Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition)
Autoren: Rudolf Jagusch
Vom Netzwerk:
den Daumen von der Klingel und hielt seinen
Dienstausweis vor den Türspalt. »Kriminaloberkommissar Welscher. Ich würde
Ihnen gern einige Fragen stellen.«
    »Ich habe zu tun.«
    »Mit Fotografieren?«
    »Ist das verboten?«
    »Je nach den Umständen kann das schon sein«, gab sich Welscher vage,
da er einen konkreten Grund, der dagegen sprach, eigentlich nicht vorweisen
konnte. Der Mann hatte nur eine fast menschenleere Gasse fotografiert.
Täterwissen würde er mit so einem Foto kaum preisgeben können. Aber vielleicht
verunsicherte er so seinen Gesprächspartner und öffnete sich selbst damit die
Tür. »Ich will Ihnen wirklich nur ein paar Fragen …«
    »Sie ist tot, nicht wahr?«, wurde er unterbrochen. Eine Spur von
Traurigkeit schwang jetzt in der Stimme mit.
    »Leider ja«, gab Welscher ehrlich zurück.
    »Ermordet?«
    »Reden wir doch drinnen weiter«, bot Welscher an. Er verspürte kein
Bedürfnis, durch eine halb geschlossene Tür eine Unterhaltung mit einem
Schatten zu führen. Erst recht nicht, wenn es um ein Verbrechen ging.
»Vielleicht können Sie uns helfen. Das ist doch bestimmt in Ihrem Interesse.«
Kurz überlegte er anzufügen, dass er ihn ansonsten offiziell vorladen und die
Vorstellung notfalls unter Zwang durchsetzen müsste, entschied sich aber
schließlich dagegen. Bei einer solchen Aktion lief man immer Gefahr, nur knappe
Antworten auf die gestellten Fragen zu erhalten. Ein freiwilliger Austausch war
auf jeden Fall vorzuziehen und erfolgversprechender.
    Es dauerte nicht lange, dann schwang die Tür auf. Eine riesige Frau
blickte auf Welscher herab.
    Er stutzte. Der Stimme nach zu urteilen, hätte er niemals eine Frau
erwartet. Aber nicht nur der tiefe Bass der Frau überraschte ihn, sondern auch
ihre Körpergröße. Da er selbst eins neunzig maß, war es seit seiner Pubertät
nicht mehr vorgekommen, dass er zu einer Frau aufblicken musste. Er schätzte
ihr Alter auf Anfang dreißig. Ein buntes, weites Kleid umhüllte sie und
versteckte jegliche weibliche Kontur. Es erinnerte Welscher an einen zu groß
geratenen Poncho. Nur reichte das Kleid bis zu den Füßen. In ihren Augen konnte
er tief empfundene Traurigkeit erkennen. »Kommen Sie mit durch«, forderte sie
ihn auf.
    Er trat in einen schummrig beleuchteten Raum ein. Eine hohe
Balkendecke lag auf Mauern aus Bruchsteinen. Zahlreiche Halogenstrahler hingen
herab. Eine Anrichte stand bei der nach oben führenden Treppe. Ansonsten gab es
hier unten keine Möbelstücke. Dafür aber jede Menge Staffeleien in
unterschiedlicher Größe.
    Frau de Witt betätigte einen Schalter neben der Tür. Augenblicklich
flammten die Strahler auf und leuchteten den Raum grell aus. Welscher blinzelte
und schirmte mit der Hand die Augen ab, bis er sich an das helle Licht gewöhnt
hatte.
    »Schauen Sie sich ruhig um«, forderte sie ihn auf.
    »Ich bin nicht hier, um …«
    »Bitte.« In ihrer Stimme lag etwas Flehentliches, was Welscher
rührte. Vermutlich war sie sehr einsam und freute sich über jedes freundliche
Wort, das sie hörte. Er ergab sich seinem Schicksal und schlenderte langsam von
Bild zu Bild.
    An die zwanzig Malereien hingen an den Wänden, dazu standen noch
einige auf den Staffeleien. Impressionistische Motive, hauptsächlich aus der
Eifel und Umgebung, waren darauf zu sehen: Bauernhöfe, alte Mühlen, Kühe,
hügelige Wiesen und Windräder. Welscher erkannte die markante Nürburg auf der
Hohen Acht, das rote Haus in Monschau und den Aachener Dom.
    »Gefallen sie Ihnen?«, fragte sie.
    Er spitzte die Lippen. »Sehr viel … Eifel«, sagte er vorsichtig.
    Sie lachte. »Okay, an Ihrer Betonung ist unschwer zu erkennen, dass
die Landschaft hier in der Gegend nicht Ihren Geschmack trifft. Weiter, was
noch?«
    Ein wenig erleichtert, sie nicht verärgert zu haben, beschloss er,
etwas hervorzuheben, was ihm gefiel. »Die Farbauswahl.«
    »Ja? Was ist damit?«
    »Eine erstaunlich interessante Komposition. Ungewöhnlich, nichts
scheint so richtig zueinanderzupassen. Aber genau das finde ich ansprechend.
Ist vermutlich so eine Art Markenzeichen von Ihnen, stimmt’s?«
    Sie lächelte milde. »Ich bin farbenblind. Ich kann Rot nicht von
Grün unterscheiden, Gelb geht bei mir schon mal als Braun durch, und aus Blau
wird Lila.«
    »Erstaunlich, was es alles so gibt«, sagte Welscher und sah sich die
Bilder erneut an. »Ich bleibe dabei. Sie gefallen mir.« Jetzt wurde es aber
Zeit, mit der Befragung zu beginnen. »Leben Sie von der Malerei?«
    Sie ging
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher