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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro
Autoren: Eschbach Andreas
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und Dolby-Surround. Die automatische Steuerung macht deinen Job, und du erlebst wilde Abenteuer. Echt beneidenswert.«
    »Ach was«, murmelte Benedikt. »Ich mach mir bloß ab und zu ein paar Gedanken, das ist alles.«
    »He, du brauchst dich nicht zu verteidigen. Ich find’s okay. Ich würde nur gern wissen, wie das ist, weißt du? Für den Fall, dass mal einer ‘nen automatischen Maschinisten erfindet. Wie läuft das? Immer wenn ein paar Delphine unseren Kurs kreuzen, denke ich, bestimmt bist du die nächste halbe Stunde Käpt’n Ahab auf der Suche nach dem Weißen Wal. Oder die Eisscholle eben, was machst du daraus? Der tapfere Polarforscher Meyerhof, der einen Eisbrecher durchs Packeis steuert?«
    Benedikt musterte die weite, graue Leere jenseits des Bugs, die heranwirbelnden Regenschwaden, die den Blick auf den Horizont nahmen. »Ich mach überhaupt nichts. Ich denk nur darüber nach, was wäre, wenn. Und falls ich dabei glasige Augen krieg, bist du jedenfalls der Einzige, den das stört.«
    »Es stört mich doch nicht, Mann, reg dich ab.« Sven fing an, die Bücher zu befingern, die auf den Karten lagen. »Schätze, man muss sich angucken, was du so nebenbei liest, damit man eine Vorstellung kriegt, was bei dir abgeht.« Er nahm das oberste Buch, das einen lindgrünen Umschlag hatte, der aussah wie eine überdimensionale Dollarnote. »›Eine Billion Dollar‹? Junge, Junge. Mal ehrlich, so dicke Schmöker liest du nicht von vorn bis hinten, oder?« Er legte es beiseite, griff sich das nächste, ein kaum weniger voluminöses weißes Paperback mit zwölf Sternen auf blauem Grund im oberen Eck. »Statistisches Jahrbuch der Europäischen Union«, las er den Titel vor. »Man fasst es nicht.« Er ließ es aufschlagen und blätterte mit dem kleinen Finger der anderen Hand darin, die hauptamtlich mit dem Halten der Cola beschäftigt war. »Heh, das sind ja bloß Zahlen. Echt, nichts als Zahlen, Mann. Warum nimmst du nicht gleich das Hamburger Telefonbuch mit?«
    »Telefonnummern sind keine Zahlen. Zahlen sind interessant. Telefonnummern nicht.«
    »Ich hab Zahlen immer gehasst. Schon in der Schule, das kann ich dir sagen.«
    »Zahlen sind die Grundlage von allem. Eine Menge Übel auf der Welt rührt daher, dass Leute nicht richtig rechnen.«
    Sven ließ das Buch wieder zuschnappen, legte es beiseite und nahm kopfschüttelnd einen Schluck, der die Flasche vollends leerte. »Weißt du, Benedikt«, erklärte er, »du bist ein echt schräger Vogel. Wahrscheinlich kapiert einer wie ich bis ans Ende seiner Tage nicht, wie du tickst.« Er ließ die leere Flasche in den Kasten knallen. »Ich mach Kaffee, willst du auch einen?«
    »Ja, gern.«
    Im Abgang zur Kombüse blieb Sven noch einmal stehen. »Schon komisch, irgendwie«, sagte er. »Wie hier in den letzten Jahren immer wieder diese dünnen Eisschollen auftauchen, meine ich. So weit südlich. Kann mich nicht erinnern, dass es auf dieser Route früher überhaupt je Eis gegeben hat.«
    Damit verschwand er. Benedikt blieb am Steuer stehen und starrte hinaus auf den matschgrauen Ozean.
    »Eben«, murmelte er nach einer Weile. »Ich auch nicht.«

Jean-Marc Ligny
    Bringt die globale Erwärmung Europa die nächste Eiszeit? Jahrelang ist diese Überlegung als pure Science-Fiction belächelt worden – ungefähr wie zuvor die Idee, es könne überhaupt so etwas wie eine globale Erwärmung geben. Doch wie so oft hat die Wirklichkeit die Fantasie schneller eingeholt, als manch einer glaubte. Auf der UN-Klimakonferenz 2003 in Mailand erläuterte der Wissenschaftler Jonathan Bamber von der Universität Bristol seinem Auditorium genau den in der vorangegangenen Geschichte geschilderten Mechanismus. Er prophezeite, dass – sollten die Polkappen infolge der globalen Erwärmung weiter so schmelzen wie in den letzten Jahren – das Wetter in Europa nach einer Übergangszeit von fünf äußerst warmen Jahrzehnten äußerst rasch in Richtung Kälte und Eis umschwenken wird.
    Auch die folgende Erzählung von Jean-Marc Ligny spielt vor dem Hintergrund des Klimawandels. Allerdings ist sie eher in den oben erwähnten warmen Jahrzehnten angesiedelt.
    Jean-Marc Ligny ist eine feste Größe der französischen Science-Fiction. Wenn man jemanden in Frankreich bittet, eine Rangliste der zehn besten französischen Science-Fiction-Autoren aufzustellen, ist sein Name in aller Regel dabei – selbst dann, wenn man die Rangliste auf die besten fünf verkürzt, oder auf die besten drei. 1956 in
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