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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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Martin. »Sie wissen genau, dass Sie Irmi das Herz gebrochen haben. Mit jeder anderen können Sie das von mir aus machen, aber doch nicht mit Irmi. Es musste Ihnen klar gewesen sein, was passieren würde, wenn Sie sie wieder fallen lassen! Sie waren ein Gott für Sie, und jetzt haben Sie sie tiefer in die Hölle gestoßen, als sie jemals war.«
    »Wir können gerne ein andermal … Sehen Sie doch, es ist schon nach sechs, und ich muss wirklich weg.«
    »Sie sind ein gottverdammtes Arschloch«, sagte Martin. »Und feige dazu.«
    Pfarrer Hoffmann zog eine seiner perfekt geschwungenen Augenbrauen in die Höhe. »Ich begrüße ja grundsätzlich jede Form von Diskussion, aber wenn es in unflätige Beschimpfungen ausartet, ziehe ich es vor, unser Gespräch auf später zu vertagen. Wie gesagt, ich habe eine Verabredung.«
    »Später – heißt das, bevor Irmi sich von der Autobahnbrücke gestürzt hat oder danach?«, fragte Martin. »SagtIhnen das Wort Verantwortungsbewusstsein etwas, Herr Pfarrer? «
    »Wenn Sie sich wieder unter Kontrolle haben, können Sie mich gerne zu einem Gespräch aufsuchen«, sagte Pfarrer Hoffmann gefasst. »Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie als Homosexueller nachvollziehen können, welche Gefühle und Konflikte zwischen Männern und Frauen unter gewissen Umständen entstehen können.«
    »Sie selbstgerechter Affe!« Martin packte ihn am Kragen seines eleganten grauen Trenchcoats und drückte ihn mit dem Rücken gegen die Fahrertür. In seinen Augen funkelte blanke Mordlust.
    Endlich verlor Hoffmanns Blick seine Überlegenheit, und so etwas wie Angst flackerte in seinen leuchtend blauen Augen auf. Martin hätte zu gern mit seiner Faust auf das glatte, gebräunte Gesicht eingeschlagen, bis nichts mehr von der geraden Nase, den fein geschwungenen Lippen und den schönen Backenknochen übrig geblieben wäre. Aber er wusste, dass Irmi damit nicht geholfen gewesen wäre. Mit einem resignierten Seufzer ließ er den Pfarrer wieder los.
    »Nur weil Sie meine Frau gevögelt haben, heißt das noch lange nicht, dass Sie Fachmann für Beziehungen sind, Sie armseliges Würstchen«, sagte er ruhiger. »Carola hat es richtig gemacht – sie hat Sie genauso benutzt und manipuliert, wie Sie es mit Irmi gemacht haben. Trotzdem wünschte ich mir, Sie und Ihr metallicfarbener Freund hier würden auf dem Nachhauseweg von einem Tieflader überrollt. Aber so gerecht geht es im Leben natürlich nicht zu. Das tut es nie. Und jetzt entschuldigenSie mich. Ich versuche, die Scherben aufzulesen, die Sie hinterlassen haben.«
    Ohne sich noch einmal nach dem Pfarrer umzusehen, ging er ins Haus zurück.

    Irmi hockte auf dem Fußboden im Flur. Tränen rannen ihr aus den Augen, das Gesicht und den Hals hinab, nässten den Kragen ihrer altmodischen Bluse.
    »Komm, hier kannst du nicht bleiben«, sagte Martin. Es gelang ihm, sie hochzuziehen, aber sie sackte wieder in sich zusammen wie eine tote Schweinehälfte, als er sie losließ.
    »Komm schon, Irmi, reiß dich am Riemen«, versuchte Martin es noch einmal. »Es sind doch nur ein paar Schritte bis in die Küche. Da ist es warm und gemütlich.«
    »Ich sterbe«, flüsterte Irmi.
    »Du stirbst nicht«, sagte Martin mit Nachdruck. Er hievte sie noch einmal aufwärts. Dieses Mal schaffte sie es, an seiner Seite in die Küche zu wanken. Martin setzte sie auf dem Stuhl ab, der am nächsten an der Heizung stand.
    »Es ist aus«, flüsterte Irmi. »Es ist vorbei. Er kann mich nicht mehr treffen, hat er gesagt.«
    »Ja, und das ist auch gut so«, sagte Martin.
    »Er hat mich angelogen. Er liebt mich nicht. Er hat mich nie geliebt. Er hat gelogen, als er gesagt hat, dass er mir nicht wehtut.« Irmi begann, den Oberkörper vor und zurück zu wiegen wie eine Geisteskranke. »Es tut so weh. Es tut so schrecklich weh.«
    »Ich weiß«, sagte Martin. Er setzte sich auf den Stuhlneben ihr und griff nach ihrer kalten, schlaffen Hand. So saßen sie eine lange Zeit, Irmi wippend und weinend, Martin stumm und streichelnd.
    Lichtjahre später betrat Irmis Tochter Diana in knallroten Pumps und einem Kleid aus mehreren Lagen durchsichtigem Stoff die Küche.
    »Mama, wo ist die rote Grütze?«
    Martin war unendlich erleichtert, sie zu sehen. Er hatte während der Zeit, die er neben Irmi gesessen und mit dem Schicksal haderte, angefangen zu glauben, dass sie ganz allein im Haus waren. Ganz allein im Umkreis von vielen Kilometern. Die letzten Menschen auf diesem Planeten, von Gott
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