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Eine Nacht zum Sterben

Eine Nacht zum Sterben

Titel: Eine Nacht zum Sterben
Autoren: Jack Higgins
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»Sie vermuten also, daß ihn jemand im Kanal über Bord geworfen hat?«
    »So ungefähr muß es gewesen sein. Mit diesem nächtlichen Fährverkehr wird eine Menge Geld gemacht, seit das neue Einwanderungsgesetz erlassen ist. Pakistanis, Inder, Westinder und Australier – alles Leute, die auf normalem Weg kein Einreisevisum bekommen, lassen sich die Überfahrt viel Geld kosten.«
    »Da hat neulich so ein Fall in der Zeitung gestanden«, sagte Chavasse. »Die Royal Navy hat vor Felixstowe einen alten Kutter mit zweiunddreißig Pakistanis an Bord aufgebracht. Sie hatten jeder dreihundertfünfzig Pfund für die Überfahrt bezahlt. Kein schlechter Verdienst für den Fährmann.«
    »Das sind Amateure«, sagte Mallory. »Die haben kaum eine Chance. Die Professionellen schöpfen den Rahm ab, die Leute, die organisiert sind. Es gibt da geheime Verbindungen, die sich bis Neapel zurückverfolgen lassen. Die italienische Polizei hat sich um die Sache bemüht und einen sehr aufschlußreichen Bericht über ein Schiff namens Anya geschickt; dieses Schiff befährt regelmäßig die Route Neapel-Marseille unter panamaischer Flagge.«
    Chavasse sah sich die Akte an und ging die Schriftstücke und Fotos durch. Da waren mehrere von Harvey Preston aus den letzten Jahren; eins zeigte ihn vor dem Old Bailey nach seinem Prozeß. Im Arm hielt er seinen jüngeren Bruder. Chavasse überflog die Berichte und sah dann auf.
    »Das ist doch Arbeit für die Polizei. Was haben wir damit zu tun?«
    »Die Spezialabteilung von Scotland Yard hat uns um unsere Hilfe gebeten. Sie meinen, diese Aufgabe sei so schwierig, daß man einen unserer Agenten damit beauftragen müßte.«
    »Als sie uns das letztemal um Hilfe gebeten haben, habe ich sechs Monate in dreien der schlimmsten Löcher von ganz England verbracht«, sagte Chavasse. »Außerdem hätte ich dabei fast ein Bein verloren. Können die Leute denn ihre schmutzige Arbeit nicht allein machen?«
    »Wir haben eine sehr brauchbare Rolle für Sie ausgearbeitet«, sagte Mallory ungerührt. »Sie werden Ihren eigenen Namen benutzen. Sie sind australischer Staatsbürger französischer Herkunft. Sie werden in Sydney wegen bewaffneten Raubüberfalls gesucht.« Er schob einen Schnellhefter über den Tisch. »Da ist alles drin, was Sie brauchen; auch ein Zeitungsartikel, der über den Raubüberfall berichtet. Sie sind natürlich bereit, jeden Preis zu zahlen, um nach England zu kommen, wenn man Ihnen keine dummen Fragen stellt.«
    Chavasse hatte wie immer das Gefühl, als würde eine riesige Welle über ihm zusammenschlagen. »Wann soll ich fahren?«
    »Sie nehmen den Flug nach Rom um 15.30 Uhr vom Londoner Flughafen. Wenn Sie sich beeilen, sind Sie eine Viertelstunde vor Abflug der Maschine am Flughafen. Draußen steht ein Koffer für Sie, fertig gepackt. Sie brauchen sich um nichts weiter zu kümmern.« Er erhob sich und streckte ihm die Hand hin. »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Paul. Und bleiben Sie wie üblich mit uns in Verbindung.«
    Mallory setzte sich wieder, nahm seine Lesebrille und vertiefte sich in eine Akte. Chavasse nahm seinen Schnellhefter unter den Arm und ging. Als er die Tür hinter sich zumachte, grinste er in sich hinein.
    »Was ist denn so lustig?« fragte Jean Frazer.
    Er beugte sich über ihren Tisch und kitzelte sie unter dem Kinn. »Die hübscheste Mieze, die mir über den Weg gelaufen ist, seit ich nicht mehr in Sydney bin«, sagte er in einem ziemlich echt klingenden australischen Slang.
    Sie sah ihn verständnislos an. »Bist du verrückt geworden?«
    Er nahm seinen Koffer und lachte. »Das muß ich wohl, Jean. Ich muß wirklich verrückt sein«, sagte er und ging.
     
     
     

3
     
    Das Mädchen kam aus Indien und war sehr jung – kaum sechzehn Jahre, wenn Chavasse sich nicht täuschte. Sie hatte einen bleichen, makellosen Teint, und der scharlachrote Sari paßte sehr gut zu ihren traurigen braunen Augen. Chavasse hatte sie, seit sie vor zwei Tagen Neapel verlassen hatte, erst einmal gesehen; er nahm an, daß sie beide dasselbe Reiseziel hatten.
    Er stand an der Reling und genoß die salzige Luft, als sie an Deck kam. Sie nickte ihm verlegen zu und klopfte dann an die Tür der Kapitänskajüte. Skiros machte auf. Sein Oberkörper war nackt, und eine Rasur hätte ihm nicht geschadet, aber er lächelte einladend, wobei er noch widerlicher aussah als sonst. Er trat zur Seite.
    Das Mädchen zögerte einen Augenblick und ging dann hinein. Skiros sah zu Chavasse herüber, er
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