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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)
Autoren: Yuval Noah Harari
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Schluss ziehen, dass ein Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück besteht. Oder anders gesagt, Geld macht glücklich. Mit dieser Methode lässt sich auch ermitteln, ob Menschen in Demokratien glücklicher sind als Menschen in Diktaturen, oder Verheiratete glücklicher als Singles, Geschiedene oder Verwitwete.
    Wenn Historiker das subjektive Wohlbefinden vergangener Epochen ermitteln wollen, könnten sie auf Grundlage dieser Erkenntnisse in der Vergangenheit nach objektiven Größen wie Wohlstand, politischer Freiheit und Scheidungsraten suchen. Wenn Menschen in Demokratien glücklicher sind als in Diktaturen, und wenn Verheiratete glücklicher sind als Geschiedene, dann könnten sie daraus folgern, dass die Demokratisierung der vergangenen Jahrzehnte zum Glück der Menschen beigetragen hat, während die immer größer werdende Zahl der Scheidungen das Gegenteil bewirkt.
    Auch diese Messungen haben ihre Schwächen. Doch ehe wir sie genauer unter die Lupe nehmen, wollen wir uns einige der Beobachtungen ansehen.
    *
    Eine interessante Erkenntnis der Glücksforscher ist, dass Geld tatsächlich glücklich macht. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt: Darüber hinaus hat es kaum noch Auswirkungen auf unser Wohlbefinden. Für Menschen am unteren Ende der wirtschaftlichen Leiter bedeutet mehr Einkommen tatsächlich mehr Zufriedenheit. Eine alleinstehende Mutter, die als Haushaltshilfe 600 Euro im Monat verdient und plötzlich eine Million im Lotto gewinnt, erlebt vermutlich eine deutliche und anhaltende Steigerung ihres subjektiven Wohlbefindens, weil sie sich keine Sorgen mehr machen muss, wo sie das Geld für Essen und Kleider ihrer Kinder hernehmen soll. Aber ein Manager mit einem Monatsgehalt von 20000 Euro, der plötzlich das Doppelte verdient oder zwei Millionen im Lotto gewinnt, wird sich nur ein paar Wochen an dem Zugewinn erfreuen. Untersuchungen zeigen, dass sich das zusätzliche Geld langfristig nicht auf die Zufriedenheit auswirkt, denn der neue Sportwagen, das schicke Penthouse oder die Gourmetrestaurants werden schnell zur Routine.
    Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass Krankheit das subjektive Wohlbefinden zwar kurzfristig beeinträchtigt, aber nur dann langfristiges Leid verursacht, wenn sich der Gesundheitszustand weiter verschlechtert oder die Krankheit mit dauerhaften und starken Schmerzen verbunden ist. Patienten, die unter einer chronischen Krankheit wie Diabetes leiden, sind nach der ersten Diagnose in der Regel für einige Zeit niedergeschlagen, doch wenn sich ihr Zustand nicht verschlechtert, gewöhnen sie sich an ihre neue Lebenssituation und sind nicht weniger glücklich als andere Menschen. Stellen Sie vor, die Zwillinge Lucy und Lukas nehmen an einer Untersuchung zum Lebensglück teil. Auf dem Nachhauseweg aus dem Labor gerät Lucy mit ihrem Auto unter eine Straßenbahn; sie bricht sich einige Knochen und wird ihr Leben lang hinken. Just in dem Moment, in dem sie von der Rettungsmannschaft aus dem Wagen geschnitten wird, kommt Lukas nach Hause und findet im Briefkasten die Nachricht, dass er 10 Millionen im Lotto gewonnen hat. Als die beiden zwei Jahre später an einer Nachfolgeuntersuchung zu ihrem Glücksempfinden teilnehmen – Lukas kommt im Sportwagen, Lucy humpelt –, erzielen beide mehr oder weniger dasselbe Ergebnis wie an jenem ereignisreichen Tag zwei Jahre zuvor.
    Familie und soziales Netz wirken sich deutlich stärker auf unser Wohlbefinden aus als Geld und Gesundheit. Menschen in starken Familien und einem funktionierenden sozialen Netzwerk sind deutlich glücklicher als Menschen in dysfunktionalen Familien und ohne soziales Netzwerk. Besonders wichtig ist die Ehe; Untersuchungen haben wiederholt den Zusammenhang zwischen einer guten Ehe und großer Lebenszufriedenheit beziehungsweise zwischen einer schlechten Ehe und geringer Lebenszufriedenheit aufgezeigt. Dabei hatte das subjektive Empfinden nichts mit den wirtschaftlichen Umständen oder dem Gesundheitszustand der Befragten zu tun. Einem kranken und armen Menschen, der in einer liebevollen Familie und einer fürsorglichen Gemeinschaft lebt, geht es besser als einem entfremdeten Multimillionär, vorausgesetzt, seine Armut ist nicht zu groß und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich nicht stetig.
    Das legt die Vermutung nahe, dass der Zuwachs an Wohlbefinden, der durch die gewaltige Steigerung des materiellen Lebensstandards der letzten beiden Jahrhunderte zustande kam, durch den Zusammenbruch der Familie und der
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