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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren
Autoren: Jules Verne
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auf eigene Verantwortlichkeit thun, wenn Sie sich zur Ueberfahrt des »Pilgrim« bedienen.
    – Weshalb sagen Sie mir das, Herr Hull? fragte Mrs. Weldon.
    – Weil ich von Ihrem Gemahl hierüber keinen Befehl erhalten habe und eine Brigg-Goëlette Alles in Allem nicht die Garantien einer angenehmen Ueberfahrt bieten kann, wie ein für Passagiere speciell eingerichteter Dampfer.
    – Und wenn mein Mann jetzt hier wäre, erwiderte Mrs. Weldon, glauben Sie, daß er Anstand nehmen würde, sich mit seiner Frau und seinem Kinde auf dem »Pilgrim« einzuschiffen?
    – Nein, Mistreß Weldon, antwortete Kapitän Hull, das glaube ich sicher nicht! So wenig wie ich selbst zögern würde, es zu thun! Der »Pilgrim« ist ein gutes Schiff, wenn er auch heut’ einen traurigen Fischzug hinter sich hat, und ich verlasse mich auf ihn, so gut wie ein Seemann sich auf ein Fahrzeug verlassen kann, das er seit mehreren Jahren selbst commandirt.
    Durch meine vorigen Worte, Mistreß Weldon, wollte ich mich nur von meiner Verantwortlichkeit befreien und Ihnen wiederholen, daß Sie an Bord nicht denjenigen Comfort finden werden, den Sie gewöhnt sind.
    – Wenn es sich nur um etwas Bequemlichkeit mehr oder weniger handelt, Herr Kapitän, entgegnete Mrs. Weldon, so machen Sie sich keine weitere Sorge. Ich gehöre nicht zu den. Passagieren, welche sich unausgesetzt über die Enge der Cabinen und über die Mangelhaftigkeit der Tafel beklagen.«
    Mrs. Weldon’s Augen ruhten einige Augenblicke auf dem kleinen Jack und dann sagte sie:
    »Reisen wir in Gottes Namen ab, Herr Hull!«
    Sofort erging der Befehl zur Lichtung der Anker, die Segel wurden gerichtet und der »Pilgrim« drehte so bei, daß er möglichst schnell offenes Wasser erreichte, und steuerte dann in der Richtung auf Amerika zu.
    Drei Tage nach der Abfahrt aber wurde die Brigg-Goëlette durch starke Ostwinde gezwungen, Backbordhalsen zu setzen, um gegen den Wind aufzukommen.
    So befand sich Kapitän Hull am 2. Februar unter einer höheren Breite, als er beabsichtigt hatte, und etwa in der Lage eines Seemannes, der weit eher das Cap Horn zu umschiffen, als die neue Welt auf der kürzesten Linie zu erreichen sucht.
Fußnoten
    1 Typen: Heuschrecken, Grillen.
     
    2 Typen: Ameisenlöwen, Libellen.
     
    3 Typen: Bienen, Wespen.
     
    4 Typen: Schmetterlinge.
     
    5 Typen: Baumgrillen, Blattläuse.
     
    6 Typen: Maikäfer.
     
    7 Typen: Mücken, Schnaken.
     
    8 Typen: Griffelfüßler.
     
    9 Typen: Käsewürmer.
     
    10 Typen: Zuckerthierchen.
Zweites Capitel.
Dick Sand.
    Das Meer hielt sich im Ganzen freundlich und die Reise ging, von der unausbleiblichen Verzögerung abgesehen, unter recht leidlichen Verhältnissen von statten.
    Mrs. Weldon war am Bord des »Pilgrim« so gut und bequem als möglich untergebracht worden. Weder Oberdeck noch Ruff (auf Segelschiffen häufig ein auf Deck errichtetes Wohnhäuschen für die Mannschaft) befanden sich auf dem Achterdeck. Eine eigentliche Cabine konnte ihr daselbst also nicht angewiesen werden. Sie mußte sich mit dem am Stern des Schiffes gelegenen Zimmerchen des Kapitäns Hull, einer höchst bescheidenen Seemannswohnung, begnügen. Aber es hatte der dringendsten Vorstellungen seitens des Kapitäns bedurft, sie zur Annahme derselben zu bewegen. In diesem engen Raume also hatte sich jetzt Mrs. Weldon mit ihrem Kinde und der alten Nan eingerichtet. Hier nahm sie ihre Mahlzeiten ein in Gesellschaft mit Kapitän Hull und Vetter Benedict, für welch’ Letzteren ein besonderes Zimmerchen vorgerichtet worden war.
    Der Commandant des »Pilgrim« selbst hatte sich in einer Cabine des Wohnraumes für die Mannschaft eingerichtet, eine Cabine, welche von dem zweiten Officier bewohnt gewesen wäre, wenn es einen solchen am Bord des »Pilgrim« gegeben hätte. Die Brigg-Goëlette machte ihre Fahrten aber, wie wir wissen, unter Umständen, welche die Dienstleistung eines zweiten Officiers überflüssig erscheinen ließen.
    Die Mannschaft des »Pilgrim«, lauter gute und solide Seeleute, vereinigte die Gemeinsamkeit der Anschauungen und Gewohnheiten; dieses Jahr machten sie schon die vierte Fischerei-Saison mit einander durch. Als lauter Amerikaner aus dem Westen kannten sie sich schon seit langer Zeit und stammten auch Alle von derselben Küste Kaliforniens her.
    Diese guten Leute benahmen sich sehr zuvorkommend gegen Mrs. Weldon, die Gattin ihres Rheders, für den sie eine unbegrenzte Ergebenheit an den Tag legten. Es erklärte sich das auch durch den
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