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Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan

Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan

Titel: Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
Autoren: Kurt Krömer
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Usbekistan in einem klimatisierten Container in einem Militärcamp auf einem Flughafen aufgewacht ist und nach dem Frühstück nach Afghanistan fliegen wird?
    Dann lacht man kurz, denkt sich: Was bist du für ein Schwachkopf! Und dann schlägt man die Augen auf, um zu sehen, dass man irgendwo in Usbekistan in einem klimatisierten Container in einem Militärcamp auf einem Flughafen aufgewacht ist und nach dem Frühstück nach Afghanistan fliegen wird!

    Na dann mal los. Ich mache mich auf zum Körperpflegecontainer. Auf dem Weg dorthin werfe ich einen Blick auf meine Klamotten von gestern, die gleichzeitig auch die einzigen zur Verfügung stehenden Klamotten für heute sind. In diesem Moment beschließt man, dass Sprühen das neue Duschen ist, putzt sich nur die Zähne und deodorisiert den Rest.

    Aprilfrischgesprüht mache ich mich auf den Weg zum Frühstückssaal.
    Es ist morgens schon recht warm. Ich schwitze meine Klamotten bereits auf dem Weg zum Frühstückssaal ein. Dort ist direkt am Eingang eine ganze Reihe mit Waschbecken aufgestellt. Das ist mir gestern schon aufgefallen. Hygiene wird hier ganz großgeschrieben.
    Mein Frühstück besteht aus frischem Rührei, frischen Brötchen und frischem Obst. Damit rangiert die Bundeswehr, was das Frühstück angeht, schon über der Hälfte aller Hotelketten.
    An einem Tisch sitzt mein Realisator Tankred und unterhält sich mit einem Oberstleutnant. Der Oberstleutnant gehört zu den Pionieren. Er will alles über unsere Reise und meine Auftritte wissen und fragt uns dann, was die Menschen in unserem Umfeld über unsere Reise so gesagt haben.
    Ich erzähle ihm, dass ich vor meiner Abreise nach Afghanistan deutlich gespürt habe, dass man von Leuten anders als sonst verabschiedet worden ist. Mein Steuerberater zum Beispiel hat mich beim letzten Treffen in den Arm genommen und mich fest gedrückt. Die Leute haben einen behandelt, als ob man schon tot wäre. Das ist hier wohl das erste Vorurteil, das man abbauen kann. Man wird nicht sofort erschossen, sobald man afghanischen Boden betritt. Es ist ein Kriegsgebiet, von daher nicht ungefährlich, aber man steht hier auch nicht unter ständigem Beschuss.

    Der Oberstleutnant weist uns noch darauf hin, dass gleich als Nächstes der Flug mit der Transall von Termez nach Mazar-e Sharif ansteht, von da aus würde es dann mit Fahrzeugen in das erste Camp nach Kabul weitergehen. Er sagt, das Phantasialand sei ein feuchter Schiss gegen so einen Flug mit einer Transall.
    Wir verabschieden uns von ihm und rauchen vor dem Gebäude die ersten drei Zigaretten des Tages. Tankred, der in Köln lebt, schaut mich an und sagt Et hätt noch immer jot jejange!
    Ich lächle und erinnere ihn nicht an das Kölner Stadtarchiv und den U-Bahn-Bau.

    Wir stehen mit gepackten Taschen zwischen dem Körperpflege- und dem Schlafcontainer neben einem Oberstleutnant. Er hat einen Militärrucksack und ich eine braune Ledertasche. In meiner Ledertasche sind alle meine wichtigen Dokumente. Zum Beispiel mein Programm und der Drehplan für die nächsten Tage. Der Herr Oberstleutnant ist der Kommandeur eines Nachschubbataillons in Mazar-e Sharif. Da fliegt er immer mal wieder hin, um nach seinen Jungs zu schauen, wie er sagt. Ist quasi so eine Art Dienstreise, sagt er, die er ein- bis zweimal im Monat macht. Der Herr Oberstleutnant würde rauchtechnisch gut in unsere Gruppe passen. Er raucht auch lieber zwei oder drei Zigaretten nacheinander. Wer weiß, wann es die nächste gibt.
    Mein Realisator und der langhaarige Fotograf kommen dazu. Ich schaue mich um. Ansonsten stehen nur Soldaten auf dem Marktplatz .
    Feldwebel Thea ruft die Gruppe Schwarz zum Einchecken in die Transall. Ich gebe den anderen ein Zeichen, dass wir diesmal so tun, als ob wir zu Schwarz gehören. Ich habe gesehen, was der Herr Oberstleutnant alles in den Taschen hat, und keine Lust, am Check-in zu warten, bis er das alles ausgepackt hat.
    Wir werden über das Rollfeld gefahren. Der Check-in-Posten für die Transall besteht aus zwei großen Kisten. Aus der einen bekommt man einen Stahlhelm gereicht, aus der anderen eine bombensichere Splitterschutzweste. Der Kamerad an der Helmausgabe grinst mich an. Na, Krömer! Jetzt geht’s los, was?
    Ja, denke ich, jetzt geht’s los, Krömer. Wenn man der Meinung ist, dass der Auftritt einer hundertköpfigen Blaskapelle, die auf einem Sechzehn-Tonner transportiert wird, laut ist, dann ist eine Transall sehr laut. Selbst wenn sie noch steht. Weil der Helm
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