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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt
Autoren: Philip K. Dick
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aus dem Schaugeschä, und das ist fein, wenn man es mag. Ich habe herausgefunden, daß die meisten von ihnen Leute wie alle anderen sind. Sie haben ihre Ängste und sind nicht vollkommen. Einige sind sehr komisch, nicht nur vor der Kamera.«
»Mein Mann pflegte immer zu sagen, ich häe keinen Sinn für Humor«, sagte das Mädchen. »Er fand alles komisch. Er fand es sogar komisch, als er einen Einberufungsbefehl zur Nationalgarde bekam und zwei Jahre als Nazi herumlaufen sollte.«
»Fand er es immer noch komisch, als er entlassen wurde?« fragte Jason.
»Er wurde nie entlassen. Er kam bei einem Überraschungsangriff der Studenten ums Leben. Aber genaugenommen war es nicht ihre Schuld; einer seiner Kameraden schoß ihn aus Versehen über den Haufen.«
Jason nickte verständnisvoll, dann sagte er: »Wieviel wird es kosten, einen kompleen Satz von Ausweispapieren zu machen? Sagen Sie es mir lieber jetzt, ehe Sie mit der Arbeit anfangen.«
»Ich berechne den Leuten, was sie sich leisten können«, sagte Kathy, wieder mit dem Winkelhaken beschäigt. »Ihnen werde ich viel berechnen, weil ich sehe, daß Sie reich sind. Ihr Anzug beweist das, und die Art und Weise, wie Sie Eddy fünundert Dollar gaben, nur damit er Sie hierherbringen sollte. Oder täusche ich mich? Sagen Sie es mir.«
»Ich habe fünausend Dollar bei mir«, antwortete Jason. »Das heißt, minus fünundert. Ich bin ein weltberühmter Unterhalter; neben meiner Fernsehschau trete ich noch in vielen erstklassigen Nachtklubs auf, und mein Terminplan ist immer gedrängt voll.«
Kathy schmalzte mit der Zunge. »Ich wünschte, ich häe von Ihnen gehört; dann könnte ich beeindruckt sein.«
Er lachte.
»Habe ich was Dummes gesagt?« fragte Kathy schüchtern.
»Nein, nein«, sagte Jason. »Kathy, wie alt sind Sie?«
»Neunzehn. Mein Geburtstag ist im Dezember, also bin ich beinahe zwanzig. Für wie alt hielten Sie mich, als Sie hereinkamen?«
»Ungefähr sechzehn«, sagte er.
Sie schmollte. »Das sagen alle«, sagte sie niedergeschlagen. »Es ist, weil ich keinen Busen habe. Wenn ich einen häe, würde ich wie einundzwanzig aussehen. Wie alt sind Sie?« Sie legte den Winkelhaken auf den Schrikasten und betrachtete ihn aufmerksam. »Ich würde sagen, ungefähr fünfzig.«
Zorn wallte in ihm auf. Und Selbstmitleid.
»Sie sehen aus, als fühlten Sie sich verletzt«, sagte Kathy.
»Ich bin zweiundvierzig«, sagte Jason mit gepreßter Stimme.
»Nun, wo liegt da der Unterschied? Ich meine, ob zweiundvierzig oder fünfzig, das ist beides ...«
»Kommen wir zur Sache«, unterbrach Jason sie. »Geben Sie mir Bleisti und Papier, und ich schreibe Ihnen auf, was ich will und was auf den Papieren über mich stehen soll. Diese Papiere müssen genau richtig gemacht werden. Ich hoffe, Sie verstehen Ihr Handwerk.«
»Ich habe Sie wütend gemacht«, sagte Kathy, »indem ich sagte, Sie sähen wie fünfzig aus. Ich glaube, bei näherer Betrachtung kann man das so nicht sagen. Sie sehen eher wie dreißig aus.« Sie reichte ihm Papier und Bleisti und lächelte scheu und entschuldigend.
»Vergessen Sie es«, sagte Jason und klope ihr auf den Rükken.
Kathy entzog sich seiner Hand. »Ich habe es nicht gern, wenn man mich anfaßt.«
Wie ein Reh im Wald, dachte er. Seltsam: sie fürchtet schon die leichteste Berührung, und doch hat sie keine Angst, Dokumente zu fälschen, ein Verbrechen, das ihr zwanzig Jahre Gefängnis einbringen kann. Vielleicht machte sich niemand die Mühe, ihr zu sagen, daß es gegen das Gesetz ist. Vielleicht weiß sie es nicht.
Etwas Helles und Farbiges an der gegenüberliegenden Wand weckte seine Aufmerksamkeit, und er ging hinüber, es zu betrachten. Eine mit Buchmalerei geschmückte mielalterliche Manuskriptseite. Ein Pergament. Er hae von solchen Dingen gelesen, aber noch nie eins mit eigenen Augen gesehen.
»Ist das wertvoll?« fragte er.
»Wenn die Seite echt wäre, wäre sie vielleicht ein paar hundert Dollar wert«, erwiderte Kathy. »Aber sie ist nicht echt; ich machte sie vor Jahren, als ich noch in die Oberschule ging. Ich kopierte das Original zehnmal, ehe ich es richtig hae. Ich mag gute Kalligraphie; das war schon in meiner Kindheit so. Vielleicht hat es damit zu tun, daß mein Vater Schutzumschläge für Bücher entwarf.«
Er sagte nachdenklich: »Könnte man mit diesem Bla die Leute in einem Museum täuschen?«
Kathy blickte ihn aufmerksam und forschend an, dann nickte sie.
»Würde man den Unterschied nicht am Papier erkennen, am Material?«
»Es ist
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