Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Einschüsse oder Ausschüsse?« nutzte ich sein Entsetzen.
    Die Frau kam heran und steckte dabei die Waffe weg. »Einschüsse«, sagte sie sicher.
    »Dann muß der Rücken eine einzige Wunde sein«, meinte ich.
    »Das kannste annehmen«, sagte sie. Sie sprach einen einwandfreien Eifeldialekt, ich tippte auf die Gegend von Mayen. Sie sang ein bißchen.
    »Mayen?« fragte ich.
    Sie errötete sanft, nickte, erwiderte aber nichts. Ihr Kumpel grinste. »Raten Sie mal, woher ich komme?«
    Da er so klang, als sei er frisch aus Dortmund eingewandert, sagte ich: »Schätze mal Dortmund.«
    Die Frau lachte unterdrückt, und der Schnäuzer strahlte. »Nicht ganz: Herdecke.«
    »Können wir jetzt vor das Haus gehen?« fragte die Frau freundlich. »Mir ist es nicht recht, wenn wir hier rumstehen, obwohl wir hier nicht rumstehen sollen.«
    »Na klar«, nickte ich. »Wer kommt denn noch?«
    »Wissen wir nicht«, sagte der Schnäuzer und ging vor mir her. »Wir haben wirklich keine Ahnung.«
    Die Frau hinter mir murmelte: »Wer macht denn so eine Sauerei und sägt den Mann mit einer Maschinenpistole durch?«
    »War es denn eine Maschinenpistole?«
    Wir blieben vor dem Haus stehen und sahen die drei Besatzungen der anderen Streifenwagen gänzlich unbeteiligt herumlungern. Es war wie bei Dreharbeiten zu Derrick, sogar die Polizisten sahen aus wie aus Pappe.
    »Also ich wette, es war eine Uzi oder so was Ähnliches«, sagte die Beamtin. »In Münster haben sie mal mit so einem Ding auf Schweinefleisch geschossen, um uns die verschiedenen Handschriften der Waffen zu demonstrieren.« Sie nickte überlegend. »Ja, ich würde sagen eine israelische Uzi, nicht die aus der ehemaligen Tschechoslowakei. Aber es ist ja auch egal, er ist jedenfalls gründlich tot. Was war er für ein Mann?«
    »Kurz bevor Sie kamen, stellte ich gerade fest, daß ich eigentlich wenig von ihm weiß. Ich habe ihn vor zwei Jahren kennengelernt. Genauer gesagt in der Kneipe Periferia am Buttermarkt in Adenau. Ich schätze mal, das muß im März gewesen sein.«
    Die Rothaarige schüttelte heftig den Kopf. »Es war vor zwei Jahren, aber es war nicht März, es war Anfang Mai. Wenn Sie es genau wissen wollen, es war der 6. Mai.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Der Schnäuzer grinste. »Wir haben Unterlagen über den General. Da steht das drin.«
    »Und wer sagt Ihnen so was?«
    »Die Leute vom Personenschutz«, erklärte die Frau. »Die kommen bei uns vorbei und sagen uns, was wir wissen sollten.«
    »Aber hier war kein Personenschützer«, sagte ich heftig. »Hier war niemand.«
    Die Frau nickte nachdenklich. »Er war ein Verrückter, dieser General. Wenn er Urlaub hatte und hier im Wald lebte, schickte er die Schützer nach Hause, obwohl das gegen die Regel verstößt. Er brüllte dann immer, er brauche keinen Schutz und könne sich allein windeln.« Sie grinste wie ein Junge. »Also sind wir alle zwei, drei Tage hier vorbeigefahren und haben kurz guten Tag gesagt.«
    »Was war der eigentlich für eine Sorte General?« fragte ich weiter.
    »Soweit ich weiß, Logistik-Spezialist«, sagte der Schnäuzer und zündete sich eine Zigarette an. »Einer von den Typen, die in sechs Tagen fünfhunderttausend amerikanische Soldaten an jeden Punkt der Erde bringen können, einer von denen, die fünfhundert Großraumflugzeuge in fünf Minuten startklar kriegen.«
    »Er saß bei der NATO in Brüssel«, setzte die Frau hinzu.
    »Dann hat er dort auch seinen Erstwohnsitz?«
    »Nein«, sagte sie. »Den hat er in Meckenheim-Merl, direkt neben Bonn.«
    »Hat er so was wie Familie?«
    »Hatte«, erzählte der Schnäuzer. »Eine alte Ehefrau und zwei erwachsene Kinder. Aber die sind in Amerika, jedenfalls waren die noch nie hier. Jetzt werden sie kommen, jetzt erben sie.«
    »Wieso erben? War er reich?«
    »Das wissen wir nicht genau«, sagte die Frau vorsichtig. »Aber es heißt, er stammt aus einer sehr reichen Familie und hat außer seinem bestimmt nicht geringen Gehalt auch noch jede Menge Grundstücke, Häuser und Fabriken.«
    Ich wollte das Thema General zumindest vorübergehend verlassen, um meine Fragerei nicht zu aufdringlich wirken zu lassen. Ich murmelte: »Ich bin gern höflich. Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Mein Name ist Gerlach«, sagte der Schnäuzer. »Meine Kollegin ist die Frau Schmitz, Heike mit Vornamen. Nun habe ich mal eine Frage.«
    Jeder Journalist kennt das: Jemand, der sich ausgefragt fühlt, dreht den Spieß plötzlich herum und beginnt selbst zu fragen, eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher