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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen
Autoren: P Mayle
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einen Raub auf Bestellung handeln, eine Auftragsarbeit, geplant und finanziert von Gott weiß wem, wahrscheinlich einem fanatischen Sammler. In diesem Fall musste sie nur nach einem Weinkenner mit kriminellen Neigungen Ausschau halten. Ein Kinderspiel. Es konnte nicht mehr als ein paar Tausend geben, in aller Welt verstreut.

    Sie brauchten einen Spürhund, wie Frank gesagt hatte. Aber es musste ein Spürhund sein, der sich von anderen seiner Gattung unterschied: ein Spürhund mit Vorstellungsvermögen und unkonventionellen Kontakten, der idealerweise über Erfahrungen aus erster Hand mit der Arbeitsweise von Kriminellen verfügte.
    Während Elena angestrengt überlegte, blätterte sie in ihrer Rolodex. Bei dem Buchstaben L hielt sie inne. Seufzend musterte sie den Namen auf der Karteikarte. Kein Zweifel, er wäre der richtige Mann für diesen Fall. Aber wollte sie wirklich wieder Kontakt zu ihm aufnehmen? Dieses Mal halte ich ihn auf Armeslänge und die Beziehung auf rein geschäftlicher Ebene, schwor sie sich, als sie ihrer Sekretärin per Gegensprechanlage den Auftrag erteilte:
    »Seien Sie so nett, und stellen Sie mir eine Verbindung zu Sam Levitt her, ja? Er hält sich im Chateau Marmont auf.«
     
    Sam Levitts Lebenslauf hätte eine ungewöhnliche Lektüre abgegeben, wenn er jemals töricht genug gewesen wäre, einen zu verfassen.
    Irgendwann im Laufe seines Jurastudiums hatte er sich die bange Frage gestellt, wovon er später eigentlich sein Studentendarlehen zurückzahlen sollte. Und genau da hatte er ein lebhaftes Interesse an finanziell lukrativen Straftaten entwickelt. Doch da er ein im Sternzeichen der Waage geborener Mensch war, fand er den Gedanken an Gewaltverbrechen alles andere als verlockend. Zu primitiv, zu schwerfällig und viel zu gefährlich. Ungleich mehr faszinierte es ihn, wenn jemand seine Intelligenz als einzige Waffe einsetzte, das Gesetz auszutricksen. Köpfchen statt Knarre.
    Wie nicht anders zu erwarten bei einem jungen Mann, der die Beschäftigung mit gewaltfreien kriminellen Aktivitäten
zur beruflichen Laufbahn seiner Wahl erkoren hatte, trat er in die Welt des Körperschaftsrechts ein. Er arbeitete bis zum Umfallen und verdiente sich eine goldene Nase. Dank der unabweisbaren Verpflichtung, die Beziehung zu Mandanten zu pflegen und ihnen nur das Beste zu bieten, entwickelte er einen Hang zu gutem Essen und edlen Weinen. Der einzige Wermutstropfen war ein gewisses Unbehagen, das mit jedem Jahr schlimmer wurde: Überdruss, hervorgerufen durch ebenjene Mandanten. Er sah sich umringt von abgestumpften Männern, die infolge ihrer unersättlichen Gier und unbeschreiblichen Kompetenz ein Vermögen erworben hatten und entschlossen waren, es stetig zu mehren – indem sie am Altar der Aktienkurse beteten. Levitt fand sie zunehmend langweilig und stellte fest, dass er seine Abneigung gegen ihre Welt kaum mehr verbergen konnte.
    Ein Wochenende des besinnlichen Rückzugs aus dem Alltag, das mit einer Verbrüderungsorgie auf Topmanagementebene endete, brachte das Fass zum Überlaufen, hinterließ nicht nur einen furchtbaren Kater, sondern auch eine ernst zu nehmende Depression. Einem Impuls folgend, kündigte er und sah sich nach einem neuen Betätigungsfeld im Bereich krimineller Aktivitäten um, die geradliniger und in gewisser Hinsicht ehrlicher waren. »Allzeit bereit« lautete seine neue Devise, vorausgesetzt, es waren weder Schusswaffen noch Drogen im Spiel.
    An dieser Stelle geizte Levitts imaginärer Lebenslauf mit Einzelheiten und wurde ein wenig verschwommen. Er verbrachte einige Zeit in Russland und machte sich mit bestimmten Regionen in Südamerika und Afrika vertraut. Später bezeichnete er dieses Intermezzo als seine Import-/ Export-Periode, hektische Jahre, die durch kolossale Risiken und gleichermaßen kolossale Belohnungen gekennzeichnet
waren. Sie endeten mit einem kurzen, wenngleich unvergesslichen, da unerfreulichen, Aufenthalt in einem kongolesischen Gefängnis, der ihn drei angeknackste Rippen, eine gebrochene Nase und ein beträchtliches Schmiergeld kostete, bis er seine Entlassung erwirkte. Diese unliebsame Erfahrung bewog ihn zu der Überlegung, dass der Zeitpunkt gekommen sein könnte, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und abermals umzusatteln. Wie viele Amerikaner vor ihm, die Raum und Zeit brauchen, um die wichtigen Entscheidungen des Lebens in Ruhe zu überdenken, begab er sich nach Paris.
    Die ersten Wochen verbrachte er damit, angesichts der Entbehrungen in
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