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Eifel-Ralley

Eifel-Ralley

Titel: Eifel-Ralley
Autoren: Jacques Berndorf
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daß Harro ein Profiwar und gute Geschichten machte. Ich selbst verstehe nicht viel von Autos, und ich kann verdammt gut damit leben. Aber die Autoindustrie ist eine Branche, die außergewöhnlich viel Aufmerksamkeit erfährt. Das Auto ist eine Gefühlssache, das Auto ist immens wichtig, das Auto ist ein Kult, ein Goldenes Kalb. Der Rummel, der um die Formel 1 und andere Sportformen gemacht wird, ist im Grunde nicht zu verstehen. Doch die Rektalöffnung der Automobilindustrie steckt bis zum Anschlag voll mit Journalisten, die von morgens bis abends kostenlose Reklame für diesen Rummel machen, und die sich dabei auch noch großartig vorkommen, obwohl sie alle ihre Seelen an das Scheißblech verkauft haben und anstelle ihrer Augen Frontscheiben tragen. Das hat Harro mir beigebracht. Warum sollte also jemand, der einer dieser Auspuffgötter ist, bei Gefahr nicht hingehen und Harro töten?«
    »Mord?« fragte Salchow fassungslos.
    »Mord«, nickte ich.
    »Aber nichts deutet darauf hin. Keine Wunde, nicht einmal ein gebrochener Knochen. Da war gar nichts.«
    Wir sprachen noch eine Weile über Harro, aber wir kamen nicht weiter. Ich sehe noch heute Salchows ratloses, kluges Gesicht vor mir. Zum Abschluß bat ich ihn, mir Bescheid zu geben, wenn die Staatsanwaltschaft eine Obduktion anordnen würde. Er versprach es und sagte: »Jetzt interessiert mich das auch, jetzt will ich es wissen. Vielleicht haben die ja nichts dagegen, wenn ich bei der Leichenöffnung zuschaue.«
    Langsam ging ich durch die Sonne und paffte dabei vor mich hin. Was immer auch geschehen sein mochte, es hatte Petra brutal getroffen. Sie hatte ein Kind im Bauch, und sie würde sich fragen, was sie diesem Kind sagen sollte, wenn es auf der Welt war und fröhlich zu krähen begann. Sie würde sich in einer Welt ohne Harro zurechtfinden müssen, und diese Welt ohne Harro würde eine ganz neue Welt sein.
    Baumeister, tu dir den Gefallen und laß diese Phantasien sein. Überleg lieber einmal, ob es sich nicht doch um einen normalen Todesfall handeln kann.
    Also, gut, ich überlege das. Nehmen wir an, Harro trifft jemanden im Dorint. Halt, da kommen wir bereits an einen kritischen Punkt. Petra hat erzählt, die Leute im Hotel haben behauptet, Harro sei gar nicht im Hotel gewesen, dort sei er nicht gesehen worden. Nun gut, nehmen wir an, die Leute im Hotel haben ihn einfach nicht bemerkt. Er ist durch die Halle gegangen, als niemand am Empfang war. Nehmen wir also an, er hat jemanden getroffen. Um zwanzig Minuten nach Mitternacht lag er auf dem Parkplatz gegenüber auf dem Bauch und war tot. Sein Auto stand im Hotelbereich, runde zweihundert Meter entfernt. Was hat er auf dem Parkplatz getan, was wollte er dort? Wollte er noch jemanden treffen?
    Überleg weiter und laß deine Phantasien nicht mit dir durchgehen. Noch einmal: er hat jemanden im Hotel getroffen. Das Treffen dauerte bis etwa um Mitternacht. Dann hat Harro das Hotel verlassen. Moment, da ist schon die nächste Klippe. Möglich, daß kein Hotelangestellter gesehen hat, wie er das Hotel betrat, aber er muß es auch wieder verlassen haben. Und wieder hat ihn niemand gesehen. Besteht diese Möglichkeit? Sie besteht in der Tat. Warum geht er nicht zu seinem Auto, setzt sich hinein und fährt nach Hause? Vielleicht weil ganz einfach folgendes geschehen ist: Er hat etwas erfahren, was für seine Geschichte wichtig ist, und ist aufgeregt, er ist sehr aufgeregt. Plötzlich wird ihm übel. Er ist jemand, der nicht gleich um Hilfe schreit, wenn ihm schlecht wird. Er denkt: Ich brauche frische Luft!, überquert die Bundesstraße und geht auf den Parkplatz. Dort ist niemand, niemand stört ihn. Die Übelkeit wird scharf und zwingt Harro in die Knie. Dann liegt er auf dem Bauch und ... stirbt, ist tot. Plötzlicher, unvorhergesehener Herztod. Warum kann das nicht so gewesen sein?
    Es kann so gewesen sein, Baumeister. Aber du glaubst auch nicht, daß es so war. Nein, ich glaube es nicht.
    Dinah und Petra hockten in der Küche.
    »Ich fahre mit Petra nach Adenau, wir kaufen ein paar Dinge für sie. Hast du etwas erfahren?« sagte Dinah.
    »Nicht das Geringste«, antwortete ich. »Fahrt nur, ich bleibe hier. Habt ihr die Verwandtschaft angerufen?«
    Petra nickte. »Sie kommen so schnell wie möglich. Mein Gott, ich weiß nicht ... ich weiß nicht, wie das alles weitergehen soll.«
    »Das mußt du jetzt auch gar nicht wissen«, sagte Dinah sanft und strich ihr über das Haar. »Laß uns jetzt losfahren. Viele Leute
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