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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren
Autoren: Jules Verne
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alle Gliederthiere umfaßt. Das ist zwar im Allgemeinen richtig, aber andererseits hat man sich gewöhnt, diese Bezeichnung in weit eingeschränkterem Sinne zu gebrauchen. Man verwendet sie nämlich nur mit Bezug auf die Insecten, d.h. alle diejenigen Gliederthiere, deren Körper aus drei rundlichen Abtheilungen besteht, welche an ihren Enden zusammenhängen, und welche drei Paar Füße besitzen, weshalb sie auch den Namen »Hexapoden« (Sechsfüßler) erhalten haben.
    Da sich Vetter Benedict also speciell auf das Studium der Gliederthiere dieser Klasse geworfen hatte, war er im eigentlichen Sinne des Wortes ein simpler Entomolog.
    Doch man mache sich hierbei keine falschen Vorstellungen. Die Klasse der Insecten zählt nicht weniger als zehn Ordnungen: Orthopteren, 1 Neuropteren, 2 Hymenopteren, 3 Lepidopteren, 4 Hemipteren, 5 Coleopteren, 6 Dipteren, 7 Rhipipteren, 8 Parasiten, 9 und Thysanuren. 10 .
    Von manchen dieser Ordnungen, z.B. von den Coleopteren, unterscheidet man 30.000, von den Dipteren gar 60.000 Arten; an Objecten für das Studium fehlt es hier also gewiß nicht und der Leser wird zugestehen, daß ein Einzelner hierin schon eine genügende Befriedigung seiner Arbeitslust finden kann.
    Das Leben Vetter Benedict’s war auch wirklich einzig und allein der Entomologie gewidmet.
    Dieser Wissenschaft opferte er alle, alle Stunden – alle ohne Ausnahme, selbst die des Schlafes, denn er träumte unabänderlich nur von »Hexapoden«. Wieviel er Stecknadeln an den Aermeln und den Aufschlägen seines Rockes, dem Futter seines Hutes und an der Weste trug, wäre gar nicht zu zählen gewesen. Kehrte Vetter Benedict von einem Spaziergange zurück, so bildete seine kostbare Kopfbedeckung vorzüglich einen vollen naturhistorischen Schaukasten, so sehr erschien sie äußerlich und im Innern mit durchbohrten Insecten gespickt.
    Der Leser weiß nun so ziemlich Alles über dieses Original, wenn wir höchstens noch hinzufügen, daß ihn eben jene entomologische Leidenschaft veranlaßt hatte, Mr. und Mrs. Weldon nach Neu-Seeland zu begleiten. Dort hatte sich seine Sammlung nun mit einigen seltenen Exemplaren bereichert und man wird es erklärlich finden, daß er so viel als möglich eilte, zurückzukehren, um dieselben in den Kästen seines Cabinets zu San-Francisco geordnet unterzubringen.
    Da Mrs. Weldon und ihr Sohn jetzt mit dem »Pilgrim« nach Amerika zurückkehrten, war also nichts natürlicher, als daß Vetter Benedict sie auf dieser Ueberfahrt begleitete.
    Auf ihn durfte Mrs. Weldon freilich am wenigsten zählen, wenn sie jemals in eine kritische Lage kam. Zum Glück handelte es sich hier ja auch nur um eine Reise, welche während der schönen Jahreszeit keine Schwierigkeiten bietet, und das am Bord eines Schiffes, dessen Kapitän alles Zutrauen verdiente.
    Während der drei Tage, die der »Pilgrim« in Waitemata vor Anker lag, traf Mrs. Weldon ihre Vorbereitungen in größter Eile, da sie die Abfahrt der Brigg-Goëlette nicht verzögern wollte. Die eingebornen Diener, welche sie in ihrer Wohnung in Auckland gehabt, wurden verabschiedet und am 22. Januar schon schiffte sie sich mit ihrem Sohne Jack, dem Vetter Benedict und Nan, der alten Negerin, auf dem »Pilgrim« ein.
    In einer besonderen Kiste schleppte Vetter Benedict seine ganze Sammlung von Insecten mit. In dieser Sammlung figurirten unter Anderem einige Exemplare neuer Staphylinen, das sind gewisse fleischfressende Raubkäfer, welche die Augen über dem Kopfe haben und bis jetzt nur in Neu-Caledonien vorzukommen schienen. Gleichzeitig hatte man ihn auch auf eine gewisse giftige Spinne aufmerksam gemacht, auf den »Katipo« der Maoris, deren Biß für die Eingebornen oft tödtlich ist. Eine Spinne gehört jedoch nicht unter die Ordnung der eigentlichen Insecten, sie zählt zu den Arachniden und erschien demnach in den Augen Vetter Benedict’s werthlos. Er hatte sich also um diese gar nicht gekümmert und als bester Edelstein seiner Sammlung glänzte ein sehenswerther neuseeländischer Staphyline.
    Selbstverständlich hatte Vetter Benedict seine Ladung unter Zeichnung einer starken Prämie sehr hoch versichert, denn ihm dünkte diese werthvoller als der ganze Cargo des »Pilgrim« an Oel und Walfischbarten.
    Als die Anker gelichtet werden sollten und Mrs. Weldon nebst ihren Begleitern sich auf dem Verdeck des »Pilgrim« befand, trat Kapitän Hull an die Dame heran:
    »Ich brauche Ihnen wohl nicht zu erklären, Mistreß Weldon, sagte er zu ihr, daß Sie es
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