das Durcheinander im Spielzimmer betrachtete, hatte sie das Gefühl, überall doppelt zu sehen, denn in der Familie Taggert gab es ungewöhnlich viele Zwillinge.
    Es gab erwachsene Zwillinge, Zwillinge im Krabbelalter und Babys, die einander so ähnlich waren, als wären sie geklont.
    „Karen, du bist eine Masochistin«, rief sie sich zur Ordnung, machte auf dem Absatz kehrt und lief auf den Fahrstuhl zu. Die nach unten fahrende Kabine war leer, und erneut überkam Karen ein Gefühl hilfloser Einsamkeit. Eigentlich hatte sie das Fest mit Ann und Charlie verbringen wollen, aber nun, nach der Geburt des Kindes, würden sie kaum Wert auf die Gesellschaft einer ehemaligen Schwägerin legen.
    In dem Büroraum angekommen, den sie sich mit den anderen Sekretärinnen teilte, wollte Karen ihre Sachen zusammenpacken, um nach Hause zu gehen. Doch dann tippte sie schnell noch zwei Briefe und legte sie in den Ausgangskorb. Sie waren nicht wichtig, aber warum sollte sie sie aufschieben?
    Zwei Stunden später hatte Karen alle Arbeiten erledigt, die auf ihrem Schreibtisch und denen der anderen Sekretärinnen liegengeblieben waren.
    Sie stand auf, streckte sich und griff zu den persönlichen Briefen, die sie für Taggert getippt hatte - in einem ging es um ein Grundstück, das er in Tokio kaufen wollte, der andere war an einen Cousin gerichtet - und ging über den Flur zu seinem Büro. Sie klopfte wie immer, machte sich dann aber bewußt, daß sie allein auf dem Flur war, und öffnete die Tür. Ohne die respektheischende Miss Gresham kam ihr das Allerheiligste ganz merkwürdig vor. Wie eine Löwin wachte die Frau über Taggert und gestattete niemandem, ihm über das unbedingt notwendige Maß hinaus nahezukommen.
    Der Raum war ausschließlich in Weiß und Silber gehalten, genau wie der Weihnachtsbaum - und genauso kalt, dachte Karen. Sie wollte die Briefe gerade auf Miss Greshams Schreibtisch legen, als ihr Blick auf die Doppeltüren zu Taggerts Büro fiel. Soweit sie wußte, hatte noch niemand aus dem Schreibpool einen Schritt über die Schwelle dieses
    Raums gesetzt, und Karen war so neugierig wie jedermann sonst, was sich hinter den Türen verbarg.
    Karen wußte, daß der Wachmann auf seiner Runde hier hereinkommen würde, aber sie hörte ihn von fern mit jemandem sprechen, und wenn er sie ertappte, könnte sie sich immer noch damit herausreden, die Briefe in sein Büro bringen zu sollen.
    Verstohlen öffnete sie die Tür uns spähte hinein. »Hallo? Ist da jemand?« rief sie leise. Vermutlich wäre sie vom Schlag getroffen worden, wenn ihr jemand geantwortet hätte, aber sie wollte nun einmal ganz sicher gehen.
    Sie legte die Briefe auf den Schreibtisch und sah sich um. Sie mußte zugeben, daß er soviel Geschmack besaß, sich einen guten Innenausstatter zu suchen, denn diese
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