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Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition)

Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition)

Titel: Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition)
Autoren: Arkadi Babtschenko
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Durchschnittslohns im Land erhielten, waren die Kämpfer des Volksaufgebots. Sie behielten während des gesamten Fronteinsatzes Anspruch auf ihren Lohn aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis. Dazu kamen die üblichen Feldzulagen.
    Nach dem gleichen Grundsatz wurden auch die Befehlshaber der Partisaneneinheiten bezahlt. Der Kommandeur einer Einheit bekam nicht weniger als siebenhundertfünfzig Rubel. Sein Vertreter sechshundert Rubel, die Kommandeure von Zügen, Kompanien und Einzelgruppen je fünfhundert. Versteht sich, dass dieses Geld nicht in Säcken vom Flugzeug abgeworfen wurde – es wurde den Familien angewiesen oder nach der Rückkehr ins «große Land» ausgehändigt. Die einfachen Partisanen bekamen auch hier wieder kein Geld.
    ***
    Begreiflicherweise reichte diese «Kriegsbuchhaltung» nicht aus, um den Soldaten auch nur das Existenzminimum zu sichern. Doch der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, dass in einem Krieg wie dem Großen Vaterländischen auch gar kein Geld hätte gezahlt werden können. Damals war der Staat bemüht, seinen Vertrag einzuhalten, auch wenn das nicht obligatorisch war.
    Was man über den Krieg heute nicht sagen kann. Vor dem Hintergrund der Erdöl-Superprofite kann die Armut unserer Soldaten nur zynisch wirken. Und die Behandlung der Familien von Gefallenen ist geradezu kriminell.
    Wie viel musste der Staat seinen Bürgern für den Krieg in Tschetschenien zahlen? Wir rechnen einmal nach.
    Für einen Kriegsmonat sollte der Soldat etwa achthundertfünfzig Rubel Kampfzulage erhalten. Ein Regiment hat circa zweitausend Mann – wir rechnen sie alle als Soldaten, auch wenn den Offizieren vierzig Prozent mehr zusteht. Das macht 850 mal 12 mal 2000 gleich 20  Millionen und 400 000  Rubel pro Kriegsjahr. Das ist nur die Kampfzulage eines einzigen Regiments. In den zwei Kriegen sind siebenundachtzig Regimenter in Tschetschenien gewesen. Für zehn Jahre ergibt sich daraus ein Betrag von 1  Milliarde und 787  Millionen Rubel.
    Dies ohne Berücksichtigung von Gebirgs- und Feldzulagen, Dienstreise- und Kinderbeihilfen, Sold und anderes. Ohne Berücksichtigung dessen, dass jedem Wehrpflichtigen – unabhängig davon, ob verwundet oder nicht – ein einmaliger Sanatoriumsaufenthalt zur psychologischen Rehabilitation zusteht. (Mein Regiment zum Beispiel bekam insgesamt nur fünf Überweisungen. Und noch nach drei Jahren suchte mich ein Ermittler auf und befragte mich als Zeugen zur Unterschlagung von vier Millionen Rubel, die dem Regiment für Sanatorien- und Kuraufenthalte zugewiesen worden waren. In der Liste der Empfänger steht auch mein Name. Vielleicht kriege ich es ja noch erstattet?) Reiseschecks – das sind weitere fünfhundert Rubel pro Mann. Insgesamt waren in den zehn Jahren etwa eine Million Wehrpflichtige in Tschetschenien.
    Weiter. Glaubt man den Angaben in einer der Verwaltungen des Verteidigungsministeriums, wurden in Tschetschenien mehr als siebentausend Wehrpflichtige getötet. Für den Tod eines Soldaten wird eine einmalige Beihilfe von hundert Monatssolden plus Zulagen gezahlt (mein Sold als Sergeant betrug im Jahr 2000 etwa achthundert Rubel, mit allen Zulagen ergibt das eine Gefallenenbeihilfe in Höhe von 120 000 ). 120 000 mal 7000 ergibt 840  Millionen Rubel.
    Nach denselben Angaben beliefen sich die Sanitätsverluste auf mehr als 50 000  Mann. Für eine Verwundung zahlt der Staat fünfundzwanzig Solde (etwa 25 000  Rubel). 50 000  Mann mal 25 000  Rubel ergibt 1  Milliarde 250  Millionen Rubel.
    Summiert und in Dollar umgerechnet erhalten wir: 2  Milliarden 356  Millionen. Die Zahl kann nicht exakt sein, versteht sich, doch die Größenordnung wird stimmen.
    Das ist nur das, was der Staat an Kampfzulagen und Kompensationen zu zahlen hatte. Nicht berücksichtigt sind dabei die Behandlung und medizinische Versorgung von Invaliden, Medikamente, Prothesen, Iljazarow-Apparate, Rollstühle, Auffahrtsrampen in Wohnungen, Bussen und U-Bahnen, Nierentransplantationen und die Wohnraumversorgung. Nicht berücksichtigt sind die Grabsteine (die
Nowaja Gazeta
hat darüber berichtet, dass in Nizhnij Nowgorod Plastikgrabsteine für Gefallene aufgestellt werden), Särge, Leichentransporte, militärische Ehrungen und der Salut. Was übrigens auch nicht billig ist – ein Schuss aus der Kalaschnikoff kostet einen Dollar. Eine Salve von sieben Mann einundzwanzig Dollar. Ein Salut würde 147 000  Dollar kosten. Des Weiteren sind nicht berücksichtigt die Suche und
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