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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter
Autoren: C Funke
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»Ehm. Hallo. Ich meine … bitte, Lord Cheney …«
    »Er wird nur kommen, wenn du ihm ein paar Münzen auf die Stirn legst«, sagte eine Stimme hinter uns.
    Angus und Stu wurden so weiß wie Cheneys Alabastergesicht, aber ich hatte die Stimme erkannt, und mir wurde schwindelig vor Glück.
    Longspee stand neben seinem Sarkophag und schimmerte, als hätten alle Kerzen in der Kathedrale ihm ihr Licht geliehen. Ich hatte ihn nie zuvor so deutlich gesehen. Und er sah glücklich aus, einfach nur glücklich.
    »Du möchtest, dass sie mich sehen, Jon, oder?«, fragte er, während Angus und Stu Augen und Münder so weit aufsperrten wie die Wasserspeier an der Fassade der Kathedrale.
    »Ja, das ist schon in Ordnung!«, murmelte ich. Ich war so sicher gewesen, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Mein Herz ertrank in Glückseligkeit. »Warum bist du noch hier?«
    »Weil du vielleicht nicht der Letzte sein wirst, der meine Hilfe braucht«, antwortete er.
    »Aber was ist mit Ella?«
    »Jetzt, wo du ihr mein Herz gebracht hast, kann sie mich immer rufen.« Longspee wandte sich zu Angus und Stu um. Er lächelte, als sie unwillkürlich einen Schritt zurück machten.
    »Wenn ihr euch schon vor mir fürchtet, solltet ihr Cheney wohl besser nicht rufen«, sagte er. »Er kann ziemlich rau sein.«
    Stu öffnete den Mund, aber es kam ihm kein Laut über die Lippen. Angus dagegen hielt sich dafür, dass er zum ersten Mal mit einem Geist sprach, erstaunlich gut.
    »Na ja, ich hab eh keine Münzen dabei«, murmelte er.
    »Nun, es gibt noch einen anderen Weg, diesen Ritter zu rufen«, sagte Longspee. »Bist du sicher?«
    Stu schüttelte energisch den Kopf, aber Angus nickte mit solcher Inbrunst, dass Longspee auf Cheneys Grabmal zutrat.
    Wir alle wichen zurück, als er sein Schwert zog. Er stieß es Cheney tief in die Alabasterbrust, und aus dem Grabmal drang ein Fluch, der uns in der Schule mindestens ein Dutzend Strafstunden in der Bücherei eingebracht hätte.
    »Verdammt seist du, Longspee! Verschlagener Hund von einem Ritter!«, hallte es durch die dunkle Kathedrale, und für einen Augenblick schien es, als setzte Cheneys Alabasterabbild sich auf. Aber es war nur sein Geist, der sich aus dem Stein löste. Er schwang die Beine von dem Marmorsockel und trat steifbeinig an Longspees Seite. Er überragte ihn um einen ganzen Kopf.
    »Was ist, Königsbastard?«, knurrte er und warf das lange Haar zurück, das ebenso silbrig weiß wie der Rest von ihm war. »Ist dir nach einem Waffengang in den Kreuzgängen oder wofür sonst hast du mich geweckt?«
    »Nicht heute Nacht«, antwortete William. »Ich will dir die Freunde meines Knappen vorstellen.«
    Stu trat dicht an Angus’ Seite, als Cheney sich zu uns umdrehte.
    »Dein Knappe?«, fragte er und kratzte sich den stämmigen Hals. Selbst Geistern juckt manchmal die Haut. »Welcher ist es?«
    Ich hob die Hand. »Ich. Jon Whitcroft.« Hartgill mütterlicherseits, hätte ich fast hinzugesetzt, während ich an Longspees Seite trat. Aber der Geist, dem das etwas bedeutet hätte, war fort und vergessen.
    Cheney musterte mich von Kopf bis Fuß und stieß William die Faust vor die Brust. »Soll das heißen, dass du nun einen Knappen hast und ich nicht?«
    »Ich könnte Euer Knappe sein!«, rief Angus und trat so hastig auf ihn zu, dass er über die eigenen Füße stolperte.
    Cheney schniefte in seine bleiche Hand und warf Angus einen abschätzenden Blick zu. »Du? Du siehst mir verdächtig nach einem Schotten aus!«, stellte er abfällig fest. »Und jeder weiß, dass die viel zu aufmüpfig für einen guten Knappen sind. Andererseits –«, setzteer mit einem Blick auf Stu hinzu, »– bist du wohl immer noch besser als dein Freund. Der ist ja so dünn, dass man ihn allenfalls als Lanzenschaft benutzen könnte.«
    »Sehr lustig!«, gab Stu mit beleidigter Stimme zurück. Der Ärger ließ ihn offenbar alle Angst vergessen. »Nach dem, was ich von Jon gehört habe, kann deinesgleichen nicht mal eine Feder heben, von Lanzen ganz zu schweigen!«
    »Ich glaube, ich muss dir etwas Respekt einflößen, du mageres Frettchen!«, knurrte Cheney und machte drohend einen Schritt auf Stu zu, aber Longspee trat ihm in den Weg.
    »Geh wieder schlafen, John!«, sagte er. »Deine Laune ist wirklich abscheulich, wenn man dich vor Mitternacht ruft.«
    Zur Antwort gähnte Cheney so ausführlich, dass man die ganze Kathedrale in seinem Rachen sah.
    »Seid ihr die einzigen Geister hier?«, fragte Angus, dem der Riese
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