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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman
Autoren: Cecelia Ahern
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zurückgekämmt, Wangen und Lippen dezent rot geschminkt, die Hände auf dem Schoß gefaltet und die Beine sittsam an den Knöcheln überkreuzt, wie sie es unter Garantie im Mädchenpensionat gelernt hatte. Reglos saß sie da, ohne Philip anzusehen und wahrscheinlich auch ohne ihm zuzuhören, während sie die Bemühungen meiner Mutter mit den typischen missbilligenden Blicken überwachte.
    Ich schaute an mir herunter und strich mein Kleid glatt.
    »Du siehst toll aus«, sagte Riley, schaute weg und versuchte, mir nicht das Gefühl zu geben, dass er mich nur aufbauen wollte. »Ich glaube, Mum möchte uns etwas mitteilen.«
    »Sie ist nicht unsere richtige Mutter.«
    »Ach, das meinst du doch nicht ernst«, hörte ich eine Stimme hinter mir.
    »Edith!«, rief ich, noch ehe ich mich umdrehte. Edith arbeitete seit dreißig Jahren als Haushälterin bei Mum und Vater. Sie war bei uns, seit ich denken kann, und hatte weit mehr mit unserer Erziehung zu tun als irgendeine der vierzehn Nannys, die unsere Eltern für uns anheuerten. Jetzt hielt sie eine Vase in der einen und einen riesigen Blumenstrauß in der anderen Hand, stellte die Vase ab und streckte mir die Arme entgegen.
    »Oh, Edith, das sind aber schöne Blumen.«
    »Ja, nicht wahr? Ich hab sie heute frisch gekauft, auf diesem neuen Markt unten bei …« Sie unterbrach sich und sah mich argwöhnisch an. »O nein. Kommt nicht in Frage.« Hastig hielt sie die Hand mit den Blumen von mir weg. »Nein, Lucy. Die kannst du nicht haben. Letztes Mal hast du mir schon den Kuchen weggenommen, den ich eigentlich zum Nachtisch gebacken hatte.«
    »Ich weiß, das war falsch, und ich mach es auch bestimmt nie wieder«, erklärte ich ernst und fügte hinzu: »Sie bettelt nämlich ständig, dass ich ihn noch mal mache. Ach komm, Edith, lass sie mich wenigstens anschauen. Sie sind echt wunderschön.« Ich zwinkerte ihr zu.
    Da ergab Edith sich endlich ihrem Schicksal, und ich nahm ihr den Strauß ab.
    »Mum wird sich bestimmt freuen«, sagte ich und grinste.
    Edith musste sich das Lächeln verkneifen. Auch als wir klein waren, war es ihr immer schwergefallen, uns auszuschimpfen. »Du hast verdient, was jetzt auf dich zukommt, mehr kann ich dazu nicht sagen.« Dann verschwand sie in Richtung Küche, und ich war plötzlich so von Grauen erfüllt, dass ich das Gefühl hatte zu platzen. Riley ging voraus nach draußen, und ich stolperte mit meinem Strauß hinter ihm die breiten Stufen hinunter, auf denen ich immer zwei Schritte machen musste, er aber nur einen. Natürlich war er vor mir unten, und Mum strahlte wie ein Feuerwerk, als sie sah, dass ihr kostbarer Sohn auf sie zueilte.
    »Lucy, Schätzchen, die sind ja wunderschön, das wäre doch nicht nötig gewesen«, rief sie dann, so total übertrieben, als hätte man ihr soeben den Titel der Ms World überreicht, und nahm mir die Blumen ab.
    Ich küsste meine Großmutter auf die Wange. Sie nahm es mit einem leichten Kopfnicken zur Kenntnis, rührte sich ansonsten jedoch nicht.
    »Hallo, Lucy.« Philip stand auf und küsste mich auf die Wange.
    »Wir dürfen uns nicht mehr auf diese Weise treffen«, sagte ich leise zu ihm, und er lachte.
    Ich wollte ihn nach den Kindern fragen, hätte ihn fragen
müssen
, aber Philip geht auf solche höflichen Fragen immer viel zu ausführlich ein und lässt sich dann über sämtliche Details aus, die die Kinder gesagt und getan haben, seit ich sie zuletzt gesehen habe. Ich liebte sie wirklich sehr, aber es war mir einfach nicht besonders wichtig, was sie heute Morgen gefrühstückt hatten, auch wenn das ziemlich sicher etwas mit Bio-Mangos und getrockneten Datteln gewesen war.
    »Ich sollte sie ins Wasser stellen«, sagte Mum, die um meinetwillen immer noch – inzwischen übertrieben lang – die Blumen bewunderte.
    »Ich mach das«, rief ich, denn ich erkannte meine Chance, mich eine Weile offiziell zu verdrücken. »Ich hab drinnen die perfekte Vase für den Strauß gesehen.«
    Hinter Mums Rücken schüttelte Riley ungläubig den Kopf.
    »Danke«, sagte Mum, als hätte ich ihr angeboten, ihr bis zu ihrem Lebensende sämtliche Rechnungen zu bezahlen. Dann sah sie mich bewundernd an. »Du siehst anders aus. Hast du was mit deinen Haaren gemacht?«
    Sofort fuhr meine Hand zu meiner kastanienbraunen Mähne. »Äh – ich hab mit nassen Haaren geschlafen.«
    Riley lachte.
    »Oh. Sieht wunderbar aus«, sagte Mum.
    »Davon kriegst du eine Erkältung«, warf meine Großmutter ein.
    »Hab ich aber
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