Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)
Autoren: Susanne Kronenberg
Vom Netzwerk:
Zufall konnte sie herausfinden,
wer mich bekommen hatte. Damals gaben die Behörden keine Auskünfte. Eine Unaufmerksamkeit
im Jugendamt, eine kleine Schlamperei, und Henriette fand zu mir.«
    Mühsam formulierte
Norma einen Satz und fragte nach dem leiblichen Vater.
    Halvard
blieb gesprächig, als genieße er es, sich das Familiengeheimnis von der Seele zu
reden. »Ein Maurergeselle auf der Walz, von dem sie nur den Vornamen wusste. Hinrich.
Ein heftiger Flirt, eine leidenschaftliche Nacht, der Bursche über alle Berge, und
sie schwanger. Ewald, die gute Partie, hätte sie vom Hof geprügelt. Also haben die
Eltern sie für ein halbes Jahr zu verschwiegenen Verwandten an die Mosel geschickt.
Zur Entbindung kehrte sie zurück, brachte in Wiesbaden heimlich ein Kind zur Welt
und überließ es dem Jugendamt.«
    »Wie starb
… Ewald?«
    Halvard
stieß einen Fluch aus. »Dieser Idiot! Mit der verdammten Pistole hat er herumgefuchtelt
und wollte in seinem Jähzorn auf mich schießen. Nur weil bei einer Kontrolle unsere
Spätlese aufgefallen war. Vorher hatte er nicht nachgefragt, mich machen lassen
und nach guten Geschäften gegeifert. Mit einem Mal gab er den Heiligen und tat,
als hätte er nie von Glykol gehört. Es kam zum Kampf, ein Schuss löste sich und
Ewald fiel tot um. Ein Unfall. Ich habe ihn in das unbrauchbare Riesenfass gesteckt,
Ewalds Kappe aufgesetzt und den Wagen zur Hallgarter Zange gefahren. Die halbe Nacht
habe ich für den Rückweg gebraucht, obwohl ich fast nur gerannt bin. Im Morgengrauen
habe ich den Abschiedsbrief getippt. Später bin wieder in den Keller und wollte
die Leiche in ein abgeschiedeneres Versteck bringen. Dabei verließ mich der Mut.
Ich habe die Batschkapp ins Fass geworfen und mich bemüht, die Sache zu vergessen.
Was mir über Jahrzehnte ganz gut gelungen ist. Bis neulich Angelas Köter in das
Fass … Wenn ich nur wüsste, welcher Depp die Manntür aufgemacht hat. Was sagst du?«
    Er beugte
sich zu ihr herunter.
    »Vier!«,
hauchte sie. »Vier Schüsse! Kein Versehen. Mord!«
    »Wenn du
es so genau wissen willst, Frau Schlaumeier. Ja! Ich habe die Pistole aus seinem
Nachtschrank geholt, ihm aufgelauert und in die Brust geschossen. Vier Mal. Ich
musste sichergehen, dass es mit ihm zu Ende geht.«
    »Wo ist
… die Pistole?«
    »Die Pistole
liegt seit einem Vierteljahrhundert im Rhein. Wie fühlst du dich? Hast du Angst?«
    Sie kicherte.
»Ich fühle mich … gut. Es ist alles … so … leicht.«
    »Das Zeug
ist nicht ohne Grund eine Partydroge. Macht euphorisch. Auf die Dosierung kommt’s
an. Was im Wein und Kirschsaft war, reicht allerdings, um einen Ochsen umzuhauen.
Los jetzt, sonst schaffst du es nicht mehr auf eigenen Beinen zum Felsen.«
    Grob packte
er ihren Oberarm.

43
     
    Auf diesen Angriff war Norma vorbereitet.
Kaum wollte Halvard sie vom Stuhl ziehen, kauerte sie sich zusammen und zog mit
der rechten Hand das Hosenbein hoch. Bennis Messer steckte griffbereit hinter dem
Stück Pappe, das sie sich um die Wade getaped hatte. Sie riss das Messer heraus,
entriegelte im Aufspringen die Klinge und fuhr Halvard damit an die Kehle. Überrumpelt
wich er zurück. Sie spurtete geduckt an ihm vorbei und auf das Häuschen zu, um auf
sicheren Boden zu kommen. Mit dem Messer hielt sie den Mann in Schach, der mit dem
Rücken zur Balkonkante stand und eine Zehntelsekunde zu lange für die Erkenntnis
gebraucht hatte, dass seine Besucherin nicht außer Gefecht gesetzt war.
    »Dirk!«,
brüllte sie aus vollem Hals. »Zugriff!«
    Im Handumdrehen
tauchten zwischen den verwilderten Weinreben uniformierte Polizisten auf. Zwei Männer
sprangen hinter dem Häuschen hervor und legten dem verdutzten Halvard Handschellen
an. Sie fassten ihn unter den Achseln und schleppten ihn zum Pfad. Norma schob die
Klinge ins Heft zurück und verstaute die Waffe in der Hosentasche. Als sie sich
aufrichtete, eilte Wolfert um das Häuschen herum. Die Anspannung stand ihm ins Gesicht
geschrieben.
    Timon folgte
ihm auf dem Fuße und bekannte, er habe Blut und Wasser geschwitzt. »Was für ein
gewagtes Spiel, Norma! Bis du in Ordnung?«
    »Ja, alles
gut«, beruhigte sie ihn. »Den K.-o.-Tropfen konnte ich entgehen.«
    »Dein Auftritt
war sehr überzeugend«, sagte Timon. »Ich war mir nicht sicher, ob er dich nicht
tatsächlich betäubt hat.«
    »Als Halvard
um die Hütte kam, hätte er mich beinahe entdeckt«, beschwerte sich Wolfert. »Das
war knapp!«
    »Tut mir
leid«, meinte Norma. »Ich musste ihn für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher