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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman
Autoren: Franz Kabelka
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Neureichen, sage ich. So ein Kreisverkehr ist aber gut für die Bauwirtschaft, sagt Power, und ohne den Bauboom wäre Irland nie zum keltischen Tiger geworden. Ich merke nix von einem Tiger, sagt Mulligan, nur von scharfen Hunden. Schäferhunde und Security vor jedem Pub, so weit ist es gekommen! Musst dich erst ausweisen, bevor du dein Pint kriegst. Und das nennst du Fortschritt?
    Da kommt
er
hereingeschossen, was wird es gewesen sein – sieben, halb acht? Dreingeschaut hat er wie der verrückte Johnston, bevor sie ihn in die Klapsmühle gesteckt haben, und dreckig von oben bis unten. Anthony, rufe ich, hast dich mit einem Kobold angelegt? O ja, hier gibt’s jede Menge Kobolde, feixt Mulligan, auch wenn wir nicht an sie glauben – sie sind da! Da packt ihn Anthony an der Jacke und zerrt ihn vom Hocker. Wir müssten auf der Stelle mitkommen mit ihm, etwas Furchtbares sei passiert, droben in den Twelve Pins. Da war mir gleich klar, dass es um sie geht, um die lustige Kurzhaarige, die er am Vortag dabeihatte. Wir haben nix Vernünftiges aus ihm herausgekriegt. Erst sagt er, sie ist abgestürzt, dann wieder, sie ist ertrunken. Wir haben schnell ein paar Grubenlampen, Schaufeln und eine Trage organisiert, dann bin ich zu Anthony in den Mietwagen gestiegen, die anderen in Mulligans Pick-up hinterdrein. Wir hatten noch gemeint, er solle doch sein Auto stehen lassen, der Mann war ja völlig fertig mit den Nerven, aber er wollte unbedingt selbst fahren. Während der Fahrt hat er ständig vor sich hingebrabbelt, auf Deutsch, nehme ich an, ich hab nur ein Wort verstanden: Lisa. Wir sind immer weiter in die Berge hinein, weiß der Teufel, was diese Touristen dort immer zu suchen haben. Bei Keegans Cottage am Fuß des Binn Dubh haben wir die Autos abgestellt, da war es bestimmt schon halb neun vorbei.
    Dann sind wir aufgestiegen. Anthony zwanzig Fuß voraus, wir haben kaum Schritt halten können, und es ist immer steiler geworden. Bist du sicher, dass wir da richtig sind, frage ich ihn, der Wanderweg geht doch viel weiter dort drüben, siehst du den dunklen Streifen im Heidekraut? Aber er war sich ganz sicher. Sie hätten eine Abkürzung genommen. Weil sie sich viel zu spät auf den Rückweg gemacht hatten und den vielen Moorgräben auf der Hochebene ausweichen wollten. Ja, die Gräben … Klar, dass sich Fremde da verschätzen können.
    Es war schon stockfinster, als wir sie endlich fanden, mit den Grubenlampen.
    Sie steckte so fest, dass wir sie zu dritt kaum herausbekamen. Als Power ihr das Seil um den Bauch legte, wäre er selbst fast versunken in der Brühe. Sind schon viele verschwunden in solchen Löchern, Gute und weniger Gute. Es heißt, dass etliche englische Sheriffs, die unseren Leuten früher beim Schnapsbrennen oder Wildern zu knapp auf den Fersen waren, hier das Moos von unten anschauen. Wie auch immer. Für die Frau kam jedenfalls jede Hilfe zu spät. Anthony hat lange ihre Hand gehalten, gesagt hat er nichts dabei. Mulligan hat ein kurzes Gebet gesprochen, dann haben wir die Tote auf die Trage gebunden und den Berg hinuntergeschleppt. Anthony wollte sich nicht ablösen lassen beim Tragen, obwohl er völlig fertig war. Einmal ist er ausgerutscht und hat Power mit zu Boden gerissen. Zum Glück hatten wir die Leiche ordentlich festgezurrt. Aber er hat geheult wie ein Wolf. Als wäre sie noch einmal in den Graben gestürzt. War schon ein rechtes Elend, dieser Abstieg mitten in der Nacht. Am Ende waren wir alle vom Ginster zerstochen und haben ausgesehen wie eine Horde Kesselflicker.
    Ob sie ertrunken ist oder sich das Genick gebrochen hat, kann ich nicht beurteilen. Aber dafür habt ihr ja eure Fachleute. Jedenfalls hatte sie eine schlimme Wunde an der Schläfe. War erst am Morgen richtig zu sehen, als sie gewaschen und aufgebahrt dagelegen ist. Ich hab mit Anthony die Totenwache gehalten. Irgendwann fängt er an zu erzählen: dass er Kriminalpolizist ist, ein
Detective
, und dass die vierzehn Tage Wanderurlaub sein Verlobungsgeschenk waren. Für sie, die Bergkatze, die auf den höchsten Bergen in den Alpen zuhause war. Ausgerechnet auf einem irischen Hügel muss sie abstürzen, keine sechshundert Meter über dem Meeresspiegel!
    Ja, sage ich, das ist wirklich tragisch. Nein, sagt er und spuckt aus: Es ist ein Witz. Ein furchtbar schlechter Witz.

6 G OLEMA
    Ich freue mich auf die Stunde!
    Ich freue mich wirklich, und heute werde ich ganz bei mir bleiben, das verspreche ich mir. Ich werde rechtzeitig da sein, ich
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