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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren
Autoren: Jules Verne
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murmelte das strömende Wasser, das sich an den Grundpfählen brach; darüber aber ertönte das thierische Gebrüll der Kannibalen.
    Hastig holten die Eingebornen ihre Netze heraus. Gelang ihnen das rechtzeitig, so war Aussicht vorhanden, daß das Boot hindurchkommen werde; im anderen Falle mußte es sich in jenen fangen und dann drohte ein gewisser Untergang Allen, die es mit sich führte.
    Binnen einer halben Minute schon schwankte das Boot zwischen die Pfähle hinein. Unerwartet glücklicher Weise gelang es der äußersten Anstrengung jener Wilden, die Netze vollends emporzuziehen.
    Im Vorüberstreifen aber geschah, was Dick Sand befürchtet hatte – die rechte Seite des Fahrzeuges wurde durch Losreißung einigen Laubwerkes stellenweise bloßgelegt.
    Einer der Eingebornen stieß einen Schrei aus. Hatte er zu erkennen vermocht, was diese Laubhütte verdeckte, und wollte er die Anderen darauf aufmerksam machen? Wahrscheinlich.
    Schon waren Dick Sand und die Seinen aber ein gutes Stück weg und in wenig Augenblicken trug sie der Fluß, der hier mehr eine Stromschnelle bildete, so weit, daß sie jenes Pfahldorf ganz aus dem Gesichte verloren.
    »Nach dem linken Ufer! commandirte Dick Sand aus Vorsorge. Das Wasser ist dort wieder schiffbar!
    – Beidrehen nach links!« wiederholte Herkules, indem er mit dem Bootsriemen kräftig einlenkte.
    Dick Sand nahm neben ihm Platz und lugte scharf nach der vom Monde hell erleuchteten Wasserfläche hinaus, doch konnte er nichts Verdächtiges wahrnehmen. Keine Pirogue erschien zu ihrer Verfolgung. Vielleicht besaßen die Wilden eine solche nicht, und auch bei Anbruch des Tages zeigte sich kein Eingeborner weder am Flusse noch an dessen Ufern. Um jedoch ganz sicher zu gehen, hielt sich das Boot beständig nahe dem linken Ufer.
    Während der nächsten vier Tage, vom 11. bis 14. Juli, drängte sich Mrs. Weldon und ihren Gefährten die Beobachtung auf, daß sich der allgemeine Charakter des Landes auffallend verändert hatte. Hier befand man sich nicht mehr in einem öden Lande, sondern mehr in einer eigentlichen Wüste, vergleichbar der von Kalahari, welche Livingstone bei seiner ersten Reise untersuchte. Der dürre Erdboden erinnerte in keiner Weise mehr an die fruchtbaren Landschaften seines höheren Hinterlandes.
    Nur der scheinbar endlose Fluß, der eigentlich den Namen eines Stromes verdiente, da er unmittelbar in den Atlantischen Ocean zu münden schien, setzte seinen Lauf noch fort.
    Die Beschaffung der Nahrung machte in diesem unfruchtbaren Lande besondere Schwierigkeiten. Von den früheren Vorräthen war nichts mehr übrig. Der Fischfang lieferte nur einen geringen, die Jagd fast gar keinen Ertrag. Elennthiere, Antilopen, Pokus und andere Thiere hätten in dieser Wilstenei kein Futter gefunden, und mit ihnen waren gleichzeitig auch die Raubthiere verschwunden.
    Während der Nacht ließ sich jetzt niemals mehr das gewohnte Brüllen hören. Nur das Concert der Frösche unterbrach ihre Stille, ein Concert, das Cameron mit dem Geräusch vergleicht, das etwa bei gleichzeitigem Kalfatern von Schiffen, Festhämmern von Nieten und Bohren von Metallplatten eines Schiffbodens entstände.
    An beiden Ufern erschien die Umgegend flach und baumlos bis zu den entfernten Hügeln, die sie im Osten und Westen begrenzten. Nur Euphorbien gediehen hier noch in Menge, doch keine von den Arten, welche das Cassave-oder Maniocmehl liefern, sondern von jenen, aus denen man nur ein als Nahrungsmittel untaugliches Oel gewinnt.
    Auf jeden Fall mußte indeß für die Ernährung der kleinen Gesellschaft Sorge getragen werden. Dick Sand wußte keinen Rath mehr, als ihn Herkules recht zur gelegenen Zeit daran erinnerte, daß die Eingebornen häufig die zarten Sprossen der Farren und das Mark der Papyrusstengel verzehren. Er selbst war, während er Ibn Hamis’ Karawane durch die Wälder folgte, mehr als einmal auf dieses Auskunftsmittel beschränkt gewesen, um seinen Hunger zu stillen. Zum Glück wucherten Farren und Papyrusstauden längs der Ufergelände und fand vorzüglich das Mark der letzteren seines angenehm süßen Saftes wegen bei Allen – beim kleinen Jack natürlich ganz besonders – den ungetheiltesten Beifall.
    Immerhin bot dasselbe nur eine unzulängliche Nahrung, doch sollte man sich am nächsten Tage, Dank Vetter Benedict, dafür entschädigen.
    Seit der Auffindung des
Hexapodus Benedictus
, der seinen Namen verewigen sollte, hatte der würdige Gelehrte die früheren kleinen Streifzüge
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