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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche
Autoren: Diana Gabaldon
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los?«
    »Waschbär«, antwortete sie knapp und trat einen Schritt zurück, so dass das schwindende Licht von der Tür her den Schaden beleuchten konnte.
    »Er hat sich den Ahornsirup geschnappt? So ein Ärger! Hast du den Schuft erwischt?« Eine Hand an seine Stirn gepresst, betrat Roger gebückt den Vorratsschuppen und sah sich nach pelzigen Tierleichen um.

    Es tröstete sie ein wenig zu sehen, dass ihr Mann sowohl dieselben Prioritäten hatte wie sie als auch die gleiche Entrüstung an den Tag legte.
    »Nein«, sagte sie. »Er hat die Flucht ergriffen. Blutest du? Und wo ist Jem?«
    »Ich glaube nicht«, sagte er. Er zog vorsichtig die Hand von seiner Stirn und sah sie an. »Au. Du hast’ne ordentliche Vorhand, Kleine. Jem ist bei den McGillivrays. Lizzie und Mr. Wemyss haben ihn zu Sengas Verlobungsfeier mitgenommen.«
    »Wirklich? Wen hat sie denn ausgewählt?« Ihre Entrüstung und ihr Bedauern wichen spontan der Neugier. Mit deutscher Gründlichkeit hatte Ute McGillivray die Lebenspartner ihres Sohnes und ihrer drei Töchter sorgsam nach ihren eigenen Kriterien ausgesucht – wobei Land, Geld und Respektabilität am meisten zählten und Alter, Aussehen und Charme ziemlich am Ende der Liste standen. Es war kaum überraschend, dass ihre Kinder andere Pläne hatten – doch Utes Charakter war eine solche Naturgewalt, dass sowohl Inge als auch Hilde Männer geheiratet hatten, die ihren Vorstellungen entsprachen.
    Senga jedoch war die Tochter ihrer Mutter – was bedeutete, dass sie ähnlich feste Überzeugungen besaß und einen ähnlichen Mangel an Zurückhaltung, wenn es darum ging, diese auszudrücken. Seit Monaten schwankte sie schon zwischen zwei Freiern: Heinrich Strasse, einem schneidigen, aber armen jungen Mann – und dazu Lutheraner! – aus Bethania, und Ronnie Sinclair, dem Küfer. Ein wohlhabender Mann, gemessen am Standard von Fraser’s Ridge, und für Ute stellte die Tatsache, dass er dreißig Jahre älter war als Senga, kein Hindernis dar.
    Senga McGillivrays Eheschließung war in den letzten Monaten Gegenstand heftigster Spekulationen in Fraser’s Ridge gewesen, und Brianna wusste von mehreren substantiellen Wetten, die auf ihren Ausgang abgeschlossen worden waren.
    »Also, wer ist der Glückliche?«, wiederholte sie.
    »Mrs. Bug weiß es nicht, und es treibt sie zum Wahnsinn«, erwiderte Roger und grinste breit. »Manfred McGillivray hat sie gestern Morgen abgeholt, aber Mrs. Bug war noch nicht im Haus, also hat Lizzie eine Notiz an die Hintertür geheftet, auf der stand, wohin sie gegangen waren – aber sie hat nicht daran gedacht zu erwähnen, wer der glückliche Bräutigam ist.«
    Brianna warf einen Blick auf die sinkende Sonne, deren Scheibe selbst bereits aus dem Sichtfeld gesunken war, wenn auch die Strahlen, die zwischen den Kastanien hindurchfielen, den Hof noch erleuchteten und das Frühlingsgras wie dicken, weichen Smaragdsamt wirken ließen.
    »Dann müssen wir wohl bis morgen warten, bevor wir es herausfinden«, sagte sie bedauernd. Bis zu den McGillivrays waren es gut fünf Meilen; es würde lange dunkel sein, bevor sie dort ankamen, und selbst nach der Schneeschmelze wanderte man nachts nicht ohne guten Grund in den Bergen
umher – oder zumindest nicht, wenn man keinen besseren Grund hatte als bloße Neugier.
    »Aye. Möchtest du im Haupthaus zu Abend essen? Major MacDonald ist da.«
    »Oh, der.« Sie überlegte einen Moment. Sie hätte gern gehört, was für Neuigkeiten der Major mitbrachte – und es hatte seinen Reiz, wenn Mrs. Bug das Essen machte. Andererseits war ihr nach zwei trostlosen Tagen, einem langen Ritt und dem Überfall auf ihre Vorratskammer nicht nach Geselligkeit zumute.
    Ihr wurde bewusst, dass Roger es sorgfältig vermied, seine eigene Meinung beizusteuern. Mit einem Arm gegen das Regal gelehnt, auf dem der schrumpfende Vorrat an Winteräpfeln ausgebreitet lag, liebkoste er beiläufig eine der Früchte und strich ihr mit dem Zeigefinger langsam über die runde gelbe Wange. Er sandte schwache, vertraute Vibrationen aus, die lautlos andeuteten, dass ein Abend zu Hause seine Vorteile haben könnte, ohne Eltern, Bekannte – oder das Baby.
    Sie lächelte Roger an.
    »Was macht dein armer Kopf?«
    Er musterte sie kurz, und die verblassenden Sonnenstrahlen vergoldeten seinen Nasenrücken und ließen seine Augen grün aufblitzen. Er räusperte sich.
    »Du könntest ihn vielleicht küssen«, schlug er zögerlich vor. »Wenn dir danach wäre.«
    Sie stellte sich
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