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Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung

Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung

Titel: Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung
Autoren: Charles Dickens
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schweigend deutete der Geist auf das Grab herab, vor dem sie standen.
    »Die Wege des Menschen führen zu einem unvermeidlichen Ziel, wenn man auf ihnen beharrt«, sagte Scrooge. »Aber wenn man einen anderen Weg einschlägt, ändert sich das Ziel. Sage, ist dies auch mit dem der Fall, was du mir zeigen wirst?«
    Der Geist blieb so unbeweglich wie bisher.
    Scrooge näherte sich zitternd dem Grab, und als er der Richtung des Fingers folgte, las er auf dem Stein des öden Grabes seinen eigenen Namen: »Ebenezer Scrooge«.

    »Bin ich es, der auf jenem Sterbebett lag?«, rief er und sank in die Knie.
    Der Finger deutete von dem Grabe auf ihn und wieder zurück.
    »Nein, das kann nicht sein, Geist, o nein!«
    Der Finger verharrte wie vorher.
    »Geist«, rief er verzweifelt und packte das Gewand der Erscheinung, »ich bin nicht mehr der Mensch, der ich ehedem war. Ich will ein anderer Mensch werden, als ich vor diesen Tagen war. Warum zeigst du mir das, wenn alle Hoffnung umsonst ist?«
    Zum erstenmal schien jetzt die Hand zu beben.
    »Guter Geist«, fuhr er fort, noch immer auf den Knien liegend, »dein eigenes Gemüt bittet für mich und hat Mitleid mit mir. Gib mir nur die Gewißheit, daß ich durch ein verändertes Leben die Schatten, die du mir gezeigt hast, ändern kann!«
    Die gütige Hand zitterte stärker.
    »Ich will Weihnachten in meinem Herzen ehren und versuchen, stets in seinem Sinn zu leben. Ich will in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft leben. Die Geister von allen dreien sollen mir helfen. Ich will mein Herz ihren Lehren nicht verschließen. Oh, sage mir, ob ich die Schrift auf diesem Steine noch zu tilgen vermag.«
    In seiner Angst griff er nach der gespenstischen Hand. Sie versuchte, sich von ihm loszumachen, aber er war kräftig in seinem Flehen und hielt sie fest. Der Geist, noch stärker, stieß ihn zurück.
    Als Scrooge seine Hände zu einem letzten Flehen um Änderung seines Schicksals emporhob, sah er die Erscheinung sich verändern. Das einhüllende Gewand sank zusammen, der riesige Körper verging in Nebel und schwand schließlich zu einem Bettpfosten zusammen.

Fünftes Kapitel – Das Ende des Liedes
    J a, und es war sein eigener Bettpfosten. Es war sein Bett und sein Zimmer. Und was das Glücklichste und Herrlichste war, die Zukunft war sein, damit er sich bessern könne.
    »Ich will in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft leben«, wiederholte Scrooge, als er aus dem Bett stieg. »Die Geister von allen dreien sollen in mir wirken. Oh, Jakob Marley, der Himmel und die Weihnachtszeit seien dafür gepriesen! Ich rufe es auf meinen Knien, alter Jakob, auf meinen Knien.«
    Er war von seinen guten Vorsätzen so erregt und begeistert, daß seine bebende Stimme ihm kaum gehorchen wollte. Er hatte während seines Ringens mit dem Geiste heftig geweint, und sein Gesicht war noch naß von den Tränen.
    »Sie sind nicht herabgerissen«, rief Scrooge, eine der Bettgardinen an die Brust drückend, »sie sind nicht herabgerissen. Sie sind noch da, ich bin noch da, die Schatten der Dinge, die noch kommen, können vertrieben werden. Ja, ich weiß es sicherlich, ich weiß es.«
    Währenddessen beschäftigten sich seine Hände mit den Kleidungsstücken. Er zog sie verkehrt an, zerriß sie, verlegte sie und machte allerhand Merkwürdiges damit.
    »Ich weiß gar nicht, was ich machen soll«, rief Scrooge in einem Atem weinend und lachend und mit seinen Strümpfen einen wahren Laokoon 1 umwindend. »Ich bin leicht wie eine Feder, glücklich wie ein Engel, lustig wie ein Schulbub, taumelnd wie ein Betrunkener. Fröhliche Weihnachten allen Menschen! Ein glückliches Neujahr der ganzen Welt! Hallo! Hussa! Hallo!«
    Er war in das Wohnzimmer gesprungen und blieb jetzt dort ganz atemlos stehen.
    »Da ist die Schüssel, in der die Grütze war!«, rief Scrooge, indem er um den Kamin herumtanzte. »Da ist die Tür, durch die Jakob Marleys Geist hereinkam, da ist die Ecke, wo der Geist der diesjährigen Weihnachten saß, da ist das Fenster, durch das ich die herumschwirrenden Geister sah! Es ist alles richtig, es ist alles wahr, es ist alles geschehen. Hahaha!«
    Wirklich, für einen Mann, der so lange Jahre daran gar nicht mehr gewohnt war, war es ein treffliches Lachen, ein herrliches Lachen. Der Vater einer langen, langen Reihe herrlicher Gelächter!
    »Ich weiß nicht, welches Datum wir heute haben«, rief Scrooge. »Ich weiß nicht, wie lange ich unter den Geistern gewesen bin. Ich weiß gar
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