Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eden

Eden

Titel: Eden
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Taschenlampe des Doktors war erloschen, sie war irgendwo verschüttet. Nur der Scheinwerfer auf der Brust des Ingenieurs leuchtete.
    »Was ist das?« fragte der Kybernetiker mit einer Stimme, die nicht die seine zu sein schien. Er stand hinter den anderen, als letzter, am Rand der kleinen Plattform. »Eine Probe vom Planeten Eden.«
    Der Koordinator half dem Chemiker, sich von der Lukentür zu befreien. »Ja«, bestätigte der Ingenieur, »der Eingang ist verschüttet, wir müssen uns ganz tüchtig in den Boden gebohrt haben!« »Das ist die erste Landung unter der Oberfläche eines unbekannten Planeten, nicht wahr?« meinte der Doktor. Alle lachten. Der Kybernetiker schüttelte sich, dass ihm die Tränen kamen. »Genug!« rief er. »Wir wollen doch nicht bis zum frühen Morgen so herumstehen. Holt das Werkzeug, wir müssen uns freigraben.« Der Chemiker bückte sich und nahm einen schweren Klumpen von dem Erdhügel vor seinen Füßen in die Hand. Aus der ovalen Öffnung sickerte noch immer Erde nach. Von Zeit zu Zeit rutschten einige fett leuchtende, schwarze Brocken von dem Hügel bis in den Gang. Die Männer zogen sich dorthin zurück, denn auf der Plattform war nicht genug Platz, sich hinzusetzen. Der Koordinator und der Ingenieur sprangen zuletzt hinunter.
    »Wie tief mögen wir uns wohl in den Boden gebohrt haben?« fragte der Koordinator leise den Ingenieur, als sie beide den Gang entlangschritten. Weit vor ihnen huschte der Lichtkegel auf und ab. Der Ingenieur reichte dem Chemiker den Scheinwerfer. »Wie tief? Das hängt von vielen Faktoren ab. Tagerssen hatte sich achtzig Meter in den Boden gebohrt.« »Ja, aber was war von der Rakete und von ihm übriggeblieben!« »Und die Mondsonde? Einen Stollen mussten sie in den Felsen schlagen, um sie freizugraben. In den Felsen!« »Auf dem Mond ist Pumex …« »Woher sollen wir wissen, was hier ist?« »Du hast es doch gesehen. Sieht nach Mergel aus.« »Ja, dicht am Eingang, aber weiter!« Mit dem Werkzeug stand es schlecht. Wie alle Weltraumschiffe besaß auch dieses eine doppelte Ausstattung von Automaten und ferngesteuerten Halbautomaten für einen Allroundeinsatz, auch für Erdarbeiten, wie ihn die unterschiedlichen planetaren Bedingungen erforderlich machen können. Diese Aggregate waren jedoch alle ausgefallen, und ohne Stromzufuhr war an ihre Inbetriebnahme überhaupt nicht zu denken. Die einzige Apparatur, über die sie verfügten, ein Bagger, der von einer Atommikrosäule angetrieben wurde, brauchte ebenfalls Strom für den Initialantrieb. So mussten sie auf primitives Werkzeug zurückgreifen: auf Spaten und Spitzhacken. Ihre Anfertigung bereitete ihnen ebenfalls Schwierigkeiten. Nach fünf Stunden mühevoller Arbeit kehrte die Besatzung durch den Gang zur Schleuse zurück. Sie hatten drei flache, am Ende gebogene Hacken, zwei stählerne Stangen und große Blechtafeln bei sich, die zum Abstützen der Wände des Grabens dienen sollten. Außerdem Kübel und mehrere große Plastikschachteln zum Wegräumen der Erde, an denen sie zum Tragen kurze Aluminiumrohre befestigten. Achtzehn Stunden waren seit der Katastrophe vergangen. Alle fielen fast um vor Erschöpfung. Der Doktor entschied, dass sie wenigstens ein paar Stunden schlafen sollten. Zuerst mussten sie sich aber provisorische Schlaflager bereiten, denn die Kojen in den Schlafräumen, die an den Fußböden befestigt waren, standen senkrecht. Sie loszuschrauben hätte sie zuviel Arbeit gekostet. Also trugen sie Luftmatratzen in die Bibliothek; sie hatten am wenigsten gelitten, fast die Hälfte der Bücher hatten sie schon vorher in den Flur getragen. Sehr bald stellte sich heraus, dass außer dem Chemiker und dem Ingenieur keiner einschlafen konnte. Der Doktor stand auf und ging mit der Taschenlampe ein Schlafmittel suchen. Dazu brauchte er fast eine Stunde, denn er musste sich den Weg zum Verbandraum erst bahnen. Der Gang war mit Bergen von zertrümmerten Geräten und Laborgefäßen verstopft. Alles war aus den Wandschränken gefallen und verbarrikadierte den Zugang zur Tür. Schließlich - seine Armbanduhr zeigte bereits vier Uhr Bordzeit -verteilte er die Schlaftabletten, das Licht wurde gelöscht, und bald darauf erfüllten unruhige Atemzüge den dunklen Raum. Sie erwachten unerwartet schnell, mit Ausnahme des Kybernetikers, der eine zu große Dosis Tabletten genommen hatte und wie betrunken war. Der Ingenieur klagte über heftige Schmerzen im Rücken. Der Doktor entdeckte dort eine Schwellung;
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher