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Eine kurze Geschichte von fast allem

Eine kurze Geschichte von fast allem

Titel: Eine kurze Geschichte von fast allem
Autoren: Bill Bryson
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nicht in der Nähe befinden.
    Seit der ersten bekannten Eruption vor 16,5 Millionen Jahren ist er ungefähr 100 Mal ausgebrochen, aber nur über die letzten drei derartigen Ereignisse wird ausführlich geschrieben. Die jüngste Eruption war 1000-mal größer als die des Mount St. Helens, die davor 280-mal größer, und die drittletzte war so groß, dass niemand ihr genaues Ausmaß kennt. Im Vergleich zum St. Helens lag der Faktor bei mindestens 2500, vielleicht aber auch bei 8000.
    Wir kennen absolut nichts Vergleichbares. Der größte Ausbruch in jüngerer Zeit war der des Krakatau in Indonesien im August 1883. Der Knall war neun Tage lang rund um die Erde zu hören, 3 und er erzeugte noch im Ärmelkanal eine Flutwelle. Aber wenn man das Volumen des dabei ausgestoßenen Materials auf die Größe eines Golfballs verkleinern würde, wären die Produkte des größten Yellowstone-Ausbruchs immer noch so groß, dass man sich hinter der Kugel verstecken könnte. Der Mount St. Helens wäre nach diesem Maßstab noch nicht einmal so groß wie eine Erbse.
    Bei dem Yellowstone-Ausbruch vor zwei Millionen Jahren wurde so viel Asche frei, dass sie den gesamten US-Bundesstaat New York 22 Meter hoch oder Kalifornien sechs Meter hoch unter sich begraben hätte. Aus dieser Asche entstanden die Fossillagerstätten, die Mike Voorhies im Osten Nebraskas fand. Die Eruption ereignete sich im heutigen Idaho, aber im Laufe der Jahrmillionen hat sich die Erdkruste mit einer Geschwindigkeit von rund zweieinhalb Zentimetern im Jahr verschoben, sodass die Stelle heute unmittelbar unter dem Nordwesten von Wyoming liegt. (Der Magmaherd selbst bleibt immer am gleichen Ort, wie ein Acetylenschneidbrenner, den man gegen die Zimmerdecke richtet.) Dahinter blieben Ebenen mit fruchtbarem Vulkanboden zurück, der sich ideal für den Kartoffelanbau eignet – das wissen die Bauern von Idaho schon seit langer Zeit.
    Geologen scherzen gern, die Yellowstone-Region werde in weiteren zwei Millionen Jahren die Pommes frites für McDonald’s liefern, und die Bevölkerung von Billings in Montana werde zwischen Geysiren herumlaufen.
    Der Ascheregen der letzten Yellowstone-Eruption bedeckte das Gebiet von 19 heutigen US-Bundesstaaten sowie Teile Kanadas und Mexikos – fast die gesamten Vereinigten Staaten westlich des Mississippi. In diesem Gebiet, das sollte man nicht vergessen, liegt der Brotkorb Amerikas: Hier wächst ungefähr die Hälfte der Weltgetreideproduktion. Und Asche, auch daran sollte man denken, ist kein Schnee, der im nächsten Frühjahr wieder taut. Wenn man danach wieder Getreide anbauen will, muss man einen Ort finden, an den man die ganze Asche bringt. Tausende von Arbeitern waren acht Monate lang damit beschäftigt, 1,8 Milliarden Tonnen Trümmer von dem 65 Hektar großen Gelände des World Trade Center in New York zu beseitigen. Wie lange würde es wohl dauern, Kansas aufzuräumen?
    Und dabei sind die Folgen für das Klima noch nicht einmal berücksichtigt. Der letzte Ausbruch eines Supervulkans war der des Toba auf Sumatra vor 74.000 Jahren. 4 Man weiß nur, dass er riesig war, aber das genaue Ausmaß kennt niemand. Wie man an Eisbohrkernen aus Grönland erkennt, setzte anschließend ein sechsjähriger »Vulkanwinter« ein, und danach war das Pflanzenwachstum wahrscheinlich noch längere Zeit gestört. Dieses Ereignis hätte nach heutiger Kenntnis vermutlich fast zum Aussterben der Menschen geführt – die Weltbevölkerung wurde auf nur noch 1000 Personen dezimiert. Demnach stammen alle heutigen Menschen von einer sehr kleinen Ausgangspopulation ab, und damit haben wir eine Erklärung für unsere geringe genetische Vielfalt. Jedenfalls deuten manche Indizien darauf hin, dass die Gesamtzahl der Menschen während der nachfolgenden 20.000 Jahre nie über einige 1000 hinausging. 5 Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, dass dies nach einem einzigen Vulkanavisbruch eine sehr lange Erholungszeit ist.
    Das alles war bis 1973 eigentlich nur von theoretischem Interesse, aber dann wurde es durch eine seltsame Beobachtung plötzlich sehr konkret: Das Wasser im Yellowstone Lake mitten in dem Nationalpark stieg am Südrand des Sees plötzlich über die Ufer und überschwemmte eine Wiese, während es am anderen Ende auf rätselhafte Weise absank. Bei eiligen Vermessungsarbeiten stellten die Geologen fest, dass sich in einem großen Bereich des Parks eine unheilvolle Ausbeulung gebildet hatte. Das eine Ende des Sees hob sich, sodass das
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