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Ein frivoler Plan

Ein frivoler Plan

Titel: Ein frivoler Plan
Autoren: Bronwyn Scott
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abscheulich wie eine Heirat mit Oswalt. Es war grässlich, sich die Konsequenzen ihrer Entscheidung vorzustellen. Wenn sie sich dafür entschied davonzulaufen, würde sie vor mehr als nur vor Oswalt fliehen. Sie würde für immer aus der Gesellschaft ausgestoßen sein. Niemand wollte mit einer Frau Umgang pflegen, die das getan hatte, was sie jetzt erwog. In ihrer Zukunft würde es keinen Ehemann und keine Kinder geben. Ihre Familie würde nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Danach wäre sie unwiderruflich auf sich gestellt.
    Sie würde frei sein. Ganz sich selbst überlassen.
    Julia setzte sich auf das Bett und war einen Moment lang überrascht von dieser Entdeckung. Freiheit war plötzlich sehr teuer. Freiheit würde mehr kosten als eine peinliche Situation in einem Bordell und eine unangenehme Auseinandersetzung mit ihrem Onkel. Das wäre in einer Woche vorüber. Aber sie würde für den Rest ihres Lebens dafür bezahlen müssen.
    Ebenso wäre ihr Leben, wie sie es bisher kannte, mit Oswalt vorüber. Wofür auch immer sie sich entschied, mit Sicherheit würde sich in dieser Woche alles verändern. Sie stand an einem Scheideweg, ob sie das nun wollte oder nicht. Sie wünschte, ihr Cousin Gray wäre hier, damit sie es mit ihm besprechen konnte. Doch Julia vermutete, dass sie sich am besten daran gewöhnte, allein zu sein und nur sich selbst zu vertrauen. So würde ihr Leben von nun an immer sein. Vielleicht war dieser Tag der letzte, an dem sie über ihr Schicksal entscheiden konnte. Konnte sie ihren eigenen Fähigkeiten vertrauen und ihren eigenen Weg gehen, oder müsste sie sich in Oswalts Hände begeben?
    Wollte sie sich lieber dem Schicksal fügen, dessen Richtung sie schon kannte? Nein. Nicht dieses Mal. Sie würde ihren Mut zusammennehmen und ihr Leben selbst in die Hand nehmen.
    Julia biss sich auf die Lippe. Plötzlich fühlte sie sich sehr verängstigt und begann, die einzige Möglichkeit zu durchdenken, die sich ihr bot. Es musste die Auktion sein. Vor ihrem inneren Auge begann ein Plan Gestalt anzunehmen.
    Sie würde ihre Tante und ihren Onkel davon überzeugen, dass sie einverstanden war und froh über die Entscheidung, die sie für sie getroffen hatten. Dann würde sie die Kutsche rufen und ihnen beiden sagen, dass sie die gute Nachricht über ihre Verlobung ihrer Freundin Elise Farraday erzählen wollte.
    Aber zuerst musste sie sehen, wie das Wetter war.
    Julia zog den Vorhang am Fenster zurück und warf einen Blick nach draußen. Der Frühnebel verzog sich, und der blaue Himmel eines Spätfrühlingstages zeigte sich. Es war glaubhaft, dass sie ein paar Straßen zu früh die Kutsche verlassen würde, um ein Stück zu Fuß zu gehen und den schönen Tag zu genießen. Dann könnte sie fliehen, durch den Covent Garden gehen und von dort in die besseren Bordelle Londons gelangen, wo sie ihren Plan durchführen wollte. Bis zum Morgen wäre sie entehrt.
    Von einem Fremden.
    Unter peinlichen Umständen.
    Ohne irgendeine Hoffnung auf ein Zurück.
    Es war ein Plan.
    Es war ihre einzige Chance.
    Ihre einzige?
    Das Wort erschreckte Julia. Eine ihrer Regeln lautete, nicht in Entweder-Oder-Kategorien zu denken. Das Leben war zu kompliziert, um es in schlichtes Schwarz oder Weiß einzuteilen, in ja und nein, richtig und falsch, tun oder lassen.
    Gab es einen anderen Weg? Eine ebenso sichere, aber weniger öffentliche Möglichkeit? Julia fühlte sich feige, das auch nur zu erwägen, aber vielleicht gab es einen Weg, sich ruinieren zu lassen und sich dennoch vor der Entdeckung zu schützen, bis sie gezwungen war, die Wahrheit im Zusammenhang mit dem Vertrag ihres Onkels zu offenbaren. Sollte dies der Fall sein, so wäre ihr das lieber im Vergleich zu einer öffentlichen Zurschaustellung bei einer Auktion. Es blieb das Risiko, dass jemand sie erkannte, das Risiko, entdeckt zu werden, ehe die Tat vollbracht war. Wie ein Funke erwachte ein neuer Plan in ihrem Hinterkopf zum Leben und verschaffte sich Gehör.
    Ein anderer Weg.
    Ein anderer Mann.
    Keiner der jungen Burschen, die sie als Debütantin umschwärmt hatten, kam dafür infrage. Wie von selbst erschien vor ihrem inneren Auge sehr verschwommen das Bild eines Mannes, dem sie einmal begegnet war – kennengelernt wäre zu viel gesagt, denn sie hatte ihn nur aus der Ferne gesehen, in einem überfüllten Ballsaal an einem ihrer ersten Abende in London. Doch man hatte über seine Anwesenheit geflüstert, und viele Mütter fühlten sich genötigt, ihre sittsamen
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