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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Maryla Krüger
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weiß“, sagte er, und der gewisse Unterton klang erneut mit. „Gute Nacht, Miss Bergman!“
    „Gute Nacht, Professor!“
    Ich legte auf und registrierte erst im Nachhinein, was er gesagt hatte. Wenn Sie sich entschieden haben …
    Anscheinend war sich der Professor ziemlich sicher.
    Ich hatte die halbe Nacht wachgelegen und hin und her überlegt. Auf der einen Seite war Linda, meine beste Freundin seit Kindertagen, die viel Vertrauen in mich gesetzt, die mir Arbeit gegeben hatte und stets mit Rat und Tat an meiner Seite war und der ich nun etwas zurückgeben konnte – Loyalität. Auf der anderen Seite war da ein unentdecktes Gebiet, das es zu erobern galt. Loyalität gegen Abenteuerlust. Und während ich noch all die Dinge aufzählte, die Linda und ich gemeinsam durchgemacht hatten, sah ich mich schon in alten, von Gold, Geschmeide und Gespenstern wimmelnden, unterirdischen Gängen umherkriechen.

Die Highlands
    Daher war es eigentlich nicht weiter verwunderlich, dass ich mich am nächsten Morgen ziemlich müde und mit einem Kaffee in der Hand vor der Anzeigetafel des Flughafens von Edinburgh wiederfand. Inverness also. Zumindest stand dies auf dem Ticket. Ich blickte hoch – Gate zwölf –, drehte mich um mich selbst auf der Suche nach dem fraglichen Terminal, nahm einen Schluck von meinem Kaffee und machte mich auf den Weg in mein erstes vielleicht richtiges Abenteuer.
    Ich hoffte sehr, dass dieser Ryan wusste, wer ich war oder wie ich aussah, denn ich hatte keine Ahnung, an wen ich mich wenden sollte. Doch als ich am Terminal ankam, musste ich zwar zweimal hinsehen – zumal ich ihn so attraktiv nicht in Erinnerung hatte –, doch ja, da stand der Lampenmann an eine Säule gelehnt und blickte mir freundlich lächelnd entgegen.
    „Und ich hatte gedacht, du bist die neue Ethel“, sagte er und reichte mir seine Hand.
    „Nein, tut mir leid. Ich bin nur Jo.“
    „Hi, Jo! Ich bin Ryan. Das sind Finn und Lucas.“
    Was Wasser und Seife doch so alles bewirken können, dachte ich und betrachtete die drei, die nun wie aus dem Ei gepellt vor mir standen. Sie waren alle größer als ich – was nicht weiter schwer war bei meinen knapp einen Meter fünfundsechzig – und ein wenig älter, aber irgendwie strahlten sie etwas Jungenhaftes aus. Ich vermutete, dass dies an ihren Jobs lag, denn ein reifer Erwachsener würde sicher nicht sein Geld mit der Jagd auf Gespenster verdienen.
    Als ich jedoch die Uhr an Ryans Handgelenk entdeckte, staunte ich nicht schlecht. Immerhin schien die Geisterjagd in Schottland doch recht einträglich zu sein.
    „So! Du bist also die mit dem Essay“, meinte Finn kopfnickend. „Nicht schlecht, Kleine! Wie war das noch?“ Er runzelte die Stirn. „Und vom philosophischen Standpunkt aus gesehen, liegt die Vermutung, dass in der Ölstadt Geister umgehen, in der abgeklärten Geschichte des Stadtteils begründet und dem tief in uns verwurzelten Wunsch, Geister der Vergangenheit nicht nur in uns selbst zu finden.“
    „Du kannst mich zitieren“, stellte ich fest.
    „Keine Kunst“, erwiderte Lucas unbeeindruckt. „Finn hat ein fotografisches Gedächtnis. Er ist unsere Rettung, wenn die echten Kameras über den Jordan gehen. Nur mit dem Blitzlicht hapert es noch.“ Lucas blinzelte wie eine geisteskranke Eule, was mich zum Lachen brachte.
    „Ladies und Gentlemen! Gäste des Fluges Neun-Zwei-Vier nach Inverness bitte zum Gate zwölf. Vielen Dank!“, sagte da die Lautsprecherstimme, und Ryan hob den Kopf.
    „Sie machen auf. Hast du alles?“, fragte er.
    „Ja, habe ich.“
    „Dann lasst uns gehen.“
    Der Flug nach Inverness dauerte nur eine Dreiviertelstunde und war wegen des kleinen Fliegers und des böigen Windes alles andere als entspannend, doch schließlich landete das Flugzeug wohlbehalten auf einem knapp bemessenen Rollfeld, und Ryan lächelte erleichtert.
    „Fliegst du nicht gerne?“, fragte ich.
    „So könnte man das auch nennen“, meinte Lucas einen Sitz vor uns. „Eigentlich leidet er mehr unter einer primitiven Phobie gegen alles, was sich nicht über Land fortbewegt.“
    „Schiffe?“, warf ich ein und lachte, als Ryan mir einen Blick zuwarf, den Kopf beinah unmerklich schüttelte und rote Ohren bekam.
    „Seine Lordschaft geht lieber zu Fuß“, erklärte Finn und klang dabei, als hätte er einen Stock im Hintern, doch ich stolperte nicht über den Sarkasmus in seinen Worten, sondern über die Worte selbst.
    „Seine Lordschaft?“, fragte ich leise, doch Ryan
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